Die Windvorhersage für den nächsten Tag sah vielversprechend aus, und nach elf abwechslungsreichen Tagen in Kopenhagen sollte es endlich in südliche Richtung weitergehen. Unser Ziel war Klintholm auf der dänischen Insel Møn, der „kleineren Schwester“ von Rügen, allerdings nur als Zwischenstopp für eine Nacht. Die Eulen waren noch unterwegs, als wir morgens gegen sechs Uhr munter wurden. Na gut, wenn wir einmal wach sind, dann raus aus der Koje, um Schiff und Crew für den Törn vorzubereiten. Das Frühstück fiel bis auf Weiteres aus und wurde auf später verschoben, es war einfach noch zu früh für feste Nahrung. Eigentlich drehen wir uns um diese unchristliche Zeit ja eher noch mal um.
Das Ablegen bei reichlich Seitenwind und ohne Sorgeleinen musste gut durchdacht werden, denn unsere Hafenbox war riesig und wir wollten vermeiden, dass das Schiff vertreibt. Mit einer Leine, die lose um die Mittelklampe des (unbesetzten) Nachbarboots gelegt wurde, haben wir das elbkind ohne Unterstützung des Bugstrahlruders fast geräuschlos aus der Box gefiert und unsere Stegnachbarn durften ungestört weiterschlafen. 😴
Gegen 7 Uhr haben wir den Tuborg Havn verlassen, nach dem Auslaufen gleich das Groß gesetzt und kurze Zeit später auch das Vorsegel ausgerollt. Yippieh, endlich Segelwind! Viel war noch nicht los auf dem Wasser, nur hier und da ein paar Segler und aus nördlicher Richtung ein Kreuzfahrtschiff, das Kurs auf Kopenhagen nahm.
Anfangs war der Wind noch unstabil, das elbkind machte zwischen 4,5 und 7,5 kn Fahrt. So, nun aber erstmal Frühstück mit einem „coffee to sail“ und Käsebrötchen. Wir freuten uns über den Segeltag – endlich konnten wir mal wieder nur mit Windkraft unterwegs sein, und der Volvo hatte Pause.
Als wir die Køge Bucht erreicht hatten, wurde die See deutlich rauer und die Fahrt etwas schaukeliger. Der Wind wehte zwischen 8 und 13 m/s aus nordwestlicher Richtung, am Himmel wechselten sich Sonne und Wolken ab. Mitten in der Faxe Bucht flaute der Wind plötzlich ab. Es blieb uns nichts anderes übrig – das Vorsegel wurde eingerollt und der Volvo musste doch wieder ran. Immerhin lagen noch rund 20 sm vor uns, und wir wollten nicht zu spät in Klintholm ankommen. Nach einer Stunde frischte der Wind dann wieder auf, und außerdem hatten wir den Strom mit uns. Manchmal hat man Glück. Bei 5,5 m/s Wind machte das Schiff 5,5 kn Fahrt. Gar nicht schlecht.
Zwischendurch bekamen wir lustige Whatsapp-Ratschläge von Hein Mück, der uns über Marine Traffic verfolgte: „Links ab liegt Bornholm!“ Ach, wirklich? 😄
Irgendwann tauchten die beeindruckenden Kreidefelsen von Møns Klint, Dänemarks höchster Steilküste, an steuerbord auf.
Nach neun Stunden auf dem Wasser hatten wir Klintholm am späten Nachmittag erreicht. Gerade noch rechtzeitig, denn zum Glück waren noch einige Boxen am Steg frei. Das frühe Aufstehen hatte sich also gelohnt – wir waren froh, dass wir über Nacht nicht im Päckchen liegen mussten. Mit einem kühlen Anlegebier in der Hand saßen wir im Cockpit und konnten beobachten, wie die Marina sich in rasantem Tempo füllte.
Die meisten Schiffe waren unter deutscher Flagge unterwegs und machten nur einen kurzen Zwischenstopp für eine Nacht, bevor es am nächsten Morgen nach Schweden oder in den Øresund weiterging. Nachdem wir das Hafengeld am Automaten bezahlt hatten, ging es schnell noch zu „min købmand“, es mussten noch ein paar Kleinigkeiten für die Proviantkiste besorgt werden. Anschließend ein kurzer Spaziergang zum Restaurant „Portofino“ in der Nähe des Hafens. Knusprige Pizza und ein frisches Carlsberg vom Fass – unsere Belohnung für einen langen Segeltag!
Der nächste Morgen weckte uns mit strahlendem Sonnenschein, und wieder ging es schon zeitig aus der Koje. Unsere Nachbarn saßen beim Frühstück im Cockpit, als wir Klintholm bei totaler Windstille um kurz nach 7 Uhr achteraus gelassen haben. Knapp 50 sm lagen vor uns. Ohne Wind und ohne Segel, nur mit der „Unterwasser-Genua“. 😳 Das ist absolute Königsdisziplin für alle Segler, und es sollte nicht der letzte Motor-Marathon während unseres Sommertörns sein, dazu später mehr. Aber wir wollen uns nicht beklagen, die Sonne hat uns den lieben langen Tag auf dem Wasser verwöhnt – von Regen keine Spur. Das hat ja auch mal was.
Der Autopilot machte seinen Job gut, und mein Skipper vertrieb sich die Zeit damit, die AIS-Liste auf dem Plotter zu checken. Sind in unserer Nähe Schiffe unterwegs, die wir kennen? Und tatsächlich – die beiden schönen 12-m-Klassiker „Vim“ und „Vanity“ tauchten auf. Sie waren unterwegs zur „Tune Up Regatta“ in unserem Heimathafen Dyvig.
Auf dem Weg nach Rostock mussten wir die Kadetrinne überqueren, laut Wikipedia das schwierigste und gefährlichste Fahrwasser der gesamten Ostsee. Das war spannend, weil es jede Menge Schiffsverkehr gab. Souverän manövrierte Thue das elbkind zwischen Frachtern, Tankern und Containerschiffen hindurch. Ungefähr 8 Meilen vor Rostock kam überraschend doch noch eine leichte Brise auf, der Windmesser zeigte zwischen 5 und 6 m/s an. Theoretisch hätten wir also noch segeln können, aber praktisch waren wir zu faul. 😄
Am Nachmittag kam am Horizont unser Ziel in Sicht: der Yachthafen Rostock – Hohe Düne. Von anderen Seglern hatten wir schon Einiges über dieses Ziel gehört und waren gespannt, was uns erwartet.
Wir hatten geplant, einige Tage in Rostock zu bleiben, und weil die Wettervorhersage reichlich Wind aus West ankündigte, wollten wir gern mit dem Bug in Windrichtung liegen. Also klapperten wir eine ganze Weile die Hafengassen ab, bis wir einen passenden Liegeplatz an einem der Schwimmstege gefunden hatten. Festmachen, Schiff aufklaren und anschließend erstmal die Seebeine vertreten. Los ging’s zur ersten Erkundungskur durch die Marina. Der erste Weg führte uns zum Hafenbüro, das wie eine Art Hotelrezeption anmutete. Hier funktioniert das Check-In, als hätte man ein Hotelzimmer reserviert. Natürlich hatten wir uns nicht gemerkt, an welchem Steg und auf welcher Platznummer unser Schiff lag, darum durfte ich noch mal zurück zum Steg traben und meinem Gatten alle Infos per Handy durchgeben. Ohne diese Angaben war es dem Hafenassistenten nämlich leider nicht möglich, unser Schiff in seinem Computerprogramm zu registrieren. Na super, das ging ja gut los…🙃
Für die Segler unter Euch kommen hier die wichtigsten Informationen zum Yachthafen Ostsee – Hohe Düne:
- Lage: unmittelbar östlich der Warnow-Mündung
- Ansteuerung: 54°11,06′ N 12°5,91’E – problemlos Tag und Nacht, die Molenköpfe sind befeuert.
- Liegeplätze: an Schwimmstegen, entlang der Mole befinden sich Plätze für Schiffe bis zu 60 m Länge. Die Hafengassen sind großzügig bemessen und bieten viel Platz zum Manövrieren.
- Hafenshop mit Produkten für den täglichen Bedarf, morgens frische Brötchen
- Waschmaschine / Trockner
- Schnelles WLAN
- Sanitäre Anlagen: Die Nutzung ist ausschließlich mit einem Transponder möglich, den es gegen Hinterlegung einer Kaution im Hafenbüro gibt.
- Marine Science Center mit Seehunden
- Wassersportkurse (Tauchen, Segeln…)
- Yachtcharter
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Strom: kostenlos an den Stegen, Frischwasser kostet 1 € pro 120 Liter
Unser Fazit: Der Hafen ist einem Luxushotel / Kongresszentrum angeschlossen und wirkte auf uns etwas steril und unpersönlich – uns fehlte die gemütliche Atmosphäre. Vielleicht ist das bei einem Hafen dieser Größe auch zu viel verlangt. Auf dem Gelände gibt es diverse Restaurants, Bars, eine kleine Shopping-Meile und SPA- und Wellnessangebote. Wir sind lieber mit der Fähre der „weißen Flotte“, (der Anleger ist in 5 min. zu Fuß zu erreichen) nach Warnemünde gefahren, um am „Alten Strom“ essen zu gehen und zu bummeln.
Rostock war ein schöner Auftakt für unseren Törn entlang der Küste von Mecklenburg-Vorpommern. Nach drei abwechslungsreichen und sehr windigen Tagen ging es bei Flaute (!!!) weiter nach Kühlungsborn.
Huhu Martina, jetzt habe ich endlich mal wieder bei dir reingelesen. Wir fahren jetzt nach Als. Bin gespannt was der Sturm angerichtet hat. Hoffentlich haben die Leinen gehalten, es war bestimmt kein Wasser mehr in der Vig. Am Wochenende lese ich die anderen Berichte. LG Cornelia
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Hallo Cornelia, da bin ich mal gespannt. Ist hoffentlich alles gut gegangen, aber sonst hättet Ihr bestimmt schon etwas von Eurem Hafenmeister gehört, oder?
Ich hoffe, dass wir in der nächsten Woche auch mal wieder an Bord gehen. Im Moment sind wir daheim und ich habe jede Menge zu organisieren, „meine“ Refugees aus Eritrea können morgen endlich in ihre erste eigene Wohnung einziehen und ich hab‘ tausend Bälle gleichzeitig in der Luft… 😄
Euch viel Spaß in Mjels und beim Segeln!
LG Martina
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Danke für euren schönen Bericht! Da kommen mir Erinnerungen an meine schönen Ostseefahrten. Letztes Jahr hatte ich eine ähnliche Tour von Kopenhagen nach Lübeck gemacht. Ohne die Gezeiten und starke Winde und Wellen wie jetzt im Ärmelkanal ist es auch ganz schön. Die Ostsee fehlt mir so langsam 😉
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Das kann ich gut nachvollziehen. Und dann ganz allein… Aber trotzdem ganz bestimmt eine tolle Erfahrung – die kann Dir niemand mehr nehmen. 😊👍🏼
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Ach ich bin ganz gerührt bei diesem schönen Bericht. liebe Martina! Auf jeden Fall müssen wir uns wieder treffen! Es war auch für Sven und mich ein ganz toller Abend mit euch! Manchmal passt es eben einfach! Viel Spaß noch auf eurem Törn, falls ihr noch unterwegs seid. Ganz liebe Grüße von der doch etwas verregneten Ostseeküste. Sven & Undine
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Ja, Du hast recht – manchmal passt es einfach! 😊 Vielleicht treffen wir uns dann beim nächsten Mal in Hamburg? Momentan sind wir zuhause, das Wetter ist ja nicht gerade Segler-freundlich… 😳👎🏼
Ganz liebe Grüße zurück! 💝
Martina & Thue
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Eure Berichte sind immer so toll. Danke dafür. Werd mir ein bisschen was in unseren Blog über nehmen. Vielleicht habt Ihr Lust und schaut mal rein unter http://www.segeltraum.info
Leider noch nicht in WordPress, aber ich würde es gern umstellen. Sieht eleganter aus 😊👍
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Danke, liebe Tina! 💝 Ich habe vor einiger Zeit schon mal auf Deinem Blog vorbeigeschaut, Deine Berichte sind auch sehr schön! Aber Du hast recht, beim Design ist noch etwas Luft nach oben. 😉 WordPress ist wirklich super und es gibt eine große Auswahl an kostenlosen Themes. Probiere es doch einfach mal aus.
Ganz liebe Grüße, Martina ⛵️☀️
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