Zwischen Königin und Christianshavn: Kopenhagen

Ahoi Ihr Lieben, hier kommt nun endlich unser Kopenhagen-Bericht. Ich gebe zu, es hat ein Weilchen gedauert, aber irgendwie bin ich gerade im „Hygge-Modus“. Die Bloggerei macht mir zwar großen Spaß, kostet aber auch viel Zeit. Und in erster Linie wollen wir ja segeln und das Leben genießen. Das versteht Ihr bestimmt, oder? Aber jetzt, los geht’s!

Bei leichtem Wind und einem angenehmen Sonne-Wolken-Mix haben wir uns vormittags von Helsingør verabschiedet und Kurs auf Kopenhagen genommen. Ein kurzer Törn von nur knapp 20 sm lag vor uns, und bei westlichem Wind konnten wir unter Vollzeug auf Halbwindkurs herrlich segeln. Endlich mal wieder! Es ging zwar eher gemächlich voran und das elbkind machte nur zwischen drei und fünf Knoten Fahrt, aber immerhin. Man muss ja schon dankbar sein, dass der Wind mal gnädig gestimmt ist und der Volvo ausnahmsweise geschont werden kann. Wenn unser Tempo unter drei Knoten sinkt, wird mein Skipper allerdings schnell zappelig und überlegt, den Motor mitlaufen zu lassen. Dann ist die einfühlsame Bordfrau gefragt, die ihn besänftigt und ihn daran erinnert, dass doch der Weg das Ziel ist und wir alle Zeit der Welt haben. Und das ist ja gerade das Schöne, für irgendwas muss das Älterwerden schließlich auch gut sein, oder? Nach gut viereinhalb Stunden erreichten wir gegen 16 Uhr den Tuborg Havn in Hellerup. Mithilfe von AIS und Marine Traffic waren Jakob und Cathrine dem elbkind im Internet gefolgt und hatten sich schon ziemlich genau ausgerechnet, wann wir ankommen würden. Als wir einliefen, stand Jakob schon lachend auf dem Steg, und nur ein paar Minuten später trudelte auch Cathrine ein.

Route Helsingør-Tuborg Havn

Die Wiedersehensfreude war natürlich groß. Schnell haben wir zusammen das Schiff aufgeklart und anschließend im Cockpit zusammengesessen und geklönt. Weil das Wetter ganz gut mitspielte, wurde ein kleiner Grillabend geplant. Die Herren der Schöpfung verschwanden zum Einkaufen und ich unter der Dusche. Am frühen Abend kam noch Anne-Marlene dazu, und wir haben einen netten Familienabend zu fünft verbracht.

Grillabend Familie
Die lieben Kleinen…

Ein paar Tage Urlaub vom Skipper bzw. von der Bordfrau können manchmal ganz erholsam sein, 🙃 aber das war nicht der einzige Grund, warum ich mich zwei Tage später in den Zug nach Hamburg gesetzt habe: Meine ahnungslose Mama sollte nämlich zum Geburtstag überrascht werden. Die Überraschung ist geglückt, und bei traumhaftem Wetter konnten wir sogar draußen feiern. Das Geburtstagskind ist offensichtlich artig gewesen…☀️

img_5927.jpg
Geburtstag mit der Family

Währenddessen hatte mein Däne in Kopenhagen beim Hafencamping mit Regen, Wind und Gewittern zu kämpfen. Das Wetter war unterirdisch! Ich brauchte also gar kein schlechtes Gewissen zu haben, weil ich Heimaturlaub beantragt hatte – wir hätten sowieso nicht segeln können. Thue hat viel Zeit mit den Kids verbracht, die Ruhe an Bord genossen, viel gelesen, Radtouren durch Kopenhagen gemacht, den Wachwechsel am Schloss Amalienborg beobachtet (gelegentlich treibt ihn die Sehnsucht an seinen früheren Arbeitsplatz💂🏻) und im Tuborg Havn ein Seglerehepaar kennengelernt, das zuhause in Norderstedt nur einige hundert Meter Luftlinie von uns entfernt wohnt. Mein Reden, die Welt ist ein Dorf und man sollte sich unbedingt überall anständig benehmen.🙃

Tuborg Havn
Dunkle Wolken über dem Tuborg Havn

Als ich einige Tage später aus Hamburg zurückkam und in Hellerup aus dem Bus stieg, wurde ich schon von Martine, Jan und Thue am Restaurant „Rotunden“ erwartet. Martine und Jan sind alte Freunde aus Thues „früherem Leben“ in Dänemark, die drei hatten sich schon seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen und erzählten lachend, dass es offenbar nicht so einfach gewesen war, sich gegenseitig überhaupt wiederzuerkennen, denn im Laufe der Jahre war so manches Haupthaar ergraut, Thue trägt inzwischen einen Bart und ein paar kleine Lachfalten waren bei allen Beteiligten natürlich auch dazugekommen. Man schlich also ein paarmal aneinander vorbei und beäugte sich, bis zuletzt ein Telefonat die Situation klären konnte. Zum Piepen! Wir haben einen sehr schönen Abend zu viert verbracht, gut gegessen und geplauscht und uns versprochen, dass bis zu unserer nächsten Verabredung auf keinen Fall wieder 25 Jahre vergehen werden.

Am nächsten Morgen gab’s Frühstück bei Emmerys im Strandvejen, das ist eine 100%ig ökologische Bäckerei. Brot, Brötchen, Kuchen und Gebäck sind hand- und hausgemacht und lecker, und der Kaffee sowieso. Während wir die Straße entlangschlenderten, fiel uns auf, dass alles mit rot-weißen Fähnchen geschmückt war, aber es hat ein Weilchen gedauert, bis der Groschen fiel: stimmt ja, Königin Margrethe und Prinz Hendrik feiern ihre Goldene Hochzeit, und ganz Dänemark freut sich mit! Deshalb also die hübsch dekorierte Straße, sogar an den Linienbussen flatterten rot-weiße Fähnchen im Fahrtwind. Ist das nicht nett?

Rot-weiße Fähnchen am Strandvejen

Im Tuborg Havn stehen den Gastliegern kostenlose Fahrräder zur Verfügung, deshalb konnten wir unsere Bordfahrräder nachmittags in der Backskiste lassen, haben uns zwei Drahtesel ausgeliehen und eine Radtour in die Innenstadt gemacht.

Erstes Ziel: der Christianshavn. Der gemütliche Hafen hat eine ganz besondere Atmosphäre, und bei jedem Kopenhagen-Besuch zieht es uns dorthin. Trotzdem können wir uns einfach nicht durchringen, mit dem elbkind mal dort anzulegen. Das hat verschiedene Gründe: Christianshavn ist bei vielen Seglern sehr beliebt und deshalb meistens überfüllt. Außerdem ist unser Schiff nicht gerade kurz, und es gibt wohl kaum Liegeplätze, bei denen das Heck nicht ins Fahrwasser herausragen würde. Alle paar Minuten tuckern Ausflugsboote mit Touristen vorbei, das verursacht Schwell. Außerdem waren uns merkwürdige Geschichten zu Ohren gekommen: Rund um den Christianshavn wird gern gefeiert (Christiania ist nicht weit entfernt), dann geht es natürlich feucht-fröhlich zu und es soll vorgekommen sein, dass sich Leute aufs Schiffsdeck / ins Cockpit erleichtert haben 🤢. Dazu kommt, dass immer wieder Schiffe aufgebrochen wurden, während die Crews ahnungslos in irgendeinem Restaurant gesessen haben. Nö, wir bleiben lieber im Tuborg Havn, auch wenn die Hafenatmosphäre nicht einmal ansatzweise mit der im Christianshavn vergleichbar ist. Aber mit den Drahteseln kommen wir immer wieder gern zu Besuch, um in die gemütliche Stimmung einzutauchen.

Was es in der Innenstadt alles zu sehen gab! Unser nächstes Ziel war „Papirøen“, die Papierinsel, die bis Ende 2012 das letzte industrielle Gebiet im Hafen ohne Zugang für die Öffentlichkeit war. Hier wurde früher das Papier für die Tageszeitungen gelagert. Inzwischen sind die Lagerhallen geschlossen, und Papirøen entwickelt sich zu einer vibrierenden Location für Ausstellungen, kleine, kreative Shops, Cafés, Restaurants, aber alles nur auf Zeit. Auch Copenhagen Street Food ist hier zu finden, es hat die Bewohner Kopenhagens im Sturm erobert. Durch die neuen Brücken, die das Gebiet mit der übrigen Stadt verbinden, sieht die Zukunft für diesen neuen Teil der Kopenhagens rosig aus. Vom  „Wish Tree Garden“ von Yoko Ono war ich sofort begeistert und habe mir gleich Zettelchen und Stift besorgt, um meinen Herzenswunsch darauf zu verewigen und anschließend in einem der Bäume aufzuhängen. Mein etwas leidenschaftsloser Skipper hatte angeblich keine Wünsche. Männer – tsss! Andererseits – wenn er wunschlos glücklich ist, habe ich wohl bisher alles richtig gemacht. 😉

Weiter ging es in Richtung Nyhavn. Als wir an der Kunsthalle Charlottenborg vorbeikamen, fiel uns an der Fassade eine Installation des chinesischen Künstlers Ai Weiwei ins Auge. Stop – das mussten wir erstmal in Ruhe auf uns wirken lassen. Das berührende Kunstwerk heißt Soleil Levant, übersetzt „aufgehende Sonne“. Die Fenster der Kunsthalle wurden mit 3.500 Rettungswesten von Flüchtlingen, die auf der griechischen Insel Lesbos gestrandet sind, vollständig verbarrikadiert. In den Jahren 2015 und 2016 sind laut dem UNHCR 1.377.349 Menschen über das Meer nach Europa gekommen; mehr als 8.000 kamen auf ihrer Reise ums Leben. Auf diese humanitäre Krise, von der Europas Küsten nach wie vor betroffen sind, möchte Ai Weiwei mit seinem Werk aufmerksam machen.

Diese Eindrücke mussten wir bei einer kleinen Kaffeepause erst mal sacken lassen, bevor es wieder zurück zum Hafen ging.

Insgesamt sind wir 11 Tage im Tuborg Havn geblieben, haben uns einfach treiben lassen und viel Zeit mit der Familie verbracht. Weil in Dänemark und Schweden mittlerweile die Schulferien begonnen hatten und überall volle Häfen zu erwarten waren, fiel der spontane Entschluss, ein lang gehegtes Projekt in Angriff zu nehmen: wir wollten endlich mal die Küste von Mecklenburg-Vorpommern erkunden! Dazu später mehr.

Bevor ich es vergesse: hier kommen für die Segler unter Euch noch schnell ein paar Eckdaten zum Tuborg Havn (55° 43,58′ N; 012° 35,10′ E):

  • 360 Liegeplätze, Wassertiefe zwischen 3 und 5,5 m
  • Toiletten und Duschen (kostenlos)
  • Waschmaschine und Trockner (Flatrate, 1 x zahlen und den ganzen Tag waschen).
  • Kostenlose Leih-Fahrräder (sogar für Kinder!) mit Gangschaltung
  • Strandnähe
  • Grillplatz
  • Kinderspielplatz
  • Einkaufsmöglichkeiten und Restaurants ganz in der Nähe (Waterfront Shopping)
  • Gute Busanbindung für Ausflüge in die Stadt (Linie A1)
  • Tankstelle
  • WiFi war zwar in unserem Hafenführer vermerkt, funktionierte aber nicht 😐

12 Kommentare zu „Zwischen Königin und Christianshavn: Kopenhagen

    1. Hallo Jonathan, einfach drauflos ist immer gut, und eine Radtour durch Kopenhagen ist auf jeden Fall ein spannendes Erlebnis. Fahrräder kann man überall ausleihen, auch Pedelecs. Wir wünschen Dir viel Spaß beim Erkunden dieser tollen Stadt. Vielleicht kommst Du ja irgendwann mit dem Boot, wer weiß?

      LG von Martina & Thue

      Like

  1. Liebe Martina, wie immer ist dein Blog so interessant zu lesen und gut geschrieben! 😊 Ich freue mich jedes Mal, zu erfahren, wo ihr gerade seid, wobei auch die Karten sehr hilfreich sind für uns Südländer😉 Bin ausnahmsweise erst jetzt zum Lesen deines neuesten Beitrags gekommen, weil wir am Freitag eine große Party mit der Nachbarschaft veranstaltet haben. Jetzt endlich ist Entspannung angesagt! Barbara

    Gefällt 1 Person

  2. Liebe Martina, ich kann Renate nur beipflichten. Dein Bericht liest sich als wenn man live dabei ist. Ich mag deinen persönlichen Schreibstil und die kleinen Schlenker ins Eheleben sind köstlich! LG Undine

    Gefällt 1 Person

  3. Liebe Martina,
    jedesmal freue ich mich, wenn wieder eine Benachrichtigung über einen neuen Eintrag kommt. Du schreibst so lebendig und informativ; es kommt mir vor, als würde ich euch begleiten. 🙂
    Liebe Grüße auch an deinen Skipper und weiterhin immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel. Renate

    Gefällt 2 Personen

    1. Liebe Renate, vielen Dank für Deinen netten Kommentar, ich habe mich sehr gefreut! Im Moment wird nicht gesegelt, wir sind bei Regenwetter zuhause. ☔️

      Liebe Grüße an Euch zwei nach Singapur, ich hoffe, es geht Euch gut. Über schlechtes Wetter werdet Ihr Euch sicher nicht beklagen können, oder? 😉💝

      Like

Hinterlasse einen Kommentar