Kalvø – Liebe auf den ersten Blick 💝

 

Ahoi Ihr Lieben!

Vielleicht habt Ihr Euch in letzter Zeit schon gefragt, was eigentlich los ist bei uns. Irgendwie schon so lange nix gehört?! Das stimmt, aber dass seit einiger Zeit Funkstille auf dem elbkind-Blog herrscht, hat natürlich gute Gründe. Unsere betagten Mamas werden nicht jünger, deshalb haben wir beschlossen, in diesem Jahr mal keinen wochen- oder sogar monatelangen Sommertörn zu machen, sondern in der Nähe zu bleiben, um uns zwischendurch immer mal ein bisschen kümmern zu können. Und weil wir von Segelzielen in der Umgebung hier auf dem Blog ja schon ausführlich erzählt haben, gibt’s gerade nicht so viel Neues von uns.

Ein weiterer Grund für die Blogpause, das muss ich wohl zugeben, ist natürlich auch dieser Wahnsinns-Sommer. Wer hat bei DEM Traumwetter schon Lust, mit dem Laptop auf dem Schoß an Bord zu sitzen und Blogbeiträge zu tippen, statt bei sommerlichen Temperaturen mit dem Skipper und anderen Seglern irgendwo im Hafen zu sitzen, zu klönen, zu grillen und ein Bierchen zu zischen? Also ich jedenfalls nicht! Es war so herrlich kurzweilig in den vergangenen Wochen: immerzu haben wir liebe Segelfreunde und -Bekannte getroffen und viele gemütliche und lustige Stunden verbracht. Blogbeitrag schreiben? Och nö, das muss doch jetzt nicht sein, dachte ich mir und hab‘ mir einfach hitzefrei gegeben. ☀️

Wohin könnte man denn mal segeln, wenn man in der Nähe bleiben will? Das war die große Frage. Minitörns nach Årø, Middelfart, Fåborg, Sønderborg, Langballigau und Flensburg sind natürlich immer eine Option, und da sind wir auch gewesen. Oder wir sind gleich morgens mit frischen Brötchen vom Havnekiosk zur Ankerboje nach Varnæs Vig gesegelt, haben an Bord gefrühstückt, uns im Cockpit gesonnt, sind zur Abkühlung ab und zu mal ins Wasser gesprungen (natürlich nie ohne den obligatorischen Feuerquallen-Check) und ein paar Runden ums Schiff geschwommen. Ihr glaubt ja gar nicht, wie gut es sich anfühlt, wenn man mitten in der Hauptsaison gegen 17.00 Uhr völlig entspannt wieder im Heimathafen einläuft und weiß, dass ein freier Liegeplatz auf einen wartet. Die Segler unter Euch wissen jetzt wahrscheinlich genau, was ich meine. 😉 Der Kampf um die Hafenplätze ist für uns in diesem Sommer zum Glück ein Fremdwort. Und das hat wirklich was, ein riesiger Pluspunkt!

Auch das beliebte Hafencamping in Dyvig hat seinen Charme nicht verloren. Relaxen, ein bisschen Yoga auf dem Hügel und dabei den traumhaften Blick über die Bucht genießen, stundenlang im Cockpit lesen, Spaziergänge nach Mjels Vig machen oder lauschige Abende im Hafen mit netten Leuten verbringen, die wir hier immer wieder kennenlernen – das kann gar nicht langweilig werden. Wir haben unser elbkind einfach als schwimmendes Ferienhaus genutzt.

Aber es stand auch ein neues Ziel auf unserer To-Do-Liste, wir wollten nämlich endlich mal nach Kalvø segeln. Ich kann wirklich nicht mehr zählen, wie oft andere Segler uns schon von dieser idyllischen kleinen Insel vorgeschwärmt hatten. Trotzdem haben wir es irgendwie in den letzten sieben (!) Jahren nicht geschafft, auch selbst mal hinzusegeln. Frag mich nicht, warum. Dabei liegt Kalvø quasi gleich um die Ecke, nur ca. 10 sm von Dyvig entfernt. Jetzt war die Gelegenheit da, und ich bin so froh, dass wir uns endlich aufgerafft haben – ich war nämlich sofort schockverliebt!

Kalvø ist nur 17 ha groß, hat um die 10 Bewohner und liegt am Ende der Genner Bucht nördlich des Åbenrå Fjords und der Halbinsel Løit. Die Insel ist durch einen Damm mit dem Festland verbunden. Besonders tief ist der Inselhafen nicht, deshalb haben wir unterwegs lieber noch mal unseren „Havnelods“ befragt und uns entschieden, gleich am ersten Steg festzumachen. Sicher ist sicher, denn je weiter man in den Hafen reinfährt, desto flacher wird es.

IMG_8455
Elbkind in Kalvø am Steg

Einen Hafenmeister gibt es nicht auf Kalvø, nur ein kleines Häuschen mit viel Infomaterial über die Insel und einen Automaten zum Bezahlen des Liegegelds haben wir vorgefunden. Wie ein freundlicher Herr im Hafen meinem Skipper erläuterte, klappern ehrenamtliche Mitglieder des Segelvereins abends die Stege ab, um sich zu vergewissern, dass die Gastlieger auch ordnungsgemäß eine Hafenmarke gekauft haben. So kann man’s auch machen.

In Sichtweite des Hafens liegen das Kalvø Badehotel und ein maritimes Museum, das aber leider geschlossen hatte. Es ist im ehemaligen Herrenhaus des Schiffsreeders Jørgen Bruhns untergebracht, der die Insel 1847 gekauft und eine der größten Schiffswerften der damaligen ZeIt errichtet hat.

Der „Kalvøstien“, ein gut befestigter Inselrundweg, hat uns auf unserer Erkundungstour durch abwechslungsreiche Natur mit Wald-, Feld- und Wiesenlandschaften und vorbei an grasenden Kühen geführt. Die natürlichen Bedingungen auf Kalvø sind für Wasservögel ideal, sie finden hier ausreichend Futter und können im Natur- und Wildreservat in Ruhe ihren Nachwuchs aufziehen. Der Spazierweg bietet verschiedene Aussichtspunkte mit Blick über Insel und Wasser, gemütliche kleine Rastplätze mit Tischen und Bänken und einen Steinpark mit Findlingen. Rund eine Stunde haben wir gebraucht, um die Insel zu Fuß zu umrunden.

Vom Spazierweg aus konnten wir einen ausgiebigen Blick auf die „Imme Sejr“ werfen. Sie ist ein Nachbau des Wikingerschiffs „Erantis“. Mehr Idylle geht doch wirklich nicht, oder?

Imme Gram II
Wikingerschiff „Imme Sejr“

Abends haben wir – natürlich! – gegrillt. Das Grillen ist ja nach dem Segeln quasi der zweite Nationalsport der Dänen. So lange es nicht in Strömen gießt, wird bei uns gegrillt. Es gibt im Hafen von Kalvø einige Tische und Bänke mit Blick auf die Stege. Im Laufe des Abends füllte sich der Hafenplatz mit unzähligen auf Hochglanz polierten Oldtimern. Wir saßen mit vollem Mund mitten im Geschehen und hatten jede Menge zu gucken, stundenlang war richtig Halligalli im Hafen. Das Oldtimertreffen findet in den Sommermonaten übrigens immer montags statt. Ach ja, und immer dienstags treffen sich die Motorradfans. Wer’s also eher ruhig und friedlich mag, sollte vielleicht lieber an einem anderen Wochentag nach Kalvø segeln.

“ ]

Übrigens muss man sich als Segler darauf einstellen, dass es in Kalvø weder einen Laden noch einen Hafenkiosk gibt. Was bedeutet, dass man sowohl seine Frühstücksbrötchen als auch sämtlichen anderen Proviant mit an Bord haben sollte, wenn man sich Kalvø als Ziel ausgeguckt hat.

Falls es tatsächlich mal regnen sollte (was ja in diesem Sommer selten bis nie vorkommt) bietet die „Sejlerstue“ im Hafen einen schönen Treffpunkt. Dort gibt es einen Aufenthaltsraum, eine Küche und Waschmaschine und Trockner. Der Garten hinterm Haus ist mit einem Grill und mit Pergolawänden und hohen Hecken ausgestattet, hinter denen man Windschutz finden kann.

Wenn wir zu Gast in fremden Häfen sind, bummeln wir gern mal über die Stege und sehen uns alle Schiffe an. In Kalvø haben wir uns köstlich amüsiert, als uns dieser Schiffsname begegnet ist. Ist das nicht herrlich, was sich so mancher Bootseigner einfallen lässt? Ich muss unbedingt irgendwann noch mal einen Blogbeitrag zu diesem Thema schreiben, das wird garantiert lustig. „Hendes und Laurits“ (frei übersetzt: gehört ihr und Laurits) ist jedenfalls ein Musterbeispiel für den typisch dänischen, trockenen Humor, den ich so sehr mag.

IMG_8459

Wir haben zwar nur eine Nacht im Hafen von Kalvø verbracht, aber ich bin zuversichtlich, dass es nicht besonders lange dauern wird, bis wir wiederkommen. So eine junge Liebe muss schließlich gepflegt werden! 💝

Postkarte aus Dyvig

Ahoi, Ihr Lieben!

Habt Ihr Lust auf eine kleine Anekdote aus dem Jahr 2011? Ich kann mich noch ziemlich gut an einen grauen, nasskalten Nachmittag im Februar erinnern. Wir hatten gerade unser erstes Schiff, eine Nordborg 32, bestellt und fuhren anschließend zusammen mit unserem Bootsbauer von der Nordborg-Werft runter nach Dyvig. Mein Skipper war nämlich fest entschlossen, Dyvig Bådelaug zu unserem Heimathafen zu machen. Jetzt musste nur noch Hafenmeister Christian davon überzeugt werden, uns einen Liegeplatz zu geben – Dyvig war schon damals bei Festliegern sehr beliebt und freie Boxen waren Mangelware. Ich habe mir zwar nichts anmerken lassen, aber als wir die kleine Straße zur Dyvig Bucht runterfuhren, habe ich mir im Stillen nichts sehnlicher als eine Absage gewünscht. Wie trist und trostlos der Hafen aussah! Nur vereinzelt dümpelte ein einsames Boot am Steg, und der Platz vor den Servicegebäuden war zugestellt mit Schiffen, die unter Plastikplanen ihren Winterschlaf hielten. Ganz ehrlich: hätte ich damals einen Wunsch frei gehabt, wäre mir ein Liegeplatz in Sønderburg viel lieber gewesen. Dort gab es unzählige Kneipen, nette Boutiquen mit schicken dänischen Klamotten und Restaurants in fußläufiger Nähe, und außerdem war im Yachthafen garantiert mehr los als in Dyvig. Wahrscheinlich habt Ihr es schon erraten – es kam alles anders.

Bei einem typisch dänischen, informellen Gespräch im Hafenmeisterbüro (das mich eigentlich eher an eine verräucherte Kellerkneipe auf St. Pauli erinnerte) war Thues Frage nach einem Liegeplatz im Handumdrehen beantwortet. Ein kurzer Blick in eine schrabbelige, handgeschriebene Liste reichte aus, dann zeigte Christians Daumen auch schon nach oben. Einfach so und ohne dass wir irgendwelche Antragsformulare ausfüllen mussten, hatten wir einen Liegeplatz am Steg 4. Ich war platt! Klar, der Unterschied zwischen deutscher und dänischer Bürokratie ist riesengroß, aber SO formlos und unbürokratisch hatte ich mir das Ganze dann doch nicht vorgestellt. Meinen Traum vom Liegeplatz in Sønderborg konnte ich also genau in diesem Moment abhaken, denn wenn sich mein Skipper (Sternzeichen Stier, keine weiteren Fragen!) erstmal was in den Kopf gesetzt hat, ist Widerstand sowieso zwecklos. Seufz!

Einige Wochen später war unser erstes elbkind fertig, wurde zu Wasser gelassen und am Karfreitag bei Traumwetter getauft. Und in diesem Moment erwachte sie, meine Liebe zu Dyvig, und mir wurde klar, warum Thue ausgerechnet diesen Hafen für uns ausgesucht hatte. Bei Sonnenschein und blauem Himmel sah plötzlich alles ganz anders aus. Die liebliche Natur rund um den Hafen war aus dem Winterschlaf erwacht und der fröhliche, immer gut gelaunte Hafenmeister eroberte mein Herz im Sturm. Außerdem lagen am Steg 4 außer uns auch andere nette Nordborg-Yachties, mit denen wir uns schnell angefreundet haben. Dyvig wurde für uns eine Art zweites Zuhause  – der Heimathafen der Herzen. Und ich gebe ehrlich zu: Die Boutiquen und Restaurants in Sønderborg haben mir bis heute nicht eine Sekunde lang gefehlt – im Gegenteil: Dyvig ist der perfekte Ort, um die Seele mal richtig baumeln zu lassen, und das ist für viele von uns doch wesentlich in Zeiten von Laptops, Smartphones und Social Media. (Obwohl: blitzschnelles WLAN gibt es in Dyvig inzwischen auch, und diesen Beitrag schreibe ich an Bord. Erwischt! 😉)

Ein paar Jahre später ging Christian in den Ruhestand, und damit wurde alles anders. Die Atmosphäre im Hafen veränderte sich, alles wirkte seltsam seelenlos und nicht wenige Segler, die früher hauptsächlich wegen Christian nach Dyvig gekommen waren, blieben einfach weg. Gleich zwei Hafenmeisterinnen, die Christians Nachfolge angetreten hatten, warfen unerwartet schnell das Handtuch. Der Hafenkiosk blieb geschlossen. Und obwohl sich die Mitglieder des Segelclubs wenigstens um die Reinigung der sanitären Anlagen kümmerten, war klar, dass so schnell wie möglich Abhilfe geschaffen werden musste. Denn auch in Seglerkreisen verbreiten sich schlechte Nachrichten leider in Windeseile…

Im Frühjahr 2017 war es dann so weit – endlich ein Lichtstreif am Horizont! Die Geschicke des Hafens wurden in die Hände von Erling und Helle gelegt, und seitdem sind unsere Sorgenfalten verschwunden. Wir fühlen uns wieder pudelwohl in Dyvig, denn es ist deutlich spürbar, mit wie viel Liebe zum Detail die Hafenanlage nun gehegt und gepflegt wird. Ach, übrigens: die beiden sprechen gut deutsch. 🤗

img_8622
Helle und Erling

Der Hafenkiosk wurde umgestaltet und bietet wirklich alles, was das Seglerherz begehrt. Frühstücksbrötchen können am Vortag bestellt werden, außerdem gibt es frisches Brot und zuckersüße dänische Kuchen-Kalorienbomben. Neuerdings bieten Erling und Helle sogar das lokale  „Fuglsang“ Bier an – frisch gezapft vom Fass. Vor dem Hafenkiosk laden Tische und Stühle mit Sonnenschirmen nach einem harten Segeltag zu einer Pause ein.

Wer ein paar Kräuter für Salat oder Quark braucht, darf sich gern gratis an Helles „Kräuterboot“ bedienen. Schnittlauch, Petersilie, Basilikum, Pfefferminze – was darf’s sein?

Kräuterboot
Helles Kräuterboot

Und es gibt noch mehr Verbesserungen im Hafen. Ein Beispiel sind die sanitären Anlagen, die etwas in die Jahre gekommen waren. Sie haben eine Runderneuerung bekommen und sehen wieder sauber und gepflegt aus.

Badezimmer
Badezimmer in Dyvig

Das absolute Highlight im Hafen ist die neue Grillterrasse mit Plexiglas-Windschutz und Sonnenschirmen. Mit großem Einsatz, Herz und Sachverstand haben hilfreiche Hände aus dem Segelclub diesen neuen Treffpunkt für Segler geschaffen. Bei schönem Wetter feuert Erling am frühen Abend den Gemeinschaftsgrill an und die Einweggrills dürfen ganz umweltfreundlich in der Backskiste bleiben. Besonders für uns „Dauer-Griller“ ist das ein unbezahlbarer Service! Der neu angelegte Kinderspielplatz mit Schaukeln, Rutsche, Klettergerüst und Wipptieren liegt in Sicht- und Rufweite. So können Mama und Papa den lauen Sommerabend ganz entspannt bei Grillwürstchen und Bier genießen und haben gleichzeitig den Nachwuchs beim Spielen immer im Blick. Ein gut durchdachtes Konzept.

Außerdem ganz neu: Leihfahrräder! Für 20 dänische Kronen pro Tag kann man bei Erling einen grünen Drahtesel ausleihen und unterstützt damit gleichzeitig eine örtliche Einrichtung für Behinderte, deren Bewohner sich um die Wartung der Fahrräder kümmern.

img_8618

Nicht neu, aber trotzdem erwähnenswert: In Dyvig gibt es Waschmaschine und Trockner und ein Bücher-Tauschregal, auf dem Ausgelesenes abgestellt und / oder kostenlos mitgenommen werden kann. Für mein Foto habe ich einen ungünstigen Zeitpunkt erwischt; normalerweise ist die Auswahl an Büchern deutlich größer. Außerdem gibt es ein geräumiges Zelt für Segler, in dem auch dann gemütlich zusammengesessen und gegrillt werden kann, wenn der Himmel mal grau ist und ein paar Regentropfen fallen.

Wir möchten Euch wirklich ans Herz legen, in dieser Saison mal wieder in Dyvig vorbeizuschauen – es lohnt sich! Entgegen anderer Gerüchte ist Dyvig übrigens nicht nur Clubmitgliedern vorbehalten, sondern freut sich sehr über Gastsegler. Und wenn es Euch in unserem Lieblings-Heimathafen genau so gut gefällt wie uns, dürft Ihr das auch gern weitererzählen, damit auch mal wieder „Good News“ die Runde machen. 🤗

Wir wünschen Euch eine tolle Segelsaison, und dass das Wetter weiter so traumhaft bleibt wie im Mai. See you in Dyvig, bis bald!

Eure elbkinder ⛵️☀️

Throwback nach Årø, auf geht’s zum schnellsten Hafenmeister Dänemarks!

Ahoi Ihr Lieben! Die Zeit von Oktober bis April zieht sich ja irgendwie immer wie Kaugummi. Gefühlt war dieser Winter so lang wie noch keiner vorher. Aber der Frühling naht, morgens wird man schon wieder von Vogelgezwitscher geweckt, im April ist endlich Krantermin in Dyvig und wir freuen uns schon wie Bolle auf die neue Segelsaison.

Die Wartezeit bis zum Saisonstart vertreiben wir uns gern mit Throwbacks in die letzte Saison. „Weißt Du noch?“ heißt dann die Überschrift. Dass das Wetter letztes Jahr im großen und ganzen ein Reinfall war, haben wir natürlich schon längst wieder verdrängt. Das hat die Natur eigentlich ganz gut eingerichtet: es muss nur genug Zeit vergehen, bis man sich irgendwann nur noch an die schönen Erlebnisse erinnert.

Neulich ist uns Olaf wieder eingefallen, vielleicht kennen ihn einige von Euch ja sogar. Wahrscheinlich ist er der schnellste Hafenmeister Dänemarks. In der Hauptsaison flitzt Olaf auf seinem kleinen Elektroscooter oft mit Endgeschwindigkeit über die Stege von Årøs Hafen, wenn es mal wieder ganz schnell gehen muss. Wer erst gegen Abend im (meistens vollen) Hafen einläuft, dem weist Olaf nämlich oft noch einen Liegeplatz zu. Das nenne ich mal serviceorientiert! Wäre doch schön, wenn man als Gastlieger auch in anderen Häfen so freundlich empfangen werden würde und nicht erst stundenlang alle Stege abklappern müsste, bis man endlich eine passende Box gefunden hat.

Für uns hat Olaf im letzten Sommer mit seinem Flitzer sogar eine Extra-Runde gedreht, schaut Euch mal dieses kleine Filmchen an. Wir haben uns köstlich amüsiert.

Vor einigen Jahren hat Olaf seine ‚Karriere‘ als Wirt von „Årøs Perle“ – einer Kombination von Kiosk und Restaurant im Hafen – begonnen und mittlerweile auch den Posten des Hafenmeisters übernommen. Wer Appetit auf Bratfisch aus der Pfanne hat, ein kühles Bierchen vom Fass zischen, ein Eis schlecken oder einfach nur die Frühstücksbrötchen für den nächsten Morgen bestellen möchte, ist bei Olaf und seinem Team an der richtigen Adresse. In der Segelsaison werden außerdem jede Menge „Special Events“ wie z.B. Aal-Essen satt oder Jazz angeboten, überhaupt gibt es häufig Live-Musik in Årøs Hafen.

Årø's Perle

Für die lieben Kleinen geht der Spaß im Inselhafen gleich nach dem Anlegen los: zuerst  im Hafenbecken Krebse fangen und die Krabbeltiere anschließend auf der krabbevæddeløbsbane um die Wette laufen lassen, das hat was von Bullerbü. Eine weitere Attraktion des Hafens ist die Giraffen-Hüpfburg. Kleine Gäste, die es lieber ruhiger mögen, können sich auf dem Kinderspielplatz gleich nebenan vergnügen. In der Zwischenzeit gleiten die Großen vor Årøs Perle bei einem kühlen Bier vom Fass mit nettem Blick über den Hafen langsam in den Hygge-Modus über. Sonnenuntergang at it’s best!

Ein Besuch auf Årø lohnt sich immer – und das nicht nur, um Olaf in Aktion zu beobachten. Die idyllische Insel mitten im Kleinen Belt ist ja bekanntlich eins unserer Lieblingsziele. Wer nicht auf eigenem Kiel herkommt, nimmt einfach die Fähre von Årøsund und ist ein paar Minuten später schon am Ziel. Die Insel ist nur vier mal drei Kilometer groß und schnell erkundet. Wer wenig Lust zum Laufen und keine Bordfahrräder dabei hat, kann sich bei Årøs Perle oder beim Restaurant Brummers Gård unweit des Hafens auch Fahrräder oder ein Golfcart ausleihen.

Mein Skipper hat einige Jahre seiner Kindheit in der Nähe von Årøsund verbracht. Wenn wir im Inselhafen festmachen, fühlt es sich für ihn jedes Mal ein bisschen an wie Nachhausekommen. Zum Glück liegt Årø nur einen Steinwurf von unserem Heimathafen Dyvig entfernt und bietet sich für kürzere Segeltörns an. Für uns ist die süße Insel ein ideales Ziel für die Vor- und Nachsaison. Nun sind es nur noch ein paar Wochen, und unser Seglerherz fängt schon langsam wieder an zu puckern… ♥️

En lille julehilsen… 🎄🎅🏼

Ahoi, Ihr Lieben! Trotz Weihnachten und Schietwetter hat es uns heute wieder mal ans Wasser gezogen – hier kommen ein paar nasskalte Impressionen aus dem Yachthafen Skovshoved am Øresund für Euch.

Bei dieser Gelegenheit möchten wir uns für Eure Treue und Eure netten Kommentare, die dieses Blog erst richtig lebendig machen, ganz herzlich bedanken. ♥️

Wir grüßen Euch herzlich aus Dänemark, wünschen Euch ein gemütliches Rest-Weihnachten mit Euren Liebsten und einen guten Start in ein gesundes, glückliches neues Jahr – an Land oder auf dem Wasser!

Eure „elbkinder“

Martina & Thue ⛵️

Dusche to go und andere Katastrophen 

Ahoi Ihr Lieben! Ist dieses Novemberwetter nicht gruselig? Alles grau in grau, gefühlt regnet es ununterbrochen. Da passt es doch gut, dass ich noch ein paar Segelgeschichten aus dem Sommer auf Lager habe, oder? Also, macht es Euch einfach auf dem Sofa gemütlich, schenkt Euch ein Käffchen oder ein Glas Rotwein ein und kommt noch mal mit uns an Bord. Throwback in den Sommer 2017 – beam us up, Scotty! ☀️⛵️

Wo waren wir eigentlich stehengeblieben? Wenn Ihr Euch jetzt nicht mehr erinnern könnt, ist das gar kein Beinbruch, denn ehrlich gesagt muss ich mich auch ganz schön konzentrieren, weil unser Sommertörn schon wieder so lange zurückliegt. Richtig, unser elbkind lag in Wismar, und wer sich daran noch erinnern konnte, bekommt hundert Punkte und gewinnt ein Federballspiel! Wismar ist wirklich eine wunderschöne und geschichtsträchtige Stadt, und es gibt unglaublich viel zu besichtigen und zu erkunden. Wir hatten trotzdem keine Lust, tagelang bei Sturm und strömendem Regen durch die Straßen zu latschen und die Zeit totzuschlagen. Außerdem wird Lesen auf die Dauer auch langweilig und zum Spielen kann ich meinen Skipper trotz vieler verzweifelter Überredungsversuche ja leider nicht motivieren. Was tun? Kurzentschlossen haben wir uns in den Zug nach Hamburg gesetzt und das nervige Tiefdruckgebiet auf dem Sofa abgewettert. Drei Tage später um die Mittagszeit saßen wir schon wieder im Zug von Hamburg nach Wismar, das ungemütliche Wetter hatte sich zum Glück etwas beruhigt und es ging zurück an Bord.

Die halbe Stunde Umsteigezeit in Schwerin haben wir genutzt, um im Bahnhofscafé ein Käffchen zu trinken und noch schnell ein paar belegte Brötchen als Törnproviant zu besorgen. Bloß keine Zeit verlieren hieß das Motto, denn unser Entschluss stand fest: das kurze Wetterfenster der kommenden zwei Tage wollten wir unbedingt nutzen, um über Fehmarn zurück nach Dyvig zu kommen. Koste es, was es wolle, die Wetterprognose sah nämlich schon wieder zappenduster aus – das nächste Tiefdruckgebiet war im Anmarsch. Sommer eben… 😉

Kaum waren wir am Bahnhof angekommen, ging es auch schon im Stechschritt zurück zum Hafen, wo uns unser elbkind wohlbehalten erwartete. Thue war sichtlich erleichtert, er hatte sein Schiff wirklich nur sehr schweren Herzens zurückgelassen und konnte sich zuletzt nur losreißen, weil direkt gegenüber unseres Liegeplatzes am Brunowkai ein Polizeirevier lag.

Ruckzuck waren die Taschen wieder ausgepackt, die Segelklamotten über die Knochen gerissen, und schon eine halbe Stunde nach Ankunft im Hafen ließen wir Wismar im Kielwasser zurück. Für unsere Verhältnisse war es zwar viel zu windig und normalerweise wären wir bei so einer Wetterlage auch niemals ausgelaufen, aber nun hieß es: Augen zu und durch!

Tagelang hatte es kräftig geweht, wir waren schließlich nicht ohne Grund nachhause geflüchtet. Weil wir damit rechneten, dass uns auf der Strecke eine alte Welle das Leben schwer machen würde, wollte mein Skipper den Dieseltank vorsichtshalber auffüllen. Man weiß ja nie, was einen unterwegs so alles erwartet, und mit einem halbvollen Tank durch die Wellen zu schwabbeln war nicht gerade unsere Wunschvorstellung. Wir machten längsseits an der Bunkerstation am Ostufer des Ölhafens fest und forderten über einen Pager den Tankwart an. Nur ein paar Minuten später kam ein netter junger Mann auf einem Bagger angerauscht und kümmerte sich um uns. Hau rein, mach voll den Tank, und den Reservekanister auch gleich mit, wenn wir schon mal hier sind. Schnell war alles erledigt und die Bordfrau konnte die EC-Karte zücken. Sogar eine richtige Rechnung bekam ich noch in die Hand gedrückt, wie vornehm! Nach wenigen Minuten hieß es wieder Leinen los, und weiter ging die Motorfahrt durch die Wismarer Bucht.

Der Wind wehte viel nördlicher als vorhergesagt. Als wir uns beinahe schon damit abgefunden hatten, dass die Segel unten bleiben und wir die ganze Strecke motoren müssen, drehte wider Erwarten der Wind zu unseren Gunsten, so dass wir das Groß setzen konnten. Vorsichtshalber hatte Thue im Hafen noch ein Reff eingebunden. Inzwischen hatte der Wind bis zu 13 m/s aufgefrischt. Nachdem wir das Segel noch einmal richtig getrimmt und auch die Fock ausgerollt worden hatten, rauschte unser elbkind durch die Wellen und wir machten zwischen 6 und 7 kn Fahrt über Grund. Na siehste, geht doch!

Etwas später lugte die Sonne endlich hinter den dunklen Wolken hervor und der Wind hatte sich zwischen 9 und 11 m/s eingependelt. Immer häufiger kamen nun Wellen übers Vorderdeck, die zwischendurch sogar das Cockpit erreichten. Und so kam, was kommen musste: Thue, der nur in Jeans und Windbreaker am Steuerstand stand, bekam ganz unvermittelt eine kräftige Seewasserdusche verpasst. Tropfnass und fluchend musste er einsehen, dass Ölzeug und Südwester eindeutig das passendere Outfit waren. Kurze Zeit später stand er dann in voller Montur wieder am Ruder, während ich mich lieber unter die Sprayhood verkrümelte…

img_6195
Thue in voller Montur. Aus Schaden wird man klug!

<br

Dann wurde das Wetter rauer und der Wind drehte bis zu 16 m/s auf, der hatte wohl wieder mal die Wettervorhersage verpasst. Immer wieder kamen kräftige Brecher übers Deck. Auf diese Wetterkapriolen waren wir überhaupt nicht vorbereitet und hatten die Steckschotts zum Niedergang natürlich wie immer in der Backskiste gelassen. Und darum war das nächste Malheur auch schon vorprogrammiert: mit einem weiteren Brecher, der übers Vorderdeck kam, zischte das Ostseewasser durch die Aussparung für die Fallen und lief in Strömen den Niedergang weiter runter in den Salon. So standen binnen kürzester Zeit beachtliche Salzwasserseen unter dem Kartentisch und auf der Arbeitsplatte der Kombüse. Verflucht! Dieser Törn entwickelte sich zu einer echten Herausforderung für uns Schönwettersegler…😬

Nach rund fünf Stunden auf dem Wasser näherten wir uns allmählich unserem Zielhafen Burgtiefe auf Fehmarn. Als wir das Landlee der Insel erreicht hatten, holten wir die Segel ein. Durch die relativ enge, gut betonte Fahrrinne steuerten wir den geschützten Hafen an und haben trotz der späten Stunde (mittlerweile war es 20:30 Uhr) noch einen Liegeplatz im Innenhafen ergattert. Freundliche Stegnachbarn nahmen unsere Vorleinen an und wir waren erleichtert, als wir endlich am Steg fest waren. Geschafft! Die erste Etappe unseres Törns hatten wir gemeistert. Darauf mussten natürlich erstmal ein paar Bierchen in der Hafenkneipe gezischt und nebenbei die beeindruckenden Salzkrusten auf Thues Händen bestaunt werden. Kurz vorm Schlafengehen knurrte dann plötzlich mein Magen, da fiel mir auch endlich das belegte Brötchen wieder ein, das noch immer auf mich wartete. Ein kühles Landungsbier hatte nach diesem abwechslungsreichen Törn einfach Priorität! 🍺

Der nächste Morgen weckte uns mit Sonnenschein und Flaute, und die letzte Etappe unseres Sommertörns stand an. Eins war sicher: wenn wir nicht segeln können, motoren wir! Weil wir keine Zeit verlieren wollten, gab es das Frühstück unterwegs, und schnell kam die Fehmarn-Sund-Brücke in Sicht. Das war mal eine ganz neue Perspektive, denn bisher hatten wir die Brücke auf dem Weg zur Fähre Puttgarden-Rødby immer nur mit dem Auto überquert.

img_6212
Wir nähern uns der Fehmarn-Sund-Brücke

Segelfreunde, die sich in diesem Revier gut auskennen, hatten uns vorsorglich auf die Schießgebiete auf der Route aufmerksam gemacht, die wir nun umfahren mussten. Der Motor brummte, und noch immer herrschte Flaute. Ganz schön langweilig… Nach wie vor stand eine kräftige Welle vom Vortag, die wieder übers Vorschiff zischte und uns im Laufe des Vormittags noch zum Verhängnis werden sollte, denn leider hatte ich vor dem Ablegen nicht daran gedacht, die Luke im Vorschiff von „Lüftung“ auf „pottendicht“ zu verschließen. Ein fataler Fehler. Als ich den Niedergang herunterkletterte, traute ich meinen Augen nicht: unter Deck war alles nass, besonders die Vorderkabine hatte es erwischt. Bettzeug, Auflagen, Polster, Matratzen… alles klitschnass! Das Wasser hatte sich seinen Weg durch den Lüftungsschlitz der Luke gesucht und dabei ganze Arbeit geleistet. Stinksauer, fluchend und den Tränen nahe schleppte ich die gesamte Schlafausrüstung an Deck. Zum Glück schien ja die Sonne, so dass alles an der frischen Luft getrocknet werden konnte – wenigstens notdürftig. Einige Tage später haben wir unserem Bootsbauer diese kleine Anekdote erzählt. Der meinte ganz trocken, nasses Bettzeug sei doch gar kein Problem – man müsse eben nur das eigene Outfit anpassen und in Ölzeug statt im Pyjama schlafen gehen. Dänischer Humor! 😂

Das Schiff sah jedenfalls wie ein schwimmender Waschsalon aus, aber seht selbst:

Ursprünglich hatten wir vor, noch eine Nacht in Sønderborg zu verbringen, bevor es zurück nach Dyvig ging. Als wir dann gegen Abend die Sønderborg Marina an Steuerbord hatten, waren wir uns aber schnell einig, dass wir uns auch noch die letzten zwei Stunden ans Bein binden und bis nach Dyvig durchfahren – es zog uns einfach zurück in unseren Lieblings-Heimathafen. Pünktlich um 18.00 Uhr öffnete sich die Klappbrücke nur für uns, und das elbkind war das einzige Schiff, das in den Alssund einlief. Insgesamt sind wir an diesem Tag zwölf Stunden unter Motor unterwegs gewesen, und das ist natürlich echte Königsdisziplin für Segler…😧

img_6247
Unsere Route von Burgtiefe nach Dyvig

Wie schon in den Jahren zuvor waren die 12-m-Klassiker zum Tune Up Race wieder in Dyvig zu Gast, und das lässt sich der Prinz Hendrik natürlich nicht entgehen – er war mit der „Dannebrog“ angereist. Auch für uns gab’s viel zu gucken. Ein schöner Empfang nach fast sieben Wochen an Bord!

Dannebrog
Die „Dannebrog“ in der Einfahrt zur Stegsvig
img_6246
Ein echter Augenschmaus: die 12-m-Klassiker

Mit diesem schönen Bildern aus dem Sommer wünschen wir Euch eine schöne und gemütliche Adventszeit 🎄🎅🏼. Der Dezember steht vor der Tür, und damit die Sonnenwende – das heißt, dass wir bald schon wieder rückwärts zählen können und die nächste Segelsaison naht! 🤗 Bis bald, Martina & Thue

Klintholm, Rostock und ein Mini- Bloggertreffen

Die Windvorhersage für den nächsten Tag sah vielversprechend aus, und nach elf abwechslungsreichen Tagen in Kopenhagen sollte es endlich in südliche Richtung weitergehen. Unser Ziel war Klintholm auf der dänischen Insel Møn, der „kleineren Schwester“ von Rügen, allerdings nur als Zwischenstopp für eine Nacht. Die Eulen waren noch unterwegs, als wir morgens gegen sechs Uhr munter wurden. Na gut, wenn wir einmal wach sind, dann raus aus der Koje, um Schiff und Crew für den Törn vorzubereiten. Das Frühstück fiel bis auf Weiteres aus und wurde auf später verschoben, es war einfach noch zu früh für feste Nahrung. Eigentlich drehen wir uns um diese unchristliche Zeit ja eher noch mal um.

Das Ablegen bei reichlich Seitenwind und ohne Sorgeleinen musste gut durchdacht werden, denn unsere Hafenbox war riesig und wir wollten vermeiden, dass das Schiff vertreibt. Mit einer Leine, die lose um die Mittelklampe des (unbesetzten) Nachbarboots gelegt wurde, haben wir das elbkind ohne Unterstützung des Bugstrahlruders fast geräuschlos aus der Box gefiert und unsere Stegnachbarn durften ungestört weiterschlafen. 😴

Gegen 7 Uhr haben wir den Tuborg Havn verlassen, nach dem Auslaufen gleich das Groß gesetzt und kurze Zeit später auch das Vorsegel ausgerollt. Yippieh, endlich Segelwind! Viel war noch nicht los auf dem Wasser, nur hier und da ein paar Segler und aus nördlicher Richtung ein Kreuzfahrtschiff, das Kurs auf Kopenhagen nahm.

Anfangs war der Wind noch unstabil, das elbkind machte zwischen 4,5 und 7,5 kn Fahrt. So, nun aber erstmal Frühstück mit einem „coffee to sail“ und Käsebrötchen. Wir freuten uns über den Segeltag – endlich konnten wir mal wieder nur mit Windkraft unterwegs sein, und der Volvo hatte Pause.

Als wir die Køge Bucht erreicht hatten, wurde die See deutlich rauer und die Fahrt etwas schaukeliger. Der Wind wehte zwischen 8 und 13 m/s aus nordwestlicher Richtung, am Himmel wechselten sich Sonne und Wolken ab. Mitten in der Faxe Bucht flaute der Wind plötzlich ab. Es blieb uns nichts anderes übrig – das Vorsegel wurde eingerollt und der Volvo musste doch wieder ran. Immerhin lagen noch rund 20 sm vor uns, und wir wollten nicht zu spät in Klintholm ankommen. Nach einer Stunde frischte der Wind dann wieder auf, und außerdem hatten wir den Strom mit uns. Manchmal hat man Glück. Bei 5,5 m/s Wind machte das Schiff 5,5 kn Fahrt. Gar nicht schlecht.

Zwischendurch bekamen wir lustige Whatsapp-Ratschläge von Hein Mück, der uns über Marine Traffic verfolgte: „Links ab liegt Bornholm!“ Ach, wirklich? 😄

Irgendwann tauchten die beeindruckenden Kreidefelsen von Møns Klint, Dänemarks höchster Steilküste, an steuerbord auf.

Nach neun Stunden auf dem Wasser hatten wir Klintholm am späten Nachmittag erreicht. Gerade noch rechtzeitig, denn zum Glück waren noch einige Boxen am Steg frei.  Das frühe Aufstehen hatte sich also gelohnt – wir waren froh, dass wir über Nacht nicht im Päckchen liegen mussten. Mit einem kühlen Anlegebier in der Hand saßen wir im Cockpit und konnten beobachten, wie die Marina sich in rasantem Tempo füllte.

Die meisten Schiffe waren unter deutscher Flagge unterwegs und machten nur einen kurzen Zwischenstopp für eine Nacht, bevor es am nächsten Morgen nach Schweden oder in den Øresund weiterging. Nachdem wir das Hafengeld am Automaten bezahlt hatten, ging es schnell noch zu „min købmand“, es mussten noch ein paar Kleinigkeiten für die Proviantkiste besorgt werden. Anschließend ein kurzer Spaziergang zum Restaurant „Portofino“ in der Nähe des Hafens. Knusprige Pizza und ein frisches Carlsberg vom Fass – unsere Belohnung für einen langen Segeltag!

Der nächste Morgen weckte uns mit strahlendem Sonnenschein, und wieder ging es schon zeitig aus der Koje. Unsere Nachbarn saßen beim Frühstück im Cockpit, als wir Klintholm bei totaler Windstille um kurz nach 7 Uhr achteraus gelassen haben. Knapp 50 sm lagen vor uns. Ohne Wind und ohne Segel, nur mit der „Unterwasser-Genua“. 😳 Das ist absolute Königsdisziplin für alle Segler, und es sollte nicht der letzte Motor-Marathon während unseres Sommertörns sein, dazu später mehr. Aber wir wollen uns nicht beklagen, die Sonne hat uns den lieben langen Tag auf dem Wasser verwöhnt – von Regen keine Spur. Das hat ja auch mal was.

Skipper Thue
Gut gelaunt bei Sonnenschein am Steuerstand: mein Skipper
Was macht die Bordfrau, damit sie sich unterwegs nicht langweilt? Natürlich das, womit sie sich auch zuhause gern die Zeit vertreibt… Bei einem längeren Telefonat mit meiner lieben Freundin Barbara wurden die neuesten Neuigkeiten ausgetauscht. Thue verdrehte zwar schon nach einer halben Stunde die Augen, aber zum Glück sind die Roaming-Gebühren ja mittlerweile abgeschafft worden. 😜 Anschließend haben wir zusammen unsere Freundin Christiane angerufen und ihr mit einem dänischen Liedchen zum Geburtstag gratuliert. Das Geburtstagskind saß bei hochsommerlichen Temperaturen daheim und beneidete uns – sie musste sich noch fast vier Wochen gedulden, bis ihr Sommertörn an Bord ihrer „Molch“ endlich losging.

Der Autopilot machte seinen Job gut, und mein Skipper vertrieb sich die Zeit damit, die AIS-Liste auf dem Plotter zu checken. Sind in unserer Nähe Schiffe unterwegs, die wir kennen? Und tatsächlich – die beiden schönen 12-m-Klassiker „Vim“ und „Vanity“ tauchten auf. Sie waren unterwegs zur „Tune Up Regatta“ in unserem Heimathafen Dyvig.

Auf dem Weg nach Rostock mussten wir die Kadetrinne überqueren, laut Wikipedia das schwierigste und gefährlichste Fahrwasser der gesamten Ostsee. Das war spannend, weil es jede Menge Schiffsverkehr gab. Souverän manövrierte Thue das elbkind zwischen Frachtern, Tankern und Containerschiffen hindurch. Ungefähr 8 Meilen vor Rostock kam überraschend doch noch eine leichte Brise auf, der Windmesser zeigte zwischen 5 und 6 m/s an. Theoretisch hätten wir also noch segeln können, aber praktisch waren wir zu faul. 😄

Am Nachmittag kam am Horizont unser Ziel in Sicht: der Yachthafen Rostock – Hohe Düne. Von anderen Seglern hatten wir schon Einiges über dieses Ziel gehört und waren gespannt, was uns erwartet.

Klintholm-Rostock
Törn von Klinthom nach Rostock
Im Hafenlotsen hatten wir gelesen, dass der Hafen 920 Liegeplätze bietet, deshalb waren wir unbesorgt, keinen Liegeplatz zu finden. Gleich hinter der Hafeneinfahrt wurde uns schlagartig klar, dass wir nun nicht mehr im gemütlichen Dänemark, sondern im gut organisierten Deutschland unterwegs waren. Die Hafengassen waren mit den jeweils passenden Schiffslängen gekennzeichnet. So kann jeder Segler sicher sein, dass die Box, die er sich ausgeguckt hat, nicht zu lang oder zu kurz für sein Schiff ist. Was uns allerdings völlig schleierhaft war: wieso waren eigentlich alle Boxen an steuerbord rot und an backbord grün? Wir sind bis zum Schluss nicht dahinter gekommen. 😳

Wir hatten geplant, einige Tage in Rostock zu bleiben, und weil die Wettervorhersage reichlich Wind aus West ankündigte, wollten wir gern mit dem Bug in Windrichtung liegen. Also klapperten wir eine ganze Weile die Hafengassen ab, bis wir einen passenden Liegeplatz an einem der Schwimmstege gefunden hatten. Festmachen, Schiff aufklaren und anschließend erstmal die Seebeine vertreten. Los ging’s zur ersten Erkundungskur durch die Marina. Der erste Weg führte uns zum Hafenbüro, das wie eine Art Hotelrezeption anmutete. Hier funktioniert das Check-In, als hätte man ein Hotelzimmer reserviert. Natürlich hatten wir uns nicht gemerkt, an welchem Steg und auf welcher Platznummer unser Schiff lag, darum durfte ich noch mal zurück zum Steg traben und meinem Gatten alle Infos per Handy durchgeben. Ohne diese Angaben war es dem Hafenassistenten nämlich leider nicht möglich, unser Schiff in seinem Computerprogramm zu registrieren. Na super, das ging ja gut los…🙃

Für die Segler unter Euch kommen hier die wichtigsten Informationen zum Yachthafen Ostsee – Hohe Düne:

  • Lage: unmittelbar östlich der Warnow-Mündung
  • Ansteuerung: 54°11,06′ N 12°5,91’E – problemlos Tag und Nacht, die Molenköpfe sind befeuert.
  • Liegeplätze: an Schwimmstegen, entlang der Mole befinden sich Plätze für Schiffe bis zu 60 m Länge. Die Hafengassen sind großzügig bemessen und bieten viel Platz zum Manövrieren.
  • Hafenshop mit Produkten für den täglichen Bedarf, morgens frische Brötchen
  • Waschmaschine / Trockner
  • Schnelles WLAN
  • Sanitäre Anlagen: Die Nutzung ist ausschließlich mit einem Transponder möglich, den es gegen Hinterlegung einer Kaution im Hafenbüro gibt.
  • Marine Science Center mit Seehunden
  • Wassersportkurse (Tauchen, Segeln…)
  • Yachtcharter
  • Strom: kostenlos an den Stegen, Frischwasser kostet 1 € pro 120 Liter

Unser Fazit: Der Hafen ist einem Luxushotel / Kongresszentrum angeschlossen und wirkte auf uns etwas steril und unpersönlich – uns fehlte die gemütliche Atmosphäre. Vielleicht ist das bei einem Hafen dieser Größe auch zu viel verlangt. Auf dem Gelände gibt es diverse Restaurants, Bars, eine kleine Shopping-Meile und SPA- und Wellnessangebote. Wir sind lieber mit der Fähre der „weißen Flotte“, (der Anleger ist in 5 min. zu Fuß zu erreichen) nach Warnemünde gefahren, um am „Alten Strom“ essen zu gehen und zu bummeln.

Warnemünde
Der Alte Strom in Warnemünde
In Warnemünde haben wir uns spontan mit Undine vom Blog Undiversell und ihrem Mann Sven getroffen. Undine und ich hatten uns im Frühjahr bei einer Bloggerkonferenz in Hamburg kennengelernt und waren uns sofort sympathisch. Da dachte ich mir: wenn wir schon mal in Rostock sind, könnten wir uns doch eigentlich mal verabreden. Undine und Sven waren sofort einverstanden, und beim Italiener am alten Strom haben wir bei Pizza, Pasta, Bier und einem kleinen Kümmel einen supernetten Abend mit interessanten Gesprächen verbracht. Die Chemie stimmte auf Anhieb und wir hatten das Gefühl, dass wir uns schon eine halbe Ewigkeit kennen!

Blogger-Treff mit Undine
Die Bloggerinnen mit ihren Ehemännern
Für eine gemütliche Stimmung an Bord hat uns die liebe Undine ein süßes, selbst gemachtes Häkel-Teelicht geschenkt. Ist das nicht süß? So richtig maritim, das passt perfekt zum elbkind. Wer sich für DIY interessiert und gern bastelt, häkelt, näht, kocht oder backt ist bei Undine genau richtig. Sie ist so kreativ und hat immer wieder neue, tolle Ideen, mit denen sie mich total inspiriert. Schaut doch mal auf ihrem Blog vorbei, es lohnt sich!

Teelicht von Undine
Maritimes DIY-Häkel-Teelicht
Unsere Zeit in Rostock ist wie im Flug vergangen. Irgendwas war immer los und es gab ständig was zu sehen und zu erleben: Eine Opti-Regatta, eine Fahrt mit einem Ausflugsdampfer nach Rostock mit Frühstück am Marktplatz, die Marienkirche und die beeindruckende astronomische Uhr aus dem Jahr 1472, die volksfestartige Stimmung beim Auslaufen der „Aida Mar“ oder traumhafte Sonnenuntergänge über dem Hafen.

Rostock war ein schöner Auftakt für unseren Törn entlang der Küste von Mecklenburg-Vorpommern. Nach drei abwechslungsreichen und sehr windigen Tagen ging es bei Flaute (!!!) weiter nach Kühlungsborn.

 

Zwischen Königin und Christianshavn: Kopenhagen

Ahoi Ihr Lieben, hier kommt nun endlich unser Kopenhagen-Bericht. Ich gebe zu, es hat ein Weilchen gedauert, aber irgendwie bin ich gerade im „Hygge-Modus“. Die Bloggerei macht mir zwar großen Spaß, kostet aber auch viel Zeit. Und in erster Linie wollen wir ja segeln und das Leben genießen. Das versteht Ihr bestimmt, oder? Aber jetzt, los geht’s!

Bei leichtem Wind und einem angenehmen Sonne-Wolken-Mix haben wir uns vormittags von Helsingør verabschiedet und Kurs auf Kopenhagen genommen. Ein kurzer Törn von nur knapp 20 sm lag vor uns, und bei westlichem Wind konnten wir unter Vollzeug auf Halbwindkurs herrlich segeln. Endlich mal wieder! Es ging zwar eher gemächlich voran und das elbkind machte nur zwischen drei und fünf Knoten Fahrt, aber immerhin. Man muss ja schon dankbar sein, dass der Wind mal gnädig gestimmt ist und der Volvo ausnahmsweise geschont werden kann. Wenn unser Tempo unter drei Knoten sinkt, wird mein Skipper allerdings schnell zappelig und überlegt, den Motor mitlaufen zu lassen. Dann ist die einfühlsame Bordfrau gefragt, die ihn besänftigt und ihn daran erinnert, dass doch der Weg das Ziel ist und wir alle Zeit der Welt haben. Und das ist ja gerade das Schöne, für irgendwas muss das Älterwerden schließlich auch gut sein, oder? Nach gut viereinhalb Stunden erreichten wir gegen 16 Uhr den Tuborg Havn in Hellerup. Mithilfe von AIS und Marine Traffic waren Jakob und Cathrine dem elbkind im Internet gefolgt und hatten sich schon ziemlich genau ausgerechnet, wann wir ankommen würden. Als wir einliefen, stand Jakob schon lachend auf dem Steg, und nur ein paar Minuten später trudelte auch Cathrine ein.

Route Helsingør-Tuborg Havn

Die Wiedersehensfreude war natürlich groß. Schnell haben wir zusammen das Schiff aufgeklart und anschließend im Cockpit zusammengesessen und geklönt. Weil das Wetter ganz gut mitspielte, wurde ein kleiner Grillabend geplant. Die Herren der Schöpfung verschwanden zum Einkaufen und ich unter der Dusche. Am frühen Abend kam noch Anne-Marlene dazu, und wir haben einen netten Familienabend zu fünft verbracht.

Grillabend Familie
Die lieben Kleinen…

Ein paar Tage Urlaub vom Skipper bzw. von der Bordfrau können manchmal ganz erholsam sein, 🙃 aber das war nicht der einzige Grund, warum ich mich zwei Tage später in den Zug nach Hamburg gesetzt habe: Meine ahnungslose Mama sollte nämlich zum Geburtstag überrascht werden. Die Überraschung ist geglückt, und bei traumhaftem Wetter konnten wir sogar draußen feiern. Das Geburtstagskind ist offensichtlich artig gewesen…☀️

img_5927.jpg
Geburtstag mit der Family

Währenddessen hatte mein Däne in Kopenhagen beim Hafencamping mit Regen, Wind und Gewittern zu kämpfen. Das Wetter war unterirdisch! Ich brauchte also gar kein schlechtes Gewissen zu haben, weil ich Heimaturlaub beantragt hatte – wir hätten sowieso nicht segeln können. Thue hat viel Zeit mit den Kids verbracht, die Ruhe an Bord genossen, viel gelesen, Radtouren durch Kopenhagen gemacht, den Wachwechsel am Schloss Amalienborg beobachtet (gelegentlich treibt ihn die Sehnsucht an seinen früheren Arbeitsplatz💂🏻) und im Tuborg Havn ein Seglerehepaar kennengelernt, das zuhause in Norderstedt nur einige hundert Meter Luftlinie von uns entfernt wohnt. Mein Reden, die Welt ist ein Dorf und man sollte sich unbedingt überall anständig benehmen.🙃

Tuborg Havn
Dunkle Wolken über dem Tuborg Havn

Als ich einige Tage später aus Hamburg zurückkam und in Hellerup aus dem Bus stieg, wurde ich schon von Martine, Jan und Thue am Restaurant „Rotunden“ erwartet. Martine und Jan sind alte Freunde aus Thues „früherem Leben“ in Dänemark, die drei hatten sich schon seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen und erzählten lachend, dass es offenbar nicht so einfach gewesen war, sich gegenseitig überhaupt wiederzuerkennen, denn im Laufe der Jahre war so manches Haupthaar ergraut, Thue trägt inzwischen einen Bart und ein paar kleine Lachfalten waren bei allen Beteiligten natürlich auch dazugekommen. Man schlich also ein paarmal aneinander vorbei und beäugte sich, bis zuletzt ein Telefonat die Situation klären konnte. Zum Piepen! Wir haben einen sehr schönen Abend zu viert verbracht, gut gegessen und geplauscht und uns versprochen, dass bis zu unserer nächsten Verabredung auf keinen Fall wieder 25 Jahre vergehen werden.

Am nächsten Morgen gab’s Frühstück bei Emmerys im Strandvejen, das ist eine 100%ig ökologische Bäckerei. Brot, Brötchen, Kuchen und Gebäck sind hand- und hausgemacht und lecker, und der Kaffee sowieso. Während wir die Straße entlangschlenderten, fiel uns auf, dass alles mit rot-weißen Fähnchen geschmückt war, aber es hat ein Weilchen gedauert, bis der Groschen fiel: stimmt ja, Königin Margrethe und Prinz Hendrik feiern ihre Goldene Hochzeit, und ganz Dänemark freut sich mit! Deshalb also die hübsch dekorierte Straße, sogar an den Linienbussen flatterten rot-weiße Fähnchen im Fahrtwind. Ist das nicht nett?

Rot-weiße Fähnchen am Strandvejen

Im Tuborg Havn stehen den Gastliegern kostenlose Fahrräder zur Verfügung, deshalb konnten wir unsere Bordfahrräder nachmittags in der Backskiste lassen, haben uns zwei Drahtesel ausgeliehen und eine Radtour in die Innenstadt gemacht.

Erstes Ziel: der Christianshavn. Der gemütliche Hafen hat eine ganz besondere Atmosphäre, und bei jedem Kopenhagen-Besuch zieht es uns dorthin. Trotzdem können wir uns einfach nicht durchringen, mit dem elbkind mal dort anzulegen. Das hat verschiedene Gründe: Christianshavn ist bei vielen Seglern sehr beliebt und deshalb meistens überfüllt. Außerdem ist unser Schiff nicht gerade kurz, und es gibt wohl kaum Liegeplätze, bei denen das Heck nicht ins Fahrwasser herausragen würde. Alle paar Minuten tuckern Ausflugsboote mit Touristen vorbei, das verursacht Schwell. Außerdem waren uns merkwürdige Geschichten zu Ohren gekommen: Rund um den Christianshavn wird gern gefeiert (Christiania ist nicht weit entfernt), dann geht es natürlich feucht-fröhlich zu und es soll vorgekommen sein, dass sich Leute aufs Schiffsdeck / ins Cockpit erleichtert haben 🤢. Dazu kommt, dass immer wieder Schiffe aufgebrochen wurden, während die Crews ahnungslos in irgendeinem Restaurant gesessen haben. Nö, wir bleiben lieber im Tuborg Havn, auch wenn die Hafenatmosphäre nicht einmal ansatzweise mit der im Christianshavn vergleichbar ist. Aber mit den Drahteseln kommen wir immer wieder gern zu Besuch, um in die gemütliche Stimmung einzutauchen.

Was es in der Innenstadt alles zu sehen gab! Unser nächstes Ziel war „Papirøen“, die Papierinsel, die bis Ende 2012 das letzte industrielle Gebiet im Hafen ohne Zugang für die Öffentlichkeit war. Hier wurde früher das Papier für die Tageszeitungen gelagert. Inzwischen sind die Lagerhallen geschlossen, und Papirøen entwickelt sich zu einer vibrierenden Location für Ausstellungen, kleine, kreative Shops, Cafés, Restaurants, aber alles nur auf Zeit. Auch Copenhagen Street Food ist hier zu finden, es hat die Bewohner Kopenhagens im Sturm erobert. Durch die neuen Brücken, die das Gebiet mit der übrigen Stadt verbinden, sieht die Zukunft für diesen neuen Teil der Kopenhagens rosig aus. Vom  „Wish Tree Garden“ von Yoko Ono war ich sofort begeistert und habe mir gleich Zettelchen und Stift besorgt, um meinen Herzenswunsch darauf zu verewigen und anschließend in einem der Bäume aufzuhängen. Mein etwas leidenschaftsloser Skipper hatte angeblich keine Wünsche. Männer – tsss! Andererseits – wenn er wunschlos glücklich ist, habe ich wohl bisher alles richtig gemacht. 😉

Weiter ging es in Richtung Nyhavn. Als wir an der Kunsthalle Charlottenborg vorbeikamen, fiel uns an der Fassade eine Installation des chinesischen Künstlers Ai Weiwei ins Auge. Stop – das mussten wir erstmal in Ruhe auf uns wirken lassen. Das berührende Kunstwerk heißt Soleil Levant, übersetzt „aufgehende Sonne“. Die Fenster der Kunsthalle wurden mit 3.500 Rettungswesten von Flüchtlingen, die auf der griechischen Insel Lesbos gestrandet sind, vollständig verbarrikadiert. In den Jahren 2015 und 2016 sind laut dem UNHCR 1.377.349 Menschen über das Meer nach Europa gekommen; mehr als 8.000 kamen auf ihrer Reise ums Leben. Auf diese humanitäre Krise, von der Europas Küsten nach wie vor betroffen sind, möchte Ai Weiwei mit seinem Werk aufmerksam machen.

Diese Eindrücke mussten wir bei einer kleinen Kaffeepause erst mal sacken lassen, bevor es wieder zurück zum Hafen ging.

Insgesamt sind wir 11 Tage im Tuborg Havn geblieben, haben uns einfach treiben lassen und viel Zeit mit der Familie verbracht. Weil in Dänemark und Schweden mittlerweile die Schulferien begonnen hatten und überall volle Häfen zu erwarten waren, fiel der spontane Entschluss, ein lang gehegtes Projekt in Angriff zu nehmen: wir wollten endlich mal die Küste von Mecklenburg-Vorpommern erkunden! Dazu später mehr.

Bevor ich es vergesse: hier kommen für die Segler unter Euch noch schnell ein paar Eckdaten zum Tuborg Havn (55° 43,58′ N; 012° 35,10′ E):

  • 360 Liegeplätze, Wassertiefe zwischen 3 und 5,5 m
  • Toiletten und Duschen (kostenlos)
  • Waschmaschine und Trockner (Flatrate, 1 x zahlen und den ganzen Tag waschen).
  • Kostenlose Leih-Fahrräder (sogar für Kinder!) mit Gangschaltung
  • Strandnähe
  • Grillplatz
  • Kinderspielplatz
  • Einkaufsmöglichkeiten und Restaurants ganz in der Nähe (Waterfront Shopping)
  • Gute Busanbindung für Ausflüge in die Stadt (Linie A1)
  • Tankstelle
  • WiFi war zwar in unserem Hafenführer vermerkt, funktionierte aber nicht 😐

Wo Segelpausen Spaß machen: Helsingør

Schön war’s in Helsingør. Vielleicht sogar schöner als vor zwei Jahren, weil wir uns im Hafen und in der Stadt ja schon auskannten. Man legt an und ist da, muss nicht mehr nach einem Bäcker oder dem nächstgelegenen Supermarkt suchen und weiß, wo man das Hafengeld bezahlen kann. Wir sind ein paar Tage geblieben und haben auf besseres Segelwetter gewartet. Nachdem in den Wochen zuvor die Sonnenmilch schneller leer war als abends das Dosenbier, mussten wir schweren Herzens unsere Regenjacken wieder rauskramen und ein starker Nordwestwind pustete uns fast die Mützen vom Kopf.

Trotz des miesen Wetters haben wir die Zeit locker rumgekriegt. Thue nutzt unsere Aufenthalte im Großbereich Kopenhagen gern, um sich mit langjährigen Freunden oder Bekannten zu verabreden. Ein Treffen mit Steffen, seinem früheren Arbeitskollegen, war über FB schnell vereinbart, und auch Thues alter Kumpel Gert kam uns an Bord besuchen. Nach einem Männerspaziergang rund um das Kronborg Slot gab es Klönschnack, Kaffee und Wienerbrød (dänisch für „Kopenhagener“) unter der Kuchenbude.

Gegen Abend sind wir dann zum Værftets Madmarked spaziert, so heißt Helsingørs neuer Streetfood-Treffpunkt, der Anfang Mai 2017 seine Tore geöffnet hat. Der Culture Yard, das maritime Museum und das Schloss Kronborg liegen in unmittelbarer Nachbarschaft. In einer alten Werfthalle werden in rustikaler maritimer Atmosphäre an nett aufgemachten Ständen und Verkaufswagen internationale Snacks und Gerichte angeboten. Die Halle ist zwar noch nicht voll belegt und die Belüftung war auch noch etwas verbesserungsbedürftig, aber das Ganze steckt ja auch noch in den Kinderschuhen. Alles braucht seine Zeit.

Ein ähnliches Streetfood-Konzept war uns schon in Århus begegnet, und wir haben den Eindruck, diese Alternative zum Restaurantbesuch scheint in Dänemark voll im Trend zu sein. Eine schöne Sache auch für Segler, denn ein kleiner Bummel durch unterschiedliche Esskulturen ist nach einem langen Tag auf dem Wasser bestimmt ein Highlight. Das Essen im Værftets Madmarked ist bezahlbar, für jeden Geschmack ist was dabei und der Yachthafen liegt nur fünf Gehminuten entfernt. Die Food-Stände schließen übrigens gegen 20.00 Uhr, Getränke werden auch noch länger ausgeschenkt. Aha. Na dann: guten Appetit und Prost! 🍷🍺🍹

Obwohl es hier ja in erster Linie ums Segeln und nicht ums leibliche Wohl gehen soll, möchte ich trotzdem schnell noch einen kulinarischen Tipp loswerden. Auf Eure To-Do-List für Helsingør gehört nämlich unbedingt auch ein Besuch im Café Karisma. Es liegt in der Fußgängerzone (Stengade 56) in der Innenstadt und ist eine Wohlfühl-Frühstücks-Oase mit hyggeliger Atmosphäre, frisch gemahlenem Kaffee und selbst gebackenem Brot. Mein Skipper als Croissant-Junkie hat den Karisma-Hörnchen eine Eins mit Stern ⭐️ gegeben. Damit nicht genug, das Café bietet auch eine große Auswahl an frisch gepressten Säften und Smoothies, Tees, Torten und Kuchen an. Lustige Sprüche an den Wänden tragen zur Erheiterung der Gäste bei, und das WLAN ist blitzschnell und kostenlos – gerade bei Regenwetter der ideale Ort für bloggende Bordfrauen. 😉

So, nun aber genug geschlemmt und geschwärmt, raus aus dem Café und rein ins kalorienfreie Leben!

Am Kulturhafen von Helsingør ist uns einiges begegnet, was uns bei unserem letzten Besuch gar nicht ins Auge gefallen ist. Das relativ neue und silbrige Wahrzeichen Helsingørs zum Beispiel – die männliche Version der Kleinen Seejungfrau aus Kopenhagen namens „Han“. Oder der Skulpturfisch Guldbrasen fra Øresund, geschaffen von der japanischen Künstlergruppe Yodogawa Technique, die Abfall in Kunst verwandelt hat. Der riesige Fisch besteht aus Plastikspielzeug, Benzinkanistern, Gartenmöbeln und sonstigen Hinterlassenschaften der Menschheit. Als wir direkt vor ihm standen und jedes einzelne Teil erkennen konnten, kamen wir ins Grübeln – das Stichwort heißt Nachhaltigkeit. Und genau das war wohl die Triebfeder der Künstler: die Menschen zum Nachdenken zu bringen und ihr Umweltbewusstsein zu schärfen. Ein beeindruckendes Kunstwerk.

Wenn wir durch die Fußgängerzone von Helsingør schlendern, gehört natürlich ein Abstecher in das tollste Käsegeschäft Dänemarks Lynhjems Eftf. Ole Jensen in der Stengade 19 dazu. Das muss unbedingt sein, denn für uns ist Käse die schönste Wurst. Die Auswahl ist einfach bombastisch, und überall im Laden stehen Probierhäppchen für den interessierten Käsekunden bereit. 😋

Wenn wir unterwegs sind, machen wir gelegentlich lustige Ratespiele mit unserem Segelfreund Hein Mück. Per WhatsApp schicken wir ihm ein Foto einer Location und er muss dann raten, wo wir gerade sind. Diesmal bekam er diese Aufgabe:

Käseladen Helsingør
Prima, prima – Käse aus Dänemark! 🇩🇰
Als weit gereister Dänemark-Segler kennt Hein Mück sich natürlich bestens aus, und die Antwort mit der Lösung kam wie aus der Pistole geschossen:

„Helsingør! Wann kommt unser Käsepaket? Genießt die schöne Stadt!“
Darauf Thue: „Welche Sorte? Wie reif soll er sein?“
Dann Hein Mück: „Wir nehmen alles, haha!“

Das haben wir uns natürlich nicht zweimal sagen lassen! Also rein ins Käsegeschäft, wo uns der Verkäufer eine dicke Scheibe Stinkekäse in mehrere Lagen Papier eingepackt hat. Schnell wurde noch eine kleine Grußkarte dazu geschrieben, und dann ging die Käsebestellung in einem Jiffy-Umschlag per Post nach Freiburg an die Elbe. Eine nette kleine Überraschung für Hein und Rosi. Die beiden haben sich (angeblich) gefreut, und der Geruch soll sich tatsächlich in Grenzen gehalten haben, trotz der drei Tage Transport und der unterbrochenen Kühlkette. 🧀😄

Auch in Helsingør zog es mich wieder zu den Kirchen der Stadt, ihrer Anziehungskraft kann ich einfach nicht widerstehen. Diesmal konnte ich Thue dazu überreden, die Skt. Mariæ Kirche und das Karmeliterkloster Vor Frue zu besichtigen. Das im Jahr 1430 gegründete Kloster wurde vom damaligen dänischen König Erik von Pommern gestiftet und ist eine der schönsten und am besten erhaltenen Klosteranlagen in Nordeuropa. Nach der Reformation wurde das Kloster aufgelöst, und ein Altenheim und ein Krankenhaus fanden hier ihren Platz. Noch heute kann man die Kreuzgänge und den schönen Klostergarten bewundern.

Auch die St. Mariæ Kirche hat uns mit ihren gut erhaltenen Decken- und Wandmalereien und einer Orgel aus dem Jahr 1662 sehr beeindruckt. Auf der Orgel hat schon der deutsche Komponist Dietrich Buxtehude während seiner Zeit als Organist in der Kirche gespielt.

Drei Tage und vier Nächte sind wir in Helsingør geblieben. Die Atmosphäre im Hafen ist jedes Mal etwas Besonderes. Das geschichtsträchtige Kronborg Slot im Hintergrund und der Blick über den Øresund nach Schweden, das nur einen Steinwurf entfernt liegt – das gibt’s nur einmal, und ich bin sicher, dass wir nicht zum letzten Mal hier waren. Aber unser Sommertörn sollte weitergehen. Nach vier Nächten und drei Tagen setzten wir die Segel in Richtung Kopenhagen, die Familie wartete schließlich schon auf uns… 😊

Yachthafen Kronborg

 

Anholt im Zeitraffer und ein blinder Passagier

Weil es in Århus sonnig und trotzdem einigermaßen windig gewesen war, hofften wir auf einen guten Segelwind für unseren Törn nach Anholt – immerhin um die 60 sm entfernt. Zuerst überlegten wir noch, vielleicht einen Zwischenstopp in Grenå zu machen, aber der Hafen steht grundsätzlich nicht ganz oben auf unserer Wunschliste und das sommerliche Wetter war einfach zu perfekt für einen kurzen Törn. Also auf nach Anholt! Am Ende des Tages sind wir neun Stunden auf dem Wasser gewesen und die Zeit ist uns überhaupt nicht lang geworden. Allerdings hat es nicht lange gedauert bis der Wind abflaute, und wir – wieder mal – den Motor starten mussten. Murphys Law? Gefühlt ist es nämlich so: wenn wir an Land sind, bläst der Wind wie verrückt. Kaum sind wir aber unterwegs und wollen segeln, geht dem himmlischen Kind oft die Puste aus. Auch egal, schließlich lachte die Sonne vom blauen Himmel und wir tuckerten gemütlich in Richtung Anholt. Nach ein paar Stunden näherte sich von hinten ein Tankschiff, das unser elbkind irgendwie auf dem Kieker hatte. Erst dachten wir noch, der Kapitän macht vielleicht gerade Mittagspause und hat uns deshalb nicht so richtig auf dem Schirm. Aber schon nach kurzer Zeit fühlten wir uns wie Dr. Kimble auf der Flucht, denn immer wenn wir unseren Kurs geändert haben, um ihm auszuweichen, entschied sich unser Verfolger, es uns gleichzutun. Was war denn da los? Weit und breit war kein anderes Schiff in Sicht, und das Wasser war auch tief genug. Es gab also überhaupt keinen Grund für seine eigenartigen Manöver. Am Ende haben wir einfach unser Tempo gedrosselt und die Nervensäge schräg vor uns durchlaufen lassen. Wahrscheinlich hat sich der Kapitän nur einen Scherz mit uns erlaubt, weil ihm gerade langweilig war. 😉

Immer diese Drängler!
Dichter geht’s kaum. Immer diese Drängler!
Gegen 18.00 Uhr waren wir auf Anholt fest. Unsere Stegnachbarn, ein nettes deutsches Ehepaar mit einer Comfortina, nahmen unsere Leinen an. Dann wurde das elbkind vom Steg aus noch einmal nach hinten gefiert, denn Thue wollte lieber eine Leine als den Ankerhaken an der Heckboje befestigen. Falls der Wind beim Ablegen zu kräftig weht, ist die Leine beim Ablegen ja viel leichter gelöst als der Haken. Mein smarter Skipper denkt eben immer mit… 😇

Dann wurde erstmal unser Hocker rausgekramt. Er kann zusammenklappt werden , wohnt im Ankerkasten und kommt immer dann zum Einsatz, wenn wir an einem Schwimmsteg anlegen. Dieses überaus nützliche Schätzchen haben wir uns vor ein paar Jahren zugelegt, nachdem wir in der Marina von Fåborg bei Hochwasser kaum noch an Bord klettern konnten. (Hoffentlich hat uns damals niemand beobachtet, das Ganze war an Situationskomik nämlich kaum noch zu überbieten). 🙃

Nachdem wir das Schiff aufgeklart hatten, war dringend ein Anlegebier fällig. Noch in Segelklamotten ging es schnurstracks rüber zur Hafenkneipe „Hele Molevitten“. Von unserem letzten Anholt-Besuch hatten wir nämlich noch das ultimative Happy-Hour-Angebot in bester Erinnerung: zwei Bier zum Preis von einem, und das ist bei den gepfefferten dänischen Preisen ein echtes Schnäppchen.🍻 Das Angebot war zwar leider nicht mehr aktuell, aber ein kühles Bierchen wurde trotzdem gezischt. Besonders viel war nicht los im Hafen und es war deutlich spürbar, dass noch Vorsaison war. Während der Sommerferien in Dänemark und Schweden kann man auf Anholt nämlich trockenen Fußes übers Hafenbecken gehen, weil es so picke-packe-voll ist, dass die meisten Schiffe im Päckchen liegen müssen.

Am nächsten Morgen nach dem Frühstück haben wir einen ausgiebigen Spaziergang durch die schöne Natur rund um den Hafen gemacht und aus der Ferne den herrlichen Ausblick auf den Hafen im Bild eingefangen. Nachmittags ging es dann barfuß am Strand entlang. Meine Lieblingsbeschäftigung: Nach Hühnergöttern Ausschau halten, kennt Ihr diese schönen, dekorativen Lochsteine? Zuhause habe ich schon einige Exemplare auf ein Band gezogen und an unserem Gartenhaus aufgehängt – das soll nämlich Glück bringen und den bösen Blick abwenden. Aber auch an einem Lederband um den Hals der Bordfrau kommen die besonderen Strand-Fundstücke ganz groß raus…👍🏼😊

Nach nur zwei Nächten auf meiner Trauminsel rief Thue morgens seine Crew (also mich) zusammen und es wurde Kriegsrat abgehalten. Mein Skipper machte sich nämlich Sorgen wegen der Windvorhersage für die nächsten Tage. Ein markantes Sturmtief war angesagt, und weil Thue keine Lust hatte, bei grauem Himmel, Starkwind und frischen Temperaturen tagelang auf Anholt einzuwehen, musste die Bordfrau schließlich klein beigeben. Dabei wäre ich so gern noch mal zum Leuchtturm gewandert, dem einzigen Ort in Dänemark, an dem man Seehunde vom Land aus beobachten kann! 😢 Aber die allererste Grundregel an Bord ist nun mal, dass der Skipper immer recht hat, und deshalb haben wir gemeinsam entschieden, erstmal wieder in südliche Richtung zu segeln. Gilleleje oder Helsingør hatten wir im Visier, je nachdem, wie’s läuft mit der Segelei und wie es um unsere Motivation bestellt ist.

Gegen 10.30 Uhr ließen wir Anholt im Kielwasser liegen. Anfangs wehte der Wind noch moderat um die 5 bis 6 m/s, Großsegel und Fock waren oben und wir konnten bei ca. 6 kn auf Amwindkurs segeln. Optimale Bedingungen, nur leider nicht von langer Dauer. Wie war das noch mit Murphy’s Law? Nach einer guten Stunde starb der Wind beinahe ab und wir mussten wieder mal den Volvo mitlaufen lassen. So viel wieder mal zur Zuverlässigkeit der Wetterseiten im Internet. DMI, YR.NO, Windguru & Co. können uns wirklich bald mal den Buckel runterrutschen.

Ganz überraschend bekamen wir Besuch an Bord! Ein völlig zerzauster, grünlich gefärbter Piepmatz* landete plötzlich auf dem Vorderdeck und es dauerte gar nicht lange, bis er sich sogar bis zu uns ins Cockpit vorwagte. Der kleine Kerl war erstaunlich zutraulich, ganz offensichtlich war ihm sein natürlicher Fluchtinstinkt völlig abhanden gekommen, weil er total erschöpft war. Die angebotenen Brötchenkrümel und Wasser gegen den Durst interessierten ihn überhaupt nicht; stattdessen inspizierte er das Cockpit, hopste vom Steuerrad zur Winsch, saß auf den Leinen, guckte neugierig ins Schwalbennest und wagte sich anschließend sogar bis unter die Sprayhood vor. Wir hatten den kleinen Kerl sofort ins Herz geschlossen und freuten uns über die Abwechslung. Als wir ihn gerade adoptieren wollten, hat er sich leider entschieden, weiterzufliegen. Dabei waren wir 15 sm von Anholt entfernt, das war ziemlich mutig von ihm. Hoffentlich hat er es bis ans rettende Land geschafft.

Nach knapp 60 sm hatten wir Helsingør endlich erreicht – einen der größten Jachthäfen Dänemarks. Obwohl der Hafen über 900 Liegeplätze hat, kurven wir jedes Mal ewig herum, bevor wir endlich eine passende Box finden. Die meisten Plätze sind nämlich von Festliegern belegt, nicht auf grün umgestellt, zu kurz, zu schmal, die Wassertiefe der Hafengassen reicht nicht aus oder dem Skipper gefällt die Windrichtung nicht (er möchte nämlich am liebsten im Windschatten im Cockpit sitzen). Irgendwann haben wir es dann doch geschafft und das elbkind war am Steg fest. Da war es schon fast 21.00 Uhr, und sofort ging es im Stechschritt in die Stadt. Wir brauchten dringend noch irgendwas Warmes auf die Gabel. Und was schmeckt nach so einem langen Tag auf dem Wasser am besten? Junkfood natürlich! Wir bestellten einen Burger mit doppelt Käse, Bacon und Country Potatoes. Natürlich kalorienfrei. 🍔🙃

Route Anholt Helsingør

Nun konnten wir uns auf ein paar abwechslungsreiche Tage in Helsingør freuen. Zuletzt hatten wir die schöne Stadt an der schmalsten Stelle des Øresunds vor zwei Jahren besucht und waren happy, dass wir uns noch rechtzeitig vor dem Sturm retten konnten. Ausnahmsweise stimmte nämlich die Wettervorhersage mal.

*Weil wir gern wissen wollten, um was für ein Vögelchen es sich bei unserem blinden Passagier eigentlich gehandelt hat (das hat man davon, dass man damals im Bio-Unterricht nicht aufgepasst hat!) habe ich spätabends ein Foto an Jürgen vom Linsenfutter-Blog gemailt. Jürgen kennt sich nämlich in der Tierwelt bestens aus und erfreut uns täglich mit seinen schönen Fotos und Berichten. Gleich früh am nächsten Morgen war seine Antwort da: unser kleiner Freund muss ein Zilpzalp gewesen sein. So lernt man immer was dazu. Lieben Dank, Jürgen! 👍🏼

Und noch eine Premiere: Århus!

Ahoi Ihr Lieben, nun wird’s aber wirklich mal wieder Zeit für einen kleinen Blogbeitrag. In den letzten Tagen ließ nicht nur meine Schreib-Motivation leicht zu wünschen übrig, auch die WLAN-Versorgung in einigen Häfen ist eher, na sagen wir mal sub-optimal. Dann wird es schwierig mit der Bloggerei, denn gerade für Berichte mit vielen Fotos – so wie diesen hier – ist eine gute Internetverbindung natürlich unverzichtbar. Aber jetzt – besser spät als nie!

Die aufmerksamen Blog-Follower unter Euch reiben sich jetzt vielleicht die Augen. Århus? Wieso, es sollte doch nach Anholt gehen! Ihr habt natürlich recht, aber wir haben uns doch noch umentschieden und erst mal Kurs auf Dänemarks zweitgrößte Stadt genommen. Århus ist nämlich in 2017 Europas Kulturhauptstadt, und das wollten wir uns nicht entgehen lassen.

Zwischen Ballen und Århus liegen knapp 30 sm, für die wir knapp sechs Stunden gebraucht haben. Bei moderatem Südwestwind konnten wir mit Fock und Groß prima segeln. Je näher wir unserem Ziel kamen, umso mehr ging aber dem Wind die Puste aus, und wir mussten für die letzten Meilen doch noch den Motor starten. Unterwegs wurde Komma’s Hafenlotse intensiv studiert, wir mussten uns nämlich noch entscheiden, welchen Hafen wir anlaufen – Marselisborg oder Århus? Am Ende bekam Marselisborg den Zuschlag, denn es gab gleich mehrere Punkte, die uns überzeugen konnten:

  • Sehr gute sanitäre Anlagen (es gab sogar Regenduschen und Musik in den Toilettenräumen, das war richtig vornehm!)
  • Waschmaschine und Trockner
  • mehrere Restaurants, Eiscafé und ein Marine-Shop direkt vor der Nase
  • die ÖPNV-Verbindung die Stadt ist gut (Bus) und auch mit dem Rad ist man nicht lange unterwegs
  • und, ganz wichtig: beim Anlaufen konnte uns die Schnellfähre nach Odden nicht in die Quere kommen. 😉

Während wir durch die Århus Bucht liefen, hatten wir eines der weltgrößten Containerschiffe im Blick – die Mary Mærsk, die wie wir nach Århus unterwegs war. Sie ist knapp 400 m lang, 59 m breit und kann bis zu 18.270 Container aufnehmen. Gigantisch und sehr beeindruckend! Eine Nordborg 40 ist dagegen wirklich eine Mini-Nussschale…

Mary Mærsk
Direkt vor dem Hafenmeisterbüro und gut geschützt im Windschatten höherer Häuser haben wir einen Liegeplatz gefunden. Nachdem das Schiff aufgeklart und das Hafengeld bezahlt war, riefen erstmal die Hausfrauenpflichten, die es gelegentlich auch an Bord gibt. Zwei Maschinen Wäsche warteten auf Clementine 😉. Während die Waschmaschine lief, gab es zur Auflockerung nettes Hafenkino, es tauchte nämlich eine Gruppe von Stand-Up-Paddlern hinter unserem Heck im Hafenbecken auf. Dazu hätte ich eigentlich auch mal Lust. SUP statt Dinghi, das wär’s doch! Aber vielleicht sollte ich mich vorher lieber noch zum Schnupperkurs auf der Alster anmelden…

SUP-Kurs Marselisborg
SUP-Kurs im Hafen – das macht bestimmt Spaß!
Bei schönem Wetter hat der Yachthafen Marselisborg auch eine große Anziehungkraft auf Landratten, denn alle, die das Wasser lieben, zieht es natürlich an die Hafenkante. Das Wetter war noch immer herrlich sommerlich, und in jeder Ecke des Hafens sah man verliebte Paare, fröhliche Grüppchen oder Familien gemütlich mit Eistüten oder einem Bierchen in der Hand. Es war richtig viel los, und es herrschte eine tolle Urlaubsstimmung, fast wie in Italien. Abends gab’s dann Pizza beim Italiener „Martino“ gleich um die Ecke. Vom Balkon des Restaurants im ersten Stock hat man einen schönen Ausblick über Schiffe und Marina.

Am nächsten Morgen ging es bei schönstem Wetter auf Schusters Rappen in die Innenstadt. I’m walking….eine knappe halbe Stunde ging’s immer die Hauptstraße entlang. Århus ist eine hübsche, lebendige Universitätsstadt, und von ca. 300.000 Einwohnern sollen beeindruckende 50.000 Studenten sein. Die Stadt liegt in einem grünen Tal und ist umgeben von Wald und Strand. Unter dem Motto „let’s rethink“ hat sich Århus als Kulturhauptstadt Europas ein abwechslungsreiches Rahmenprogramm überlegt, das im Juni startet (wir waren also etwas zu früh da). Mehr Infos dazu findet Ihr hier.

Wir haben uns einfach durch die Stadt treiben lassen und die sommerliche Stimmung genossen. Bei der Stadtbibliothek Dokk1 im neuen Viertel Århus Ø am Hafen sind wir eigentlich eher zufällig vorbeigekommen und haben uns den beeindruckenden Neubau gleich mal von innen angesehen. Rund 4.000 Menschen besuchen täglich das futuristische Gebäude, in dem auch der Bürgerservice untergebracht ist. Ein kreatives und typisch dänisches Konzept.

Als Kirchenfan musste ich natürlich auch die Domkirche besichtigen. Thue, der mit Kirchen nicht sonderlich viel am Hut hat, wartete draußen. Gleich am Eingang fiel mir die Ankündigung für ein Gratiskonzert am frühen Abend auf. Orgel und Saxofon, das klang nach einer interessanten Kombination. Klassische Werke, vorgetragen von der Saxofonistin Henriette Jensen und David Peter Schmidt an der Orgel. Ich musste nur noch Thue überzeugen, mitzukommen. 😬

Gegen Nachmittag kam der kleine Hunger, und rechtzeitig fiel uns ein guter Tipp von Palle und Anne-Lise aus Juelsminde wieder ein: der Aarhus Central Food Market, direkt am Busbahnhof am Skt. Knuds Torv gelegen. Streetfood – offenbar ein neuer Trend in Dänemark! In einer alten Fabrikhalle gab es jede Menge Imbissbuden mit einer bunten Auswahl an kulinarischen Köstlichkeiten. An rustikalen Holztischen und -bänken sitzen dann wildfremde Menschen zusammen und es wird gemütlich geschmaust und geklönt. Was darf’s sein? Mexikanisch? Italienisch? Vietnamesisch? Ein Eis am Stiel vielleicht? Oder doch lieber Kaffee und Kuchen? Es ist bestimmt für jeden Geschmack was dabei und man hat die Qual der Wahl. Wir haben uns für leckere Schwarzbrot- (Rugbrød) Tapas entschieden, die bei strahlendem Sonnenschein draußen gefuttert wurden. Diese tolle Empfehlung möchte ich gern an Cornelia für ihren Beitrag Hafenkneipen und Restaurants für Segler weitergeben, denn die Verpflegung und das entspannt-lockere Konzept haben uns auf Anhieb überzeugt.

Der sommerliche Tag ging langsam ins Land und das Konzert rückte näher. Leider konnte ich Thue nicht davon überzeugen, mitzukommen, ihm taten wohl langsam die Füße weh und er wollte lieber zurück zum Schiff. Ich wollte mir das musikalische Highlight aber nicht entgehen lassen. Mich mal ein Stündchen zurückzulehnen und bei schöner Musik die Seele baumeln zu lassen – das war ganz nach meinem Geschmack. Wer Lust hat, kann hier mal reinhören.

Am nächsten Tag ging es mit den Bordfahrrädern zuerst zum „Gamle By“. Neben modernen Bürogebäuden wirkt das Freilichtmuseum mit Straßenzügen aus dem 18. bis 20. Jahrhundert wie eine kleine Stadt in der Stadt. Den Eintrittspreis von 135 DKK (rund 18 €) pro Nase fanden wir allerdings leicht übertrieben und haben uns deshalb entschieden, stattdessen vom botanischen Garten aus nur mal kurz über den Zaun zu gucken.

Anschließend ging es auf den Drahteseln weiter zum Schloss Marselisborg. Auf dem Weg dorthin sind wir im „Mindepark“ (Gedächtnispark) auf ein Monument zu Ehren von Opfern des ersten Weltkrieges gestoßen. In Sandsteintafeln sind die Namen der 4.144 dänischen Nordschleswiger, die in deutschen Uniformen gefallen sind, eingraviert. Als wir den Namen eines Vorfahren von Thue entdeckten, der in Belgrad gefallen ist, kam ein bedrückendes Gefühl auf.

Gedenktafel Park

Der anschließende Besuch beim Schloss Marselisborg ließ beim Skipper sofort Erinnerungen aufkommen. Während seiner Zeit bei der königlichen Garde hatte er nämlich auch hier Wache geschoben, wenn die königliche Familie ihre Sommerresidenz besucht hat. Natürlich konnte es nicht lassen und musste noch mal kurz Haltung annehmen. Die Uniform müsst Ihr Euch denken. 😉

Am nächsten Tag stand das Århus Kunstmuseum ARoS auf unserer To-Do-Liste. Das Museum verzeichnet Besucherrekorde, und ein Besuch lohnt sich. Wir haben mit dem Rainbow Panorama über den Dächern von Århus angefangen, einem permanenten Kunstwerk des dänisch-isländischen Künstlers Olafur Eliasson. Während man den 150 m langen Rundgangs entlang schlendert, kann man den Ausblick auf die Stadt in allen Regenbogenfarben genießen.

Besonders die Ausstellungen „Alt und Intet“ des dänischen Künstlers Jacob Kierkegaard und die „Satanic Verses“ haben uns beeindruckt. Der Lamborghini unten auf dem Foto durfte während der Ausstellung im ARoS übrigens von den Besuchern zerkratzt werden und ist jetzt ein Kunstwerk. Was es nicht alles gibt!

Nach vier Tagen war unsere Zeit in Århus wieder vorbei, und am nächsten Morgen nach dem Frühstück ging es weiter – diesmal tatsächlich nach Anholt! 😉

Samsø – Dänemark im Miniformat

Die Zeit fliegt – drei Jahre war es mittlerweile schon wieder her, dass wir Samsø zuletzt besucht hatten. Nun durften wir uns zum zweiten Mal auf die schöne Insel freuen. Juelsminde und Ballen trennen nur ca. 25 sm, ein Katzensprung. Leider kam der Wind direkt von hinten, und fleißige Blog-Leser wissen: das mag mein Skipper gar nicht. Selbst unter voller Besegelung machte unser elbkind nicht besonders viel Fahrt, und außerdem stand eine unangenehme 2-m Welle. Also war „dänisches Segeln“ mit Motorunterstützung angesagt, denn für langes Aufkreuzen fehlte uns die Geduld. Eine ziemlich schaukelige Angelegenheit. Selbst mir wurde zwischendurch etwas blümerant, und dabei war ich immer so stolz darauf, dass ich bisher nie seekrank geworden bin 😐. Bis auf schlimme Müdigkeits-Attacken ist aber alles gutgegangen. Nach 5 Stunden auf dem Wasser liefen wir am späten Nachmittag in Ballen ein. Wie erwartet war der Hafen voll, denn es war Samstag und jede Menge Wochenendsegler lagen schon an den Stegen.

Juelsminde-Ballen
Unsere Route von Juelsminde nach Ballen

Eigentlich hätten wir gern längsseits an der nördlichen Kaimauer festgemacht, aber wir hatten Pech, alle Plätze waren schon belegt. Also ab durch die Mitte und ran an den Schwimmsteg! So gerade eben konnten wir uns zwischen eine Luffe und eine Bénéteau quetschen. Schnell die Fender raus, fertig! Wieder mal waren wir begeistert von unserem schönen, schlanken Schiff, das auch in den schmalste Lücke passt.

Weil der Liebste mit einer Erkältung und Halsweh zu kämpfen hatte und etwas angeschlagen war, haben wir abends ausnahmsweise an Bord gegessen und lagen schon früh in der Koje. Am nächsten Morgen wurden wir vom Bugstrahlruder unseres Nachbarn geweckt. Etwas verschlafen guckten wir aus dem Cockpit – und ein herrlicher, sonniger Sonntagmorgen lächelte uns an.

img_5544
Guten Morgen, Ballen! ☀️

Im Laufe des Vormittags leerten sich die Stege zusehends, und weil es einigermaßen windstill war, verholten wir das elbkind schnell noch auf die nördliche Seite des Hafens. Denn erstens lagen wir dort viel ruhiger, und zweitens war es viel bequemer, unsere Bordfahrräder seitlich über die Reling an Land zu hieven. Kurze Zeit später starteten wir unsere Radtour Richtung Tranebjerg, der Inselhauptstadt Samsøs. Für die Strecke sind stramme Waden unbedingt von Vorteil, denn teilweise geht es steil bergauf. Nicht umsonst wird Samsø im offiziellen Internetauftritt visitdenmark als „Dänemark im Miniformat“ bezeichnet, denn die Insel hat steile Küsten, hügelige Landschaften mit tiefen Tälern und Schmelzwassergräben, Heide und Agrarlandschaften und einen Fjord mit kleinen Inseln.

Wusstet Ihr übrigens, dass sich Samsø zu 100 % selbst mit Energie durch Wind, Sonne und Biomasse versorgt? Es gibt einen Offshore-Windpark, Biogas-Anlagen und ein Sonnenkraftwerk. Viele Einwohner Samsøs haben aktiv daran mitgewirkt, die Insel umweltfreundlicher zu machen. Statt auf ein globales Abkommen zum Klimaschutz zu warten, haben sie einfach selbst angefangen, die Welt zu verändern. Seit 2007 gibt es die „Samsø Energiakademi“, die zum Treffpunkt von internationalen Energie-Interessierten geworden ist und auch von Touristen besucht werden kann.

Bekannt ist Samsø außerdem für seine Kartoffeln, die in ganz Dänemark als Delikatesse gelten. Ab Anfang Mai warten alle Dänen sehnsüchtig auf das berühmte „Gold im Mund“. Ich finde, das Warten lohnt sich, der Geschmack der Samsø-Kartoffeln ist wirklich besonders intensiv. Überall auf der Insel gibt es an Wegen und Straßen bunte Verkaufsstände, an denen nicht nur Kartoffeln, sondern auch Obst und Gemüse aus eigener Ernte angeboten werden. Spargel, Rhabarber, Gurken, Salat, Spinat, Erdbeeren…  Vom Feld auf den Tisch, so lautet das Motto. Man bedient sich einfach selbst und wirft das Geld in die bereitstehende Box. Auf unserer Radtour zum Besser Rev, einer 5 km langen Landzunge im Norden der Insel, habe ich unterwegs gleich zwei Gläser köstliche Samsø-Marmelade für unsere Proviantkiste gekauft.

Das absolute Highlight unseres Samsø-Besuchs kam am letzten Abend, denn das Beste kommt zum Schluss – ein Besuch im Restaurant „Skipperly“ auf der Südseite des Hafens. Das Wetter passte perfekt, wir konnten draußen sitzen und haben den „Dagens Fisk“, den Fisch des Tages, bestellt. Was soll ich sagen, guckt lieber selbst – der Seewolf mit Spargel, Spinat, Samsø-Kartoffeln und Sc. Hollandaise schmeckte einfach sensationell und war so nett angerichtet, dass wir (und eigentlich mögen wir das nicht gern) unbedingt unser Essen fotografieren mussten.


Anschließend haben wir noch eine kleine Spazierrunde durch den Hafen gedreht und sind dem Veteranbus begegnet – einem Chevrolet Six, Baujahr 1934. Der Bus bietet 16 Passagieren Platz, und mehrmals in der Woche werden Rundfahrten zu den schönsten Orten der Insel in gemütlichem, nostalgischem Tempo angeboten. Bus-Chauffeur Svend erzählt seinen Fahrgästen während der ca. 2 1/2 stündigen Tour „wahre Lügengeschichten“ über Samsø. Das klang zwar sehr verlockend, aber das Wetter war uns einfach zu schön. An einem Tag mit bedecktem Himmel stelle ich mir das Ganze allerdings recht gemütlich vor. Vielleicht beim nächsten Mal?

Am nächsten Morgen lachte wieder die Sonne vom Himmel und die Wettervorhersage kündigte den heißesten Tag der Woche an – Traumwetter, das sich für einen Segeltag anbot ☀️. Die Entscheidung, nach Århus zu segeln, fiel uns nicht schwer. Ein absolutes Kontrastprogramm zu Samsø, und wieder eine Premiere für uns.

Zum ersten Mal: Juelsminde

Juelsminde hat uns richtig gut gefallen! Unsere Bordfahrräder wurden aus der Backskiste gekramt, wir haben die Gegend rund um den Hafen erkundet, sind den „Kyststien“ am Meer entlanggewandert, haben lecker gegrillt und bei der Mittwochsregatta mitgefiebert. Im Restaurant „På Havnen“ konnten wir abends bei Sonnenschein sogar schon draußen sitzen. Treue Leser des elbkind-Blogs wissen, dass wir uns in den letzten zwei Jahren oft über das Wetter in Dänemark beklagt haben. Zu kalt, zu windig… Aber in 2017 haben wir -jedenfalls bis jetzt – Petrus irgendwie mit im Boot – im wahrsten Sinne des Wortes. Bisher nur ein einziger Regentag! 👍🏼

Außerdem haben wir in Juelsminde ein nettes, pensioniertes Lehrer-Ehepaar kennengelernt, das kam so: Ihr Schiff, eine „Nordisk Snegge“, war uns schon bei der Ansegelung auf Juelsminde aufgefallen, denn lange Zeit lief sie parallel mit dem elbkind in Richtung Juelsminde. Nachdem wir angelegt hatten, machten wir erstmal eine kleine „Inspektionsrunde“ durch den Hafen. Dort lief uns Palle, der Skipper, über den Weg. Und weil Thue im Hafen ja immer alle möglichen Leute anschnackt, kamen die beiden schnell ins Gespräch. Palle erzählte, dass sich plötzlich größere Mengen Diesel in der Bilge seines Schiffs angesammelt hatten, so dass in Juelsminde umgehend Erste-Hilfe-Maßnahmen ergriffen werden mussten. Nun war er damit beschäftigt, fachmännische Hilfe für das Problem zu organisieren. Unschöne Geschichte, weil natürlich im Schiff alles nach Diesel stank.

Nach einem gemütlichen Abendessen im „På Havnen“ schlenderten wir später die Stege entlang und schnackten ein bisschen mit dem einen oder anderen Skipper. Die meisten Leute klönen ja gerne, vor allen Dingen in Dänemarks Häfen ist das so, und wir gehören natürlich auch dazu 🙃. Thue (von Natur aus nicht neugierig, muss aber trotzdem alles wissen) wollte noch bei Palle nachfragen, ob seine Bilge denn nun wieder dieselfrei war. Wir klopften an den Bugkorb, erkundigten uns nach dem Stand der Dinge und saßen keine fünf Minuten später mit einem Bier und einem Glas Rotwein in der Hand bei Palle und seiner Frau Anne-Lise im Cockpit. Natürlich wurde sofort eine Gegeneinladung ausgesprochen und wir verbrachten den nächsten Abend gemütlich zu viert bei uns an Bord.

Das gefällt mir ganz besonders beim Segeln: Beinahe in jedem Hafen lernt man sympathische Leute kennen und verbringt spontan interessante, kurzweilige, inspirierende und lustige Abende mit Menschen, die man vorher nie getroffen hat und die man wahrscheinlich auch hinterher nie wiedersehen wird. Es geht auch gar nicht nicht darum, Freundschaften fürs Leben zu schließen, sondern einfach um nette Gesellschaft und gute Gespräche. Beides ergibt sich durch das gemeinsame Hobby ganz unkompliziert und zwanglos und ist trotzdem nicht oberflächlich. Wenn man – wie wir – über längere Zeit nur zu zweit unterwegs ist, freut man sich nämlich gelegentlich über andere Gesprächspartner als den eigenen Mann / die Frau, das ist einfach so. 😉 Besonders lustig ist es immer, wenn wir auf Dänen treffen, die ja normalerweise sehr gut deutsch sprechen. Meistens stellt sich heraus, dass zwar jeder am liebsten in seiner eigenen Sprache unterwegs ist, den anderen aber problemlos verstehen kann. Ich spreche deutsch, die anderen dänisch, und alle verstehen sich bestens – 7 Jahre Dänischkurs an der Volkshochschule Norderstedt und dem Empfang deutscher Fernsehsender in Dänemark sei dank. Völkerverständigung at it’s best! 🇩🇰🇩🇪

Aber noch mal zurück zu Juelsminde: Der Hafen eignet sich perfekt zum Proviantieren. Supermärkte wie Fakta, Rema und SuperBrugsen sind vom Hafen aus zu Fuß schnell zu erreichen. Außerdem zu empfehlen: das Juelsminde Fiskebistro direkt am alten Hafen. Hier gibt es neben frischem Fisch und Meeresfrüchten für die Pantry auch die Möglichkeit, mit Blick über den Alten Hafen vor dem Restaurant zu sitzen und Frisches und Geräuchertes aus dem Meer zu genießen. Lecker!

 

Außerdem habe ich in der Søgade ein Schuhgeschäft entdeckt, das ist für die Damen an Bord schließlich nicht unwichtig und soll deshalb auch nicht unerwähnt bleiben. 👠

Schnell noch eine Warnung: Wer Kalorien zählen muss, vermeidet am Besten die Juelsminde Café- und Eisbar im alten Hafen. Ein beliebter Treffpunkt für Jung, Alt, Segler, Camper und Motorradfahrer. Immer gut besucht, und das ist auch nicht verwunderlich, denn das Eis ist unwiderstehlich und im wahrsten Sinne des Wortes zum Dahinschmelzen! Gammeldags Iswaffel mit Guff, wer kann da schon widerstehen? Ich nicht. Natürlich machen wir Diät, aber doch nicht den ganzen Tag! 😋

Nach drei Nächten in Juelsminde wollten wir wieder weiter in nördliche Richtung. Wind und Wetter passten, und nach dem Frühstück setzten wir die Segel Richtung Ballen.

An dieser Stelle möchte ich mich mal ganz herzlich bei Petrus bedanken. Wir können ja unser Glück kaum fassen, was das Wetter anbetrifft! In den vergangenen zwei Jahren haben wir zum Saisonanfang immer so gefroren, dass wir mehr Diesel für die Heizung als zum Motoren verbraten haben. Mange tak und Dankeschön – so darf es gerne weitergehen! ☀️

Wenn die bunten Fahnen wehen…

…geht die Fahrt wohl übers Meer, woll´n wir ferne Länder sehen, fällt der Abschied uns nicht schwer. Leuchtet die Sonne, ziehen die Wolken, klingen die Lieder weit übers Meer…

Vielleicht können sich die Älteren unter Euch ja noch an dieses Lied erinnern? Mit Schrecken habe ich gerade festgestellt, dass es sogar eine Version von Heino gibt! 😎 Aber egal. Wenn wir das Lied früher in der Schule gesungen haben, kam immer großes Fernweh und die Sehnsucht nach Urlaub, Sonne, Strand und Meer bei mir auf. Als ich ein kleines Mädchen war, haben meine Eltern für die Sommerferien häufig ein Ferienhaus an der dänischen Westküste gemietet. Schon damals habe ich Dänemark ins Herz geschlossen und deutlich gespürt, wie gemütlich das Leben vor sich hinplätscherte und wie freundlich und entspannt alle Menschen miteinander umgegangen sind. Niemals hätte ich mir träumen lassen, dass ich viele Jahre später mal einen echten Dänen heirate und sein schönes Land meine zweite Heimat wird!❤️🇩🇰❤️

Huch, jetzt bin ich fast romantisch geworden! Jedenfalls – wenn im Mai die Segelsaison wieder angefangen hat und wir zum ersten Mal bei Sonnenschein und leichter Brise über das glitzernde Wasser im Alssund rauschen, taucht in meinem Kopf immer diese schöne Melodie wieder auf. Und weil ich dann immer fast platze vor Glück und Vorfreude auf die abwechslungsreiche Zeit an Bord und gar nicht weiß wohin mit mir, stimme ich zu Thues Leidwesen (er findet, ich sollte doch lieber im Radio singen, damit er mich ausstellen kann 🙃) dieses kleine Liedchen an.

Für uns wehen die bunten Fahnen endlich wieder! Ende letzter Woche sind wir an Bord eingezogen. Die Vorbereitungen für unseren Sommertörn sind jedes Frühjahr wieder eine kleine Herausforderung für uns, denn es ist natürlich nicht nur damit getan, mal eben ein paar Taschen zu packen. Vieles muss organisiert werden, bevor wir für mehrere Monate aufbrechen können. Wer schaut nach unserer Post, gießt die Blumen, mäht den Rasen, wer schaut mal bei unseren Eltern vorbei, während wir unterwegs sind? Schnell noch mal zum Friseur, zum Zahnarzt und alle Rechnungen bezahlen 😉 und natürlich unbedingt noch überall Tschüss sagen. Was für ein Glück, dass wir die nettesten Nachbarn der Welt und einen wunderbaren Zusammenhalt in der Familie haben – nur deshalb können wir entspannt und sorgenfrei die Zeit an Bord genießen.

Bei Schietwetter ging es am Freitagmittag über die A7 nach Dyvig. ☔️ Na toll! So hatten wir uns den Sommerauftakt eigentlich nicht vorgestellt. Aber was soll’s, dachten wir uns, es kann ja eigentlich nur besser werden. Irgendwann wird das Wetter auf jeden Fall schön – man muss nur lange genug warten! An Bord wurde erstmal das Teakdeck gründlich geschrubbt (Thue) und die Taschen ausgepackt, hin- und hergekramt und alles griffbereit verstaut (ich). Was man für Geraffel in den Schapps rumfliegen hat! Sage und schreibe drei Haarföhns (schreibt man das so?) haben sich in irgendwelchen dunklen Ecken angefunden und wurden erstmal im Auto zwischengelagert. Denn erstens haben wir dafür keinen Platz und zweitens ist die Frisur der Bordfrau in den nächsten Monaten Nebensache, weil es sowieso ständig weht. 😉

Eigentlich wollten wir gleich am nächsten Morgen starten, entdeckten aber plötzlich ein kleines Loch im Gelcoat direkt am Niedergang. WTF?! 👿 Wie ist das denn passiert? Aber irgendwas passiert ja immer ausgerechnet dann, wenn es losgehen soll. Letztes Jahr waren es die Seepocken am Propeller, und jetzt das. Nach Rücksprache mit dem Bootsbauer haben wir uns für eine provisorische Reparatur mit Tape entschieden, alles andere hätte uns einfach zu lange gedauert. Aber Klebeband ist ja nicht die schlechteste Lösung, das haben wir während unserer zwei Jahre in Shanghai gelernt. Wenn die Chinesen sogar ganze Motorroller und Autos damit reparieren können, wird das elbkind den Sommer ganz locker überstehen. Vier verschiedene Geschäfte musste Thue abklappern und bis nach Sønderborg fahren, bis er endlich das richtige Klebeband gefunden hatte. Außerdem haben wir dem Teakdeck noch schnell einen Anti-Fungizid-Anstrich verpasst. Damit ging zwar ein weiterer Tag ins Land, aber zumindest war das elbkind startklar für den Sommertörn. 👍🏼


Sonntag nach dem Frühstück legten wir endlich los. Auf ging’s nach Årø! Ein Segeltag wie aus dem Bilderbuch mit Sonnenschein und einem angenehmen Südwestwind. Thue nennt das übrigens „Broschüren-Wetter“ – der einzige Tag im Jahr in Dänemark, an dem man mal ein paar schöne Fotos von seinem Schiff für die Verkaufsbroschüre machen kann. 😄

Von Årø haben wir Euch an dieser Stelle ja schon gelegentlich vorgeschwärmt. Die niedliche Insel im kleinen Belt ist mit ihrer wunderschönen Natur und einer hyggeligen Atmosphäre ein schöner Zwischenstopp für Törns ins dänische Inselmeer oder in Richtung Kattegat. Die Häfen von Hadersleben, Assens, Middelfart, Ærø liegen nicht weit entfernt.


Schon am nächsten Morgen setzten wir wieder die Segel und bei leichtem Nordwestwind und blauem Himmel ging es weiter nach Middelfart. Erst zum Schluss flaute der Wind ab und wir mussten den Volvo bemühen. Ein schöner, sonniger Segeltag!

In Middelfart haben wir im „Nyhavn“ festgemacht, dem kleinen, runden Hafen direkt in der Stadtmitte. Hier liegt man gut geschützt, und die Wege zum Bäcker und zum Supermarkt sind kurz. Allerdings sind 28 € Liegegeld auch nicht gerade ein Schnäppchen und WLAN gab es auch nicht. Gestern hat es Petrus dann nicht so gut mit uns gemeint, fast den ganzen Tag hat es geschüttet wie aus Eimern. Aber das kennen wir ja schon. Schließlich segeln wir in Dänemark, wo sich Sommer auf kalt und nass reimt… 😉

img_5463
Unterwegs mit Kurs auf Middelfart
Heute Morgen sind wir nach Juelsminde aufgebrochen. An Segeln war leider nicht zu denken, denn es herrschte fast Flaute und dicker Nebel hing über dem kleinen Belt. Wir hatten trotzdem unseren Spaß, denn immer wieder tauchten Schweinswale auf, und sogar ein Seehund steckte seinen Kopf neugierig aus dem Wasser!

Der Hafen von Juelsminde wird in Seglerkreisen hochgelobt, und jetzt war es an der Zeit, dass wir uns auch selbst mal ein Bild machen. Was soll ich sagen – wir sind begeistert! Es gibt 500 Liegeplätze, mehrere Restaurants, ein sehr gutes Fischgeschäft, einen Kinderspielplatz, einen Marineshop, eine Boutique und zwei Eisläden. Eine kleine Fußgängerzone ist auch nicht weit entfernt. Man kann es hier problemlos eine Weile aushalten, auch bei Regenwetter. Aber das ist zum Glück erst wieder für Freitag angesagt. Gerade jetzt sitzen wir im Cockpit, genießen die warme Maisonne und den schönen Blick über den Hafen. Morgen holen wir vielleicht mal die Bordfahrräder aus der Backskiste. Hach, das Leben ist schön! ⛵️☀️🇩🇰

Dyvig – alles neu macht der Mai!

Ahoi Ihr Lieben, es gibt gute Neuigkeiten aus Dyvig, unserem Lieblings-Heimathafen!

 

2016 lief ja leider einiges „unrund“ in Dyvig. Gleich zwei Hafenmeisterinnen warfen das Handtuch, und unserem Hafen fehlte eine liebevolle Hand. Mit Beginn der neuen Segelsaison kehrt mit der Betreuung durch den neuen Hafenmeister Erling Jensen und seiner Frau Helle Gram hoffentlich endlich wieder Ruhe ein. Die beiden sind fest angestellt, werden sich um den allgemeinen Service im Hafen kümmern und den kleinen Supermarkt „Havne Brugsen“ betreiben. Frische dänische Brötchen zum Frühstück sind also wieder gesichert. Wir freuen uns so!

Ab sofort werden auch die Grills in der Hauptsaison wieder „angefeuert“ und stehen allen Hafenbenutzern und Gastliegern kostenlos zur Verfügung. Schon Anfang Mai soll der neue Grillplatz neben dem Servicekai eingeweiht werden. Auch ein Windschutz gegen den frischen Westwind ist geplant, herrlich, besonders für „Frostkötel“ wie mich! Der Kinderspielplatz, der bisher etwas weiter entfernt auf einer kleinen Anhöhe lag, wird zukünftig neben dem Grillplatz zu finden sein. So haben Eltern ihre lieben Kleinen vom Grillplatz aus immer gut im Blick und sind für ihren Nachwuchs schnell erreichbar.

Vom Segelverein Dyvig Bådelaug haben wir schon mal ein paar Bilder zum Vorfreuen bekommen. Aktuell sieht es dort so aus:

 

Dyvig Bådelaug hat sich vorgenommen, wieder eine der beliebtesten Marinas in Dänemark zu werden. Also, macht doch bald mal wieder einen kleinen Abstecher in die wunderschöne Dyvig Bucht und überzeugt Euch selbst.

Falls Euer Krantermin noch ein paar Wochen auf sich warten lässt, könnt Ihr Euch vielleicht mit diesem kleinen Segler-Quiz ein bisschen die Wartezeit vertreiben. Wer Lust hat, kann uns ja mal sein Ergebnis verraten. Ich bin gespannt. Mein Skipper hat 94% der Fragen richtig beantwortet (Streber 🤓), ich habe immerhin 66% geschafft und fand mich eigentlich ganz gut… Viel Spaß!

Liebe Frühlingsgrüße 🌷und bis bald, Martina & Thue

Träume können auch wahr werden!

Wie die Zeit fliegt.. Feiertage und Jahreswechsel liegen längst schon wieder hinter uns, und nun quälen wir uns mürrisch durch die grauen Wintertage. Zum Glück geht’s langsam wieder aufwärts und die Tage werden länger. Für uns bedeutet das: Licht am Ende des Tunnels, die Segelsaison 2017 rückt näher! 😊👍🏼

Aber bevor wir in den nächsten Segelsommer aufbrechen, will ich Euch noch von meinem Highlight zum Saisonabschluss 2016 berichten. Ich hatte die Hoffnung fast schon aufgegeben, als mein größter Herzenswunsch unverhofft in Erfüllung ging. Und das kam so:

Thue hatte mit unserem Bootsbauer den 5. Oktober als Krantermin fürs Winterlager in Nordborg vereinbart. Vorher mussten wir das Schiff natürlich noch ausräumen und schrubben. Das Allerwichtigste für uns war aber, dass die Segel beim Abschlagen auf jeden Fall knochentrocken sind. Wir hatten nämlich wenig Lust, sie zuhause auf dem Dachboden zu trocknen. In den letzten Jahren hatten wir das zwar gelegentlich gemacht um Spak und Schimmel zu vermeiden, aber wir wollten uns den Aufwand möglichst sparen.

Die Wettervorhersage für Ende Ende September sah vielversprechend aus: milde Temperaturen und Windstille. Perfekte Voraussetzungen für unsere Aktion. Gleich morgens nach dem Frühstück flitzten wir nach Dyvig, krempelten die Ärmel hoch und legten los. Viel schneller als gedacht waren alle Arbeiten erledigt, die Segel zusammengelegt und in Säcken verstaut. Am späten Nachmittag Uhr guckten wir uns ratlos an. Und jetzt? Sofort waren wir uns einig: raus aus dem Hafen, wir hatten beide noch Lust auf einen kleinen Törn. Auch wenn die Segel schon runter waren – es gab ja schließlich noch den Volvo! Das Wetter war einfach zu schön, um wieder ins Auto zu springen und nachhause zu fahren.

Kurze Zeit später warfen wir die Leinen los. Es ging in den Alssund Richtung Sønderborg. Unser Ziel: die Ankerboje bei Arnkildehage. Seit wir Mitglied im KDY sind, dem „Kongelig Dansk Yachtklub“, dürfen wir nämlich die Ankerbojen der Dansk Sejlunion nutzen! 🇩🇰⛵️

img_4441
Tschüss Dyvig!
Ich habe mich gar nicht getraut, Thue zu fragen, ob wir uns eigentlich nur ein Stündchen an die Boje hängen, den Sonnenuntergang genießen und anschließend wieder zurückfahren wollen. Bis zu diesem Tag hatte sich mein Skipper nämlich standhaft geweigert, nachts zu ankern. Weder an der Ankerboje noch sonstwo. Seine Befürchtung, nachts abzutreiben und auf Legerwall zu landen, war zu groß. Ganz kurz für Nichtsegler – so erklärt Wikipedia den Begriff Legerwall:

Mit Legerwall wird die Situation eines Wasserfahrzeuges beschrieben, in der dieses durch Wind, Seegang oder Strömung an eine Küste getrieben wird. Die Gefahr besteht darin, an einer Küste zu stranden, wenn das Boot durch die eigene Motorkraft oder durch Segeln nicht mehr gegen die Naturkräfte ankommt.

So sieht’s aus. Deshalb hat Thue zur Bedingung gemacht, dass nachts einer von uns Ankerwache halten muss. Nachdem wir einige spannende Geschichten zu misslungenen oder hektisch abgebrochenen Anker-Aktionen anderer Segler gehört hatten, halte selbst ich bei instabiler Wetterlage die Ankerwache für sinnvoll. Aber Ankerwache an einer Ankerboje? Das fand ich total albern. Trotz häufiger Diskussionen waren wir uns bis zu diesem Tag nicht einig geworden und haben – zu meinem Leidwesen – die Nächte immer in einem sicheren Hafen verbracht.

Nach einer guten Stunde Fahrt hatten wir an der Ankerboje festgemacht und der Motor verstummte. Augenblicklich legte sich eine himmlische Ruhe über das Schiff. Weit und breit war kein Mensch zu sehen, nur ein paar Kühe knabberten am Ufer an den Büschen. Das Wasser war blitzblank und Schiffe waren auch nicht mehr unterwegs, schließlich war die Saison fast vorbei. Idylle pur!

img_4454

Normalerweise halten wir uns lieber im Cockpit als unter Deck auf. Deshalb gab es  auch an diesem Abend“One-Pot-Pasta“ an der frischen Luft. Es wurde zwar schon merklich kühler, aber wozu gibt’s warme Klamotten?

img_4447
Henkersmahlzeit 2016…
Als mein Skipper sich zum Essen das erste Carlsberg genehmigte, war mir klar, dass mein großer Tag gekommen war. Thue trinkt nämlich prinzipiell keinen Alkohol, wenn er am Ruder steht. Also wollte er an diesem Abend auch nicht mehr zurück nach Dyvig. Mein Traum wurde tatsächlich wahr, wir würden die Nacht an der Ankerboje verbringen! 😍

Die Stimmung war wunderbar friedlich, genau so hatte ich mir das immer vorgestellt. Nach dem Essen saßen wir in Wolldecken eingekuschelt im Cockpit, haben bei Bier und Rotwein die Segelsaison noch mal Revue passieren lassen und in der Dämmerung sogar noch ein paar Schweinswale beobachten können.

img_4458
Abenddämmerung im Alssund
Am nächsten Morgen lag Dunst über dem Wasser und der Herbst war schon deutlich zu spüren. Frühstück gab es natürlich wieder im Cockpit, anschließend sind wir nach Dyvig aufgebrochen. Das war ein traumhaftes Segelsommer-Finale! Und das Beste: die Weichen für die Zukunft sind gestellt – ich bin zuversichtlich, dass ich meinen Skipper in Zukunft leichter zum Ankern überreden kann – er hat nämlich Blut geleckt! 😄⚓️

img_4472
Der Tag erwacht…
Liebe Segler, wie geht Ihr mit dem Thema Ankern und Ankerwache um? Verwendet Ihr z.B. den elektronischen Ankeralarm oder Anker-Apps fürs Smartphone? Habt Ihr gute Tipps, die helfen, das Ankern sicherer und entspannter zu machen? Leider gibt es ja nicht überall Ankerbojen… Wir freuen uns über Euer Feedback! 😊

Einige Tage später ging  unser elbkind dann ins Winterlager, und damit war der Segelsommer 2016  Geschichte. Aber wie heißt es so schön? Nach der Saison ist vor der Saison! 🇩🇰☀️⛵️

img_4855
Das elbkind am Kran
img_4857
Auf geht’s ins Winterlager!

Sturm-Check in Dyvig

Ab und zu treibt die Sehnsucht meinen Skipper ja sogar im Winter nach Dyvig. Das war auch heute so. Nach einem kurzen Stopp beim Bootsbauer in Nordborg ist er runter zum Hafen gefahren und hat kurz mal die Lage gepeilt. 

Die Ostseeküste erwartet mit dem Sturmtief „Axel“ heute Nacht das womöglich schwerste Hochwasser seit 10 Jahren. Überall herrscht Alarmbereitschaft. 

Thue war neugierig, wie es in Dyvig aussieht, denn der Wasserstand steigt bereits seit Stunden kontinuierlich an. Heute Nachmittag lag er im Hafen bei ca. 80 cm über normal – mit Tendenz nach oben. Aktuell liegt der Wert bei ca. 1,70 m. 😳 Wir sind gespannt, wie die Nacht verläuft und hoffen, dass unser Lieblings-Heimathafen von größeren Schäden verschont bleibt. 

Schon fast überschwemmt: die Stege in Dyvig

Apropos Dyvig: für alle, die sich im Sommer 2016 darüber geärgert haben, dass nach den Gastspielen zweier Hafenmeisterinnen zum Ende der Saison kaum noch etwas geklappt hat, es keinen Ansprechpartner mehr gab, das Duschhaus nicht mehr regelmäßig gereinigt wurde und der kleine Havnebrugsen meistens geschlossen war: es gibt wieder Licht am Ende des Tunnels! 

Am 1. März 2017 bekommen wir nämlich wieder einen Hafenmeister. 👍🏼 Erling Jensen wird gemeinsam mit seiner Frau Helle, die sich zukünftig um den Mini-Markt kümmern soll, bestimmt dafür sorgen, dass es wieder aufwärts geht mit unserer Sommerheimat. 😊

Und das ist längst nicht alles. Ab dem Frühjahr bekommt Dyvig ein blitzschnelles WLAN, und der Grillplatz am Steg 3 soll erweitert und verschönert werden. Außerdem ist geplant, den Spielplatz von der Anhöhe in den unteren Teil des Hafens zu verlegen. Ob das noch bis zum Frühjahr klappt, steht allerdings noch nicht fest. 

Wir sind zuversichtlich, dass sich alle Gast- und Festlieger zukünftig  in Dyvig wieder wohlfühlen und freuen uns über die positiven Neuigkeiten. Neues Jahr, neues Glück! 🍀🇩🇰⛵️

Endlich Sommer, Sternstunden in Fåborg und zurück nach Dyvig

Und dann kam er doch noch, der heiß ersehnte Sommer. Wir waren total aufgekratzt, die Stimmung an Bord war ausgelassen und fröhlich. Fürs Wochenende waren wir mit Torben und Lene in Dyvig verabredet, aber bevor es zurückging, wollten wir unbedingt noch einen Abstecher nach Fåborg machen. Bei stahlblauem Himmel, Sonnenschein und einem leichten Wind aus Südwest legten wir gegen 10 Uhr morgens in Svendborg ab.

An den schmaleren Stellen im Sund hatten wir bis zu 3 kn Gegenstrom, was leicht an den Tonnen erkennbar war, die wir passierten…

Thue durfte im Cockpit relaxen, zur Abwechslung war ich mal Steuermann. Nachdem wir den Sund und den dichten Schiffsverkehr hinter uns gelassen hatten, wurden die Segel gesetzt. Allerdings flaute der Wind schon nach kurzer Zeit wieder ab, und weil wir noch immer mit Gegenstrom zu kämpfen hatten, haben wir die Segel wieder eingeholt und den Motor gestartet. Kurz hinter Svelmø frischte der Wind zwar wieder auf, aber wir waren schon relativ nah am Grydeløbet, und Fåborg war fast in Sichtweite. Also siegte am Ende doch die Faulheit – die restliche Zeit ließen wir einfach den Volvo laufen und haben den wolkenlosen Himmel, die leichte Brise und den strahlenden Sonnenschein genossen.

image012
Sommer, Sonne, Kaktus…
Nach ca. 17 sm erreichten wir Fåborg. Diesmal hatten wir uns für den alten Stadthafen entschieden. Weil die Sommerferien in Dänemark und Schweden inzwischen vorbei waren, rechneten wir uns gute Chancen auf einen Liegeplatz aus. Tatsächlich hatten wir Glück und haben eine freie Box am mittleren Steg gefunden. Um die Mittagszeit war das Elbkind fest.

Nach dem Anlegen kamen wir mit einem lokalen Segler ins Klönen, der sich über den schlechten Service in Dyvig beklagte, nachdem unser Hafenmeister Christian zum Saisonende letzten Jahres in den Ruhestand gegangen ist. Es gebe nun keinen Hafenmeister mehr, die Reinigung der Duschen und WCs ließe schwer zu wünschen übrig, der Grill für die Gastsegler würde nicht mehr angezündet usw… und dabei sei er doch in der Vergangenheit immer so gern nach Dyvig gekommen! Erstaunlich (und traurig), wie schnell unser Heimathafen seinen guten Ruf verloren hat. Noch trauriger war allerdings, dass der Mann vollkommen recht hatte. Wir wünschen uns wirklich sehr, dass schnell eine gute und vernünftige Lösung für Dyvig gefunden wird und wir ab dem kommenden Jahr wieder einen netten und kompetenten Hafenmeister bekommen, der seinen Laden richtig gut im Griff hat – damit sich alle wieder wohlfühlen können, Dyvigs Gäste und wir Festlieger.

Wo waren wir? Ach ja, in Fåborg… Nachdem das Hafengeld am Automaten bezahlt war, stürmten wir erstmal die kleine Räucherei am Hafen. Leckerer Räucherfisch mit Schwarzbrot geht ja immer, und das war genau das Richtige gegen den kleinen Hunger zwischendurch. Beim anschließenden Bummel durch die gemütliche Innenstadt von Fåborg trauten wir unseren Augen nicht: Vor einem Geschäft hingen tatsächlich schon die ersten Schneeanzüge für die lieben Kleinen. Im August, bei 26°C. Frei nach dem Motto: Heute schon an morgen denken, der Winter kommt schließlich immer so plötzlich. 😉

img_4221

Abendessen gab es an diesem Tag im lauschigen Gastgarten des Restaurants  ”Le Brasserie”, das zum Hotel Fåborg gehört. Was uns hier besonders fasziniert hat: zwei schwergewichtige Paare am Nebentisch demonstrierten uns eindrucksvoll, was 50 kg zuviel auf den Rippen so ausmachen und wie sie sich auf die Mobilität eines Menschen auswirken. Völlig entsetzt ließen wir die Pommes Frites, die uns zu unserem Burger serviert wurden, unangerührt wieder zurückgehen.

Zurück im Stadthafen gab’s noch viel zu gucken, denn im Sommer treffen sich jeden Mittwochabend die wunderschönsten Oldtimer aus der Gegend im Hafen. Was für ein Augenschmaus!

Der wunderschöne Sonnenuntergang machte deutlich, warum unser schönes Segelrevier „dänische Südsee“ genannt wird. Als es dunkel wurde, saßen wir mit einem Glas Rotwein im Cockpit, schauten in den Himmel und haben tatsächlich noch einige Sternschnuppen entdeckt – Nachzügler der „Tränen von St. Laurentius“. In den Nächten nach dem 10. August durchquert die Erde nämlich den Meteoritengürtel der Perseiden, und dann fallen Hunderte von Sternschnuppen vom Himmel. Wer eine „Laurentiusträne“ sieht, dessen Wunsch soll in Erfüllung gehen.

Am nächsten Morgen ging es bei westlichem Wind zwischen 8 und 12 m/s los in Richtung Dyvig. Als wir zwischen Knoldsand  und Dyreborg durch waren, haben wir vorsichtshalber ein Reff ins Großsegel gebunden. Der Wind wehte beständig frisch und drehte später mehr in Nord, was uns und unserem Kurs in Richtung Nord-Als sehr entgegenkam. Nachdem wir Lyø Trille und Horne Land passiert und offenes Wasser erreicht hatten, haben wir das Vorsegel etwas eingerollt, und mit flotten 7 Knoten rauschte das elbkind in Richtung Heimat. Unterwegs konnte ich meinen Skipper mit einem kleinen Stunt beeindrucken. Bei widrigen Bedingungen (2-m-Welle abwechselnd von vorne bzw. quer aus dem Kleinen Belt) bin ich in der Kombüse verschwunden und habe für unseren Grillabend in Dyvig auf die Schnelle einen Bulgursalat geklöppelt. Der Gasherd mit kardanischer Aufhängung hat sich dabei wirklich gut bewährt. Thue war schwer beeindruckt von seinem seefesten Smutje. Langsam werde ich zu einem echten Salzbuckel, den weder Wind noch Welle, geschweige denn ein schaukelndes Schiff aus der Ruhe bringen können. 😊👍🏼

Nach ca. 28 sm und gut vier Stunden Segelzeit (unser absoluter Rekord auf dieser Strecke) liefen wir durch die Einfahrt „E Gaf“ nach Dyvig und wurden von unseren Stegnachbarn und der Acadia-Besatzung herzlich in Empfang genommen. Abends wurde unsere Rückkehr natürlich standesgemäß bei einem gemütlichen Grillabend mit lecker Essen und Wein aus Torbens Vorräten gefeiert. Bei sommerlichen Temperaturen saßen wir im Freien. Über 6 Wochen waren wir unterwegs gewesen und haben uns so oft besseres Wetter gewünscht. Jetzt war der Sommer endlich zurück. Besser spät als nie!

Come sail away with me…

Als einige Tage später Wind und Wetter einigermaßen passten, konnten wir Kopenhagen endlich im Kielwasser liegen lassen und sind nach Dragør aufgebrochen. Das war zwar nur einen Katzensprung von 12 sm entfernt, aber wir freuten uns auf ein bisschen Tapetenwechsel. Weil es zur Abwechslung wieder mal ziemlich windig war, sind wir nur mit der Genua gesegelt und hatten Dragør schon nach gut nach zwei Stunden erreicht. Fürs Wochenende stand ein Hafenfest auf dem Programm.

fullsizeoutput_1bfe
Unsere Route vom Tuborg Havn nach Dragør

 

Wie schon beim letzten Mal hatten wir uns für den alten Hafen entschieden, weil die Atmosphäre dort viel gemütlicher ist als im neuen Hafen nebenan. Auf der Suche nach einem geeigneten Liegeplatz tuckerten wir langsam im Hafenbecken herum, wir waren offenbar ein bisschen zu spät dran. Wegen des großen Andrangs waren nur noch zwei, drei Plätze direkt an der Kaimauer vor dem Hafenbüro frei. Jetzt wurde es spannend, denn wir mussten an Mooringleinen festmachen, und im Umgang mit Grundgeschirr waren wir noch völlig unerfahren. Dank der tatkräftigen Unterstützung unserer Nachbarn – einem netten deutschen Ehepaar mit einer Nauticat 331 – hat am Ende aber alles prima geklappt. Thue hat zwar eine Weile mit den Leinen rumgefummelt, aber irgendwann war das elbkind dann vernünftig vertäut. Zwischendurch stockte uns kurz der Atem, weil eine der Achterleinen unbemerkt unters Heck gerutscht war und wir Angst hatten, dass sie sich im Propeller verfangen haben könnte. Zum Glück kam aber schnell Entwarnung. Unser Liegeplatz entpuppte sich als ziemlich unruhig – immer wieder drängelten sich noch Boote zwischen uns und die anderen an die Kaimauer, und ständig wurde an- und abgelegt. Streckenweise hätte kaum noch eine Briefmarke zwischen die Schiffe gepasst, die Fender haben lauter gequietscht als die Möwen im Hafen…

 

 

Gleich am ersten Abend bekamen wir Familienbesuch an Bord, eine nette Abwechslung. Rita und Ole schauten vorbei und haben uns sogar ganz vornehm zum Abendessen ins Strandhotel eingeladen. Anschließend gab’s an Bord Kaffee und „til den søde tand“ (auf deutsch: für den süßen Zahn) eine Kostprobe von Ritas köstlicher, selbst gemachter Blaubeertarte. Das Motto des Abends: Natürlich machen wir Diät, aber doch nicht den ganzen Tag! 🍰😎

Unseren Plan, spätestens nach zwei Tagen weiterzusegeln, mussten wir leider vorerst auf Eis legen, denn das Wetter spielte einfach nicht mit. Zu viel Wind aus Südwest war angekündigt, dieser Sommer war wirklich wie verhext! Dazu noch die Hafenfest-Dauerbeschallung und die Essensgerüche der naheliegenden Restaurants, die durch Cockpit und Schiff waberten – wir waren leicht genervt. Einzig die leckeren Burger abends im Café Blink und der tolle Blick über den Hafen konnten unsere Stimmung etwas aufhellen. Der dramatische Abendhimmel und die traumhaften Sonnenuntergänge waren natürlich auch nicht zu verachten, aber eigentlich wollten wir nur eins: endlich weiter!

 

 

Nach vier Hafentagen hatte das Warten dann ein Ende. Frühmorgens ließen wir Dragør im Heckwasser liegen und nahmen Kurs auf den Bøgestrøm. Der Wind wehte mit ca. 8 m/s schräg von vorn. Mit voller Besegelung durchquerten wir erst die Køgebucht und dann die Faxebucht. Als wir den Bøgestrøm erreicht hatten und die Windrichtung nicht mehr passte, holten wir die Segel ein und starteten den Motor. Inzwischen waren wir ja quasi alte Hasen und die geringe Wassertiefe konnte uns überhaupt nicht mehr aus der Ruhe bringen. Auf dem Hinweg hatte Thue unsere Fahrt digital getrackt (so ein Fuchs! 🐺), und nun konnten wir in aller Seelenruhe unserer früheren Route folgen. Ich hatte das Ipad auf den Knien, Thue stand am Ruder und wurde von mir mit den nötigen Infos gefüttert. Tonne für Tonne wurde abgehakt. Das war prima Teamwork, und eins ist sicher: der Rückweg durch den Bøgestrøm war um einiges entspannter als der Hinweg. Diesmal war mein Skipper sogar ansprechbar! 😜

Eigentlich hätten wir die Nacht gern in Vordingborg verbracht, aber Thue befürchtete, dass das elbkind zu viel Tiefgang haben könnte. Mit 62 sm auf der Logge machten wir deshalb am späten Nachmittag im kleinen Hafen der Insel Masnedsø fest.

 

Laut Angaben in den Revierinformationen für Segler ist die Marina Masnedsø gerade mal 22 x 15 m groß. Kurz vor Ladenschluss um 17.00 h konnte Thue noch schnell das Hafengeld im Marinecenter nebenan bezahlen. Nur eine Faurby mit einem älteren dänischen Ehepaar an Bord lag neben uns, sonst war der kleine Hafen völlig ausgestorben. Nach einem Spaziergang zum nächsten Netto-Markt saßen wir gemütlich auf der Wiese direkt am Anleger und hatten richtig Kohldampf. Es gab Samsø-Kartoffeln mit marinierten Heringen, dazu ein kühles Bier. Ziemlich groggy fielen wir kurze Zeit später in die Koje.

Am nächsten Morgen um kurz nach 6 war die Nacht schlagartig vorbei. Die Faurby nebenan legte nämlich ab und veranstaltete dabei ein Höllenspektakel. Obwohl sich kein Lüftchen regte, war das Bugstrahlruder im Dauerbetrieb. OK, jetzt waren wir wach, also  raus aus der Koje und rein in die Klamotten! Gegen halb 7 legten wir ab, Frühstück gab’s unterwegs. Unser Ziel war – zum zweiten Mal in diesem Sommer – Vejrø, dort hatten wir auf dem Hinweg nur einen kurzen Zwischenstopp eingelegt und wollten die Insel gern noch ein bisschen erkunden, besonders das Restaurant Skipperly stand auf unserer Bucket List.

Von Masnedsø aus liefen wir unter Motor über die Untiefen bis zur Storstrømbrücke. Nach der Fahrt durch den Bøgestrøm waren wir inzwischen total unerschrocken, was eine Wassertiefe von ca. 2 m anbetrifft, tie-fen-ent-spannt sozusagen! Als wir die Brücke hinter uns hatten und Vejrø anpeilten, hatten wir es plötzlich mit 8-10 m/s Gegenwind,  1,5 m Welle und treibenden Nebelbänken zu tun, und das war sogar unter Motor ziemlich unangenehm. Schnell waren wir uns einig, dass wir eher nördlicher gehen. Unser neues Ziel hieß Omø – so passte der Windwinkel viel besser, und das elbkind lief deutlich ruhiger durch die Welle.

Und weil gerade alles so super lief, haben wir unsere Pläne ein weiteres Mal über den Haufen geworfen. Omø musste bis zum nächsten Sommer warten und wir nahmen Kurs auf Lundeborg.

Als wir den Großen Belt mit der Genua überquerten, hatte der Wind gedreht und der Windanzeiger zeigte inzwischen 9 – 13 m/s. Ein besonderer Moment war es, als wir einem der größten Containerschiffe der Welt begegnet sind, die Majestic Maersk war unterwegs in Richtung Norden. In sicherem Abstand liefen wir an ihr vorbei, unser AIS-Gerät hatte keinen Grund, Alarm zu schlagen.

img_4210
399 m lang und ziemlich beeindruckend: die Majestic Maersk

 

Als wir uns Lundeborg näherten, stand der Wind mit über 10 m/s aus Nord direkt auf den kleinen Hafen. Windschutz dort war nicht zu erwarten,  und deshalb – Ihr habt es bestimmt schon geraten! – änderten wir unsere Pläne zum dritten Mal und liefen mit Wind direkt von hinten unter Genua in Richtung Süden nach Svendborg . Spätnachmittags erreichten wir den Stadthafen, schon wieder hatten wir über 60 sm auf der Logge. Sogar einen grünen Platz haben wir noch gefunden und waren richtig happy. Der Hafenmeister höchstpersönlich stand auf dem Steg und nahm unsere Leinen an – was will man mehr? 😁

 

fullsizeoutput_1c05
Unsere Route von Masnedsø nach Svendborg

 

Um den erfolgreichen Segeltag abzurunden, fehlten jetzt nur noch eine warme Dusche und eine Pizza im „Bella Italia“. Gesagt, getan. Auf unserer anschließenden Spazierrunde durch den Hafen entdeckten wir noch drei weitere Nordborg-Yachten, unter anderem eine NB 37 aus Travemünde. Mit der Besatzung, Sonja und Göran, haben wir nett geschnackt und erfahren, dass die beiden sogar unserem Blog folgen. Hoffentlich treffen wir uns mal wieder, wir würden uns freuen! 😊

Das Schönste kam zum Schluss: wir waren nicht nur unserem Heimathafen mit Riesenschritten nähergekommen, auch das Wetter wurde endlich besser, die Sonne ließ sich wieder blicken! ☀️

Humlebæk

Dann passten endlich Windstärke und -richtung, und wir konnten mal wieder einen kleinen Törn planen. Am späten Vormittag ging es los in Richtung Humlebæk. Fock und Groß waren oben und es wehte zwischen 5 und 10 m/s. Eigentlich machte das elbkind auch ganz flotte Fahrt durchs Wasser, aber wir hatten ständig mit Winddrehern zu kämpfen. Dazu kam, dass wir auf Backbordhalse unterwegs und damit ausweichpflichtig waren. Irgendwas ist ja immer. Schön war’s trotzdem, denn bei blauem Himmel und Sonnenschein konnten unsere Fleecejacken zum ersten Mal seit langer Zeit mal wieder unter Deck bleiben, und das hat ja auch was! 😉

Nach einem kurzen Törn von ca. 18 sm entlang der Küste Nordsjællands erreichten wir den kleinen Hafen von Humlebæk. Unterwegs hatten wir im Hafenführer gelesen, dass es dort nur 100 Liegeplätze gibt, die in erster Linie von Festliegern genutzt werden. Außerdem sei nur wenig Platz für Hafenmanöver vorhanden. Schöne Aussichten. 😁

Vorsichtig tuckerten wir in die Hafeneinfahrt und spähten in alle Richtungen. Es war wie befürchtet, der Hafen war pickepackevoll. Das Hafenbecken war für Manöver auch wirklich knapp bemessen, aber Thue fuhr trotzdem mutig weiter rein. Und – BINGO – an der Kaimauer war tatsächlich noch ein einziger, schmaler Platz frei, wie gemacht für die schlanken Model-Maße einer Nordborg 40. Ein netter älterer Herr aus Holland half uns beim Festmachen. Wieder mal hatten wir Schwein gehabt und einen schönen Liegeplatz gefunden! 🐷

Humlebæk ist ein altes Fischerdorf in der Nähe von Helsingør, im nördlichen Teil vom Øresund. Seine bewegte Geschichte lässt sich viele hundert Jahre zurückverfolgen. Die Landung bei Humlebæk im Jahr 1700 war der Beginn des großen nordischen Krieges, der mit dem Frieden von Traventhal zwischen dem schwedischen König Karl XII. und dem dänischen König Friedrich IV endete.

 

Der beschauliche Ort ist aber nicht nur bei Seglern beliebt, sondern auch bei Kunstliebhabern bekannt für sein Museum for Modern Art, das Louisiana. Ein Besuch stand ganz oben auf unserer Bucket-List, denn ich hatte schon so viel Positives darüber gehört und Thue eine kleine Ewigkeit damit in den Ohren gelegen. Und: das Louisiana ist nur einen Katzensprung vom gemütlichen Hafen entfernt! Eine gute Idee ist es übrigens, auf dem Weg zum Museum die Abkürzung über den wunderschön angelegten Friedhof der Humlebæk Kirche zu nehmen – bestens geeignet, die Seele mal eine kurze Zeit baumeln zu lassen, bevor man sich der Faszination des Louisiana hingibt. Und das geht wirklich schnell. Hier sind  paar Eindrücke:

 

 

Die Museumsgebäude des Louisiana, die von unterschiedlichen Architekten geplant wurden, liegen in einem weitläufigen Park direkt an der Øresundküste. Neben einer festen Kunstsammlung sind ständig wechselnde Sonderausstellungen im Programm. Fasziniert hat uns die Ausstellung „Illumination“, aber auch die Werke des jungen Picasso haben uns überrascht und dazu beigetragen, dass wir ihn und seine Werke nun aus einem ganz neuen Blickwinkel betrachten. Der schöne Museumspark beeindruckt seine Besucher mit Skulpturen, seltenen Bäumen und Pflanzen und Landschaftskunst. Nette Anekdote: der Name Louisiana stammt vom Vorbesitzer des 1855 erbauten Haupthauses, Alexander Brun. Er benannte das Anwesen nach seinen drei Ehefrauen, die tatsächlich alle den Vornamen  Louise trugen!

Aber zurück zum Segeln und dem gemütlichen Hafen von Humlebæk. Statt eines Bezahlautomaten leistet man sich hier noch den Luxus eines „richtigen“ und sehr netten Hafenmeisters namens Per. Von ihm bekommt man beim Bezahlen des Hafengeldes keine selbstklebende Hafenplakette für den Bugkorb, sondern eine kleine, handgeschriebene Quittung. Auf deren Rückseite befindet sich ein Lageplan mit Einkaufsmöglichkeiten, die allerdings nicht gerade um die Ecke liegen. Am besten erreicht man sie mit dem Fahrrad. Die Drahtesel können im Hafen ausgeliehen werden – ziemlich alte Schesen zwar, aber dafür ist der Verleih kostenlos.

 

 

Gemütliche Abende mit viel deutsch-dänisch-englischem Klönschnack verbrachten wir mit unseren holländischen Stegnachbarn und unseren Segelfreunden Pia und Carl. Unter alten Bäumen direkt an der Kaimauer fanden wir Sitz- und Grillmöglichkeiten, und auch das Wetter spielte einigermaßen mit beim Abendessen unter freiem Himmel (die Mücken-Attacken sollen hier mal unerwähnt bleiben 😉).

Gleich am ersten Abend hatte eine niedliche Ente uns als potentielle Futterquelle ausgemacht. Sie (oder er?) tauchte völlig furchtlos am Tisch auf und lud sich zum Essen ein. Wir hatten richtig Spaß!

 

Nach drei Nächten in Humlebæk haben wir uns dann entschieden, nach Helsingborg auf der schwedischen Seite des Øresund zu segeln. Denn die Hoffnung, in diesem Sommer Anholt zu besuchen, hatten wir noch immer…

Kopenhagen. Geht immer, besonders bei Südwestwind.

Bei totaler Flaute und Sonnenschein verließen wir Dragør morgens in Richtung Tuborg Havn. Es war schwül-warm, und weil sich kein Lüftchen regte, lief der Volvo.

Plötzlich – Attacke! Myriaden von Minifliegen kaperten das Schiff und ließen sich überall nieder: am Segelsack, auf und unter dem Deck, in Nasen, Ohren und Mündern. Alles war schwarz, und die Plagegeister ließen sich auch nicht abschütteln. Eigentlich logisch, dass es bei so einem Überfall gar keinen Sinn macht, wild herumzufuchteln um zu versuchen, die Viecher zu verjagen. Aber die körpereigenen Reflexe waren doch stärker. Wir konnten gar nicht anders, ununterbrochen schlugen wir um uns. Ab und zu sind wir eine kleine Runde im Kreis gefahren, denn das war die einzige Möglichkeit, die ungebetenen Gäste wenigstens mal für einen kurzen Moment loszuwerden und uns eine Pause zu verschaffen. Aber nur Sekunden später waren die Plagegeister auch schon wieder zurück. Reine Nervensache! Erst als der Tuborg Havn näher rückte, entspannte sich die Lage an Bord wieder und unsere blinden Passagiere verzogen sich langsam. Nach dem Anlegen mussten wir das Schiff dann erst mal von unzähligen Fliegenleichen befreien, schöne Fleißarbeit. 😬 Zum Glück haben wir einen Mini-Staubsauger an Bord und am Steg hing ein Wasserschlauch….

IMG_4017
Fliegeninvasion!

Unser Aufenthalt in Kopenhagen war wirklich schön und abwechslungsreich. Es gab lustige Familienabende zusammen mit Thues Kids, wir waren gemeinsam essen, haben gegrillt, zusammen gekocht und Hausmusik gemacht. Anne-Marlene ist wirklich ein Naturtalent auf der Ukulele! Der absolute Renner war das „Tüdelband“-Lied, das sie auf Wunsch eines einzelnen Herrn 😉 einstudiert hatte. Wer mag, kann hier gern mal reinhören:


Ein Stadtbummel durfte natürlich auch diesmal nicht fehlen. Auffällig war, dass die gesamte Innenstadt Kopenhagens von Kreuzfahrttouristen bevölkert wurde. In der Fußgängerzone Strøget konnte man kaum einen Fuß vor den anderen setzen. Das Kreuzfahrt-Business scheint eine gute Einnahmequelle zu sein. Nach wie vor sind wir froh, dass wir auf eigenem Kiel unterwegs sind. Man soll ja nie nie sagen, aber schwimmende Hochhäuser wie mein Schiff, Aida, MSC & Co. werden wir uns garantiert erst dann von innen ansehen, wenn wir unser Großsegel nicht mehr allein hochziehen können, wahrscheinlich selbst dann nicht. Dagegen könnte ich mir eine Kreuzfahrt unter Segeln sehr gut vorstellen, aber dafür müsste man natürlich erst mal im Lotto gewinnen.

Bei konstanter Südwestwindlage war an Weitersegeln nicht zu denken. Egal, welche Möglichkeit wir andachten, sie wurde schnell wieder abgewählt. Richtung Schweden? Oder vielleicht Anholt? Zu riskant bei der aktuellen Wetterlage, man muss ja schließlich auch irgendwann wieder zurück… Richtung Heimat? Gegenwind, keine Chance. Die Alternative? In Kopenhagen bleiben. Bei einer Radtour in die Innenstadt haben wir uns mal die neue Brücke Inderhavnsbroen angesehen. Sie verbindet den Nyhavn mit dem Stadtteil Christianshavn und ist ausschließlich für Radfahrer und Fußgänger gedacht. Ursprünglich sollte sie schon im Jahr 2013 fertig sein, aber Pleiten, Pech und Pannen haben die Bauzeit begleitet. Im Juli 2016 war es dann endlich so weit, die Brücke konnte eröffnet werden. Gemeinsam mit den weiteren Brücken, der Cykelslangen, der neuen Cirkelbroen von Künstler Olafur Eliasson und dem kürzlich fertiggestellten Harbour Circle Path eine weitere tolle Verbesserung für die sowieso beste Radfahrerstadt der Welt! 🚲

Mein Skipper auf der Inderhavnsbroen

Weil wir gerade in der Nähe waren, haben wir auch gleich dem Freistaat Christiania einen Besuch abgestattet, da wollte ich nämlich schon lange mal hin. Christiania wurde 1971 von dem Journalisten Jacob Ludvigsen ausgerufen und ist von der dänischen Regierung bis heute als autonome Kommune geduldet. Inzwischen auch über die Grenzen Dänemarks hinaus bekannt sind seine Lastenfahrräder, die hier gebaut und auch für den Transport von Kindern genutzt werden. Schon bei unserem letzten Besuch im Sommer ging mir ja bei diesem niedlichen Anblick das Herz auf. (Kindertransport in Kopenhagen) Ich war einigermaßen überrascht, wie kommerziell Christiania aufgezogen ist, irgendwie hatte ich mir alles viel alternativer vorgestellt. Im Gastro-Bereich werden Kaffee und Kuchen verkauft und neben bunten Klamotten, Souvenirs und Hippie-Schmuck wird dem Besucher von vermummten Gestalten natürlich auch Cannabis in sämtlichen Variationen angeboten. Und obwohl Christiania eine der beliebtesten Touristenattraktionen Kopenhagens ist, ist Fotografieren strengstens verboten. Wer das ignoriert und Kamera oder Smartphone zückt, wird sofort streng zurechtgewiesen. Könnt Ihr Euch vorstellen, wie ein „Smombie“ (Kombination aus Smartphone und Zombie) wie ich in solchen Momenten leiden muss? Das war wirklich schade, und deshalb gibt’s hier auch nur Fotos von außen.

Wegen der andauernden Südwestwindlage richteten wir uns im Tuborg Havn fast häuslich ein. Während Thue es sich an Bord mit der Familie gemütlich machte, bin ich mit dem Zug nachhause gefahren, habe mal unsere Post gesichtet, ein paar Rechnungen bezahlt, den Garten in Ordnung gebracht und ein bisschen Zeit mit meinen Eltern und meinem Töchterchen verbracht. Nach 4 Tagen Heimaturlaub ging’s dann wieder zurück an Bord. Weil sich an der Wetterlage noch nichts geändert hatte, kauften wir am nächsten Tag eine Zugfahrkarte und machten einen Ausflug zum Dyrehavesbakken, dem ältesten Vergnügungspark der Welt. Er liegt nördlich von Kopenhagen in Klampenborg, ist von März bis Ende August geöffnet und der Eintritt ist – im Gegensatz zum Tivoli in Kopenhagen – frei. Ein kleiner Spaziergang oder eine Kutschfahrt vom S-Bahnhof durch die schönen Straßen des Tiergeheges Jægersborg führt den Besucher zum „Bakken“. Neben einer Zirkusrevue, einer Freilichtbühne, Schießbuden, Restaurants, Cafés und Karussells kann man hier eine der berühmtesten Attraktionen, die „Rutschebanen“ bestaunen, die im Jahr 1932 Walter Quinlan, einem irischen Ingenieur, konstruiert wurde und als eine der ältesten Holz-Achterbahnen Europas Seltenheitswert besitzt.

Mein persönliches Highlight an diesem Tag war allerdings ein Besuch in der Kleinstadt Korsbæk, dem fiktiven Schauplatz der dänischen Fernsehserie Matador, deren leidenschaftliche Fans wir sind. Auf dem Bakken wurde Korsbæk nachgebaut. Neben den bekannten Häusern und Geschäften sind wir bei unserem Besuch tatsächlich einigen der Protagonisten wie Maude und Hans-Christian und dem Grisehandler Larsen begegnet, der mit seinem Hund Kvik eine kleine Runde durchs Städtchen drehte und sich sogar mit uns unterhalten hat. So herrlich!

Im Tuborg Havn haben wir unsere Segelfreunde Pia und Carl aus Humlebæk wiedergetroffen; im vergangen Jahr hatten wir sie im Gästehafen von Kappeln kennengelernt. Die zwei haben große Pläne, haben ihr Haus für ein Jahr vermietet und wollen in Kürze auf große Fahrt gehen. Der Mast ihrer Yacht wird gelegt, und dann geht es durch die Kanäle von Deutschland, Holland, Belgien und Frankreich bis ins  Mittelmeer. Toll! Wir wünschen den beiden viel Spaß und drücken besonders Pia die Daumen, dass ihre Gesundheit mitspielt.

Zusammen mit Carl haben wir uns im Tuborg Havn die 67-Fuß-Segelyacht“Oceans of Hope“ angesehen. Von Juni 2014 bis November 2015 ist sie mit Skipper, Crew und einer Besatzung von MS-Patienten um die Welt gesegelt. Mikkel Anthoniesen, Arzt in der Skleroseklinik vom Rigshospital Kopenhagen hat das wunderbare Projekt Sailing Sclerosis – Oceans of Hope ins Leben gerufen und war während des 17monatigen Törns auch Skipper an Bord. Sein Ziel war es, Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung der MS-Patienten an Bord durch neuen Lebensmut zu ersetzen, was ihm zweifelsohne gelungen ist. Während der Weltumsegelung gab es an Bord keine Patienten mehr, sondern ausschließlich Crew-Mitglieder. Jeder hatte seine Aufgabe zu erfüllen – und wenn sie noch so klein war. An dieser Stelle herzlichen Dank an Bertram Christensen – Crew der Oceans of Hope und derzeit Hafenassistent im Tuborg Havn – der sich die Zeit genommen hat, uns das Schiff zu zeigen und zu erklären.

IMG_4155

Wenn man längere Zeit in einem Hafen zubringt, erlebt man nicht nur schöne, sondern manchmal leider auch tragische Momente. Als wir nachmittags von einer Radtour zurückkamen, hatte gerade eine Melges 24 aus Greifwald festgemacht. Die Besatzung, eine 3-köpfige Familie aus Greifswald, war mit den Nerven ziemlich am Ende. Während ihres Törns von Borstahusen in Schweden nach Kopenhagen wollte Madlén, eine gute Seglerin, bei relativ starkem Wind das Vorsegel tauschen. Dann ging alles ganz schnell – eine Böe kam, Madlén stürzte und brach sich zwei Knochen der rechten Hand. Glücklicherweise war sie war eingepickt, sonst wäre sie bei der Aktion wahrscheinlich über Bord gegangen. Thue begleitete sie als Dolmetscher in die Klinik nach Gentofte, wo die Diagnose gestellt und ein Gips angelegt wurde. Am übernächsten Tag fuhr die tapfere Patientin mit dem Bus zurück nach Greifswald, dort wurde die Operation inzwischen erfolgreich durchgeführt. Wir wünschen Dir gute Besserung, liebe Madlén!

Last, but not least, muss ich Euch unbedingt noch meine neue Freundin Amy vorstellen. Sie ist eine junge Spandador-Hündin (Kreuzung aus Labrador und Cockerspaniel) und verbrachte – wie wir – viel Zeit im Hafen. Von ihrem Aussichtsplatz am Steg hatte sie die Lage hervorragend im Blick. Ich habe noch nie einen Hund erlebt, der SO gut gehorcht wie Amy! Das war wirklich beeindruckend. Fröhlich und freundlich war sie außerdem, immer bereit für ein kleines Spielchen und ein paar Streicheleinheiten. 🐶

Als der Wind dann endlich mal einigermaßen passte, machen wir uns auf nach Humblebæk an der Øresundküste Seelands. Mehr darüber gibt’s demnächst an dieser Stelle.

Ganz schön fischig: Dragør

Bei Wind aus südlicher Richtung sind wir nach drei Tagen in Skanör wieder zurück nach Dänemark gesegelt. Nur mit der Fock ging es mit gemütlichen 4-5 kn wieder über den Øresund. Faules Segeln! Unser Ziel war Dragør – schon im vergangenen Jahr hatten wir hier ein paar Tage verbracht. Das kleine Städtchen ist mit seiner schönen Atmosphäre, den uralten, gelb getünchten Fischerhäuschen und den kleinen Gassen mit Kopfsteinpflaster inzwischen eins unserer Lieblingsziele. Das Thema Fisch wird hier schon seit Ewigkeiten großgeschrieben, in früheren Zeiten trafen sich im Sommer tausende Handelsleute aus der ganzen Welt für den Handel mit Heringen. Im Jahr 1370 erhielten die Hansestädte das Recht auf Handelsprivilegien und das Konservieren von Heringen. Das alles ist natürlich längst Vergangenheit, aber noch immer herrscht in der Fischräucherei im Hafen großer Andrang. Wer lieber frischen Fisch möchte, kann 5 Skrubber (Flunder) für 50 Kronen direkt vom Kutter kaufen oder sich in einem der Fischrestaurants kreuz und quer durch die Speisekarte futtern. Die Auswahl ist groß.

Weil wir schon vormittags im alten Hafen eingelaufen sind, haben wir einen prima Liegeplatz im südlichen Teil des Hafens gefunden. Glück gehabt, denn gerade in der Hochsaison ist Dragør ein beliebtes Ziel für viele dänische und schwedische Segler. Wieder mal bestätigte sich, dass wir mit unserer schlanken Nordborg so gut wie immer einen Liegeplatz finden – egal, wie voll es ist. Die große Marina gleich nebenan bietet zwar viele Liegeplätze, hat aber im Vergleich zum alten Fischerei- und Stadthafen nur wenig Flair. Kleiner Schmunzler gleich bei der Ankunft: an unserer Steuerbordseite lag eine Hallberg-Rassy mit dem klangvollen Namen „Carius“. Dreimal  dürft Ihr raten, was der Eigner beruflich macht. 💉😬

Wir hatten gerade festgemacht, als plötzlich Lodewijk auf dem Steg auftauchte und  uns fröhlich begrüßte. Ihn und und seine Frau Barbara hatten wir erst vor ein paar Tagen auf Vejrø kennengelernt, und schnell waren wir auf ein Glas Wein am Abend verabredet. Nachmittags bekamen wir aber erstmal Familienbesuch an Bord. Thues Schwester Elisabeth hatte das elbkind über Marine Traffic ausfindig gemacht – über das AIS-System sind wir ja jederzeit leicht zu orten. Es folgten ein gemütlicher Kaffeeklatsch im Cockpit und lecker Abendessen zu dritt im Café Blink am Hafen. Als unser Besuch sich auf den Heimweg machte, warteten noch Barbara und Lodewijk auf uns. Stress pur! 😎🍺🍷

Am nächsten Tag machte das schöne Sommerwetter Lust auf einen kleinen Spaziergang durchs Städtchen. Die Bilder sprechen für sich. Die Stimmung in Dragør ist wirklich etwas Besonderes.

Am nächsten Tag wurden dann unsere Bromptons 🚲 aus der Backkiste gehievt, und eine längere Fahrradtour nach Søvang und Kongelund stand auf dem Programm. Dänemarks angeblich längsten Badesteg, auf den wir unterwegs zufällig trafen, fanden wir ziemlich beeindruckend. Und von den gut ausgebauten Fahrradwegen in Dänemark bin ich sowieso immer wieder begeistert, so macht Radfahren richtig Spaß!

Beim Café Espersen im Hafen war abends Partystimmung. Es gab BBQ und gute Livemusik, das ist in Dragør an den Sommer-Wochenenden Tradition. Klar, dass alle Plätze schnell besetzt waren, aber wir konnten das Konzert vom Cockpit aus miterleben. Eigentlich noch besser, denn wir haben die Füße hochgelegt, mussten nicht auf einen Kellner warten und konnten uns an unserer Kühlbox selbst bedienen.

Nach drei schönen, sonnigen Tagen ging es dann weiter nach Kopenhagen. Als Neu-Mitglied im KDY hatten wir uns im Tuborg Havn angekündigt, nur knapp 12 sm von Dragør entfernt. Ein längerer Aufenthalt war geplant, denn Kopenhagen bedeutet für uns auch immer, schöne Stunden gemeinsam mit der Familie zu verbringen. Wenn man schon mal da ist, bietet sich das ja an! 😊

 

Nichts für schwache Nerven: der Bøgestrøm

Gleich am nächsten Morgen ging es weiter Richtung Norden. Als wir morgens von Vejrø ausliefen, hatten wir den Wind direkt von hinten mit 8, in Böen bis zu 12 m/s.

Diesmal wollten wir es wagen und durch den Bøgestrøm fahren. Wer nach Schweden oder Kopenhagen will, spart nämlich einige Seemeilen, wenn er sich für den Bøgestrøm entscheidet, und wir hatten einfach keine Lust auf die lange Strecke über Stubbekøbing und Klintholm. Der einzige Haken: das Fahrwasser ist nicht gerade tief, und unser Schiff  hat einen Tiefgang von 1,95 m. Obwohl die Fahrrinne auf 2,3 m Tiefe ausgebaggert ist, wird es an einigen Stellen sehr schnell flach, und man muss ganz genau aufpassen, wo man hinfährt. Außerdem ist das Gebiet stark verkrautet, so dass unser Tiefenmesser ständig Alarm schlug. Wie hypnotisierte Kaninchen starrten wir aufs Display und rechneten eigentlich jeden Moment damit, dass es rummst und wir auf Grund laufen. Nichts für schwache Nerven – unsere lagen jedenfalls ganz schön blank!

Es ging schon spannend los. Nachdem wir die Storstrømbrücke passiert hatten, tauchten plötzlich jede Menge Tonnen im Fahrwasser auf, die wir auf unserem Plotter nicht ausfindig machen konnten. Und das, obwohl die Navionics Software aktuell ist und Thue erst vor kurzer Zeit ein Update gemacht hatte! Mein Gatte war plötzlich sichtlich angespannt und wortkarg, und ich mucksmäuschenstill. Jetzt bloß nichts Falsches sagen oder ihn ablenken…😁

Auf der Strecke von Vordingborg nach Kalvehave ließen wir den Motor laufen, denn der Wind war nicht stabil und kam böig von hinten. Unter Segel hätten wir zu häufig halsen müssen. Hinter Kalvehave dann wieder dasselbe Spiel: mehrere Tonnen waren entweder nicht in unseren Karten verzeichnet oder standen auf anderen Positionen. Wir folgten dem betonnten Fahrwasser und ließen den Plotter einfach außer acht. Wie gesagt, das Fahrwasser ist um die 2,3 m oder tiefer, aber unser Tiefenanzeiger ging teilweise runter bis auf  1,4 m. Die Ursache: jede Menge Kraut und Seegras auf dem Meeresboden.

Über eine ziemlich lange Strecke sind wir dann einfach einer anderen Yacht gefolgt. Deren Skipper kannte sich offenbar genauso wenig aus wie wir und änderte ständig seinen Kurs – von hinten sah es aus, als hatten die Jungs dasselbe Problem wie wir: erst nach Navionics Karten gesteuert, dann plötzlich die Tonnen entdeckt und sich doch lieber an den echten Seezeichen orientiert. Für uns war’s praktisch, vor uns wurde Blut und Wasser geschwitzt und wir konnten einfach hinterherfahren, ganz problemlos und ohne Zickzackkurs. 😎

Im Flachwasser nördlich der Insel Nyord wurde es dann plötzlich lebendig. Unzählige Schwäne waren unterwegs, das Wasser war weiß wie Schnee! Leider habe ich gar nicht daran gedacht, ein Foto zu machen – wahrscheinlich war ich einfach zu fasziniert von diesem schönen Naturschauspiel.

Nachdem wir den Bøgestrøm endlich hinter uns hatten, ging’s unter Genua auf Halbwindkurs bei 9-12 m/s und einer Welle von 1,5 m nach Rødvig. Nach über sieben Stunden erreichten wir den Hafen, und dort wurde schon ordentlich gedrängelt. Neben einer X331 aus Schweden mit einer sehr freundlichen Crew machten wir im Päckchen fest. Geschafft!

IMG_3971
Endlich in Rødvig fest!

<b
bsuperleckere Abendessen im kleinen Thai-Restaurant direkt am Hafen hatten wir uns nach gut 50 Seemeilen nervenaufreibender Fahrt wirklich verdient. Und ein großes Bier hat dann auch schnell geholfen, das restliche Adrenalin im Blut nach diesem aufregenden Segeltag endgültig wegzuspülen.

Bei einem kleinen Abendspaziergang durch den Hafen gab es einige Kuriositäten zu entdecken. Fasziniert hat uns dieses kleine Motorboot, das offenbar schon so lange ungenutzt im Hafen lag, dass hinter dem Steuerstand in aller Ruhe Blumen wachsen konnten. Und die standen gerade in voller Blüte. Herrlich!

IMG_3970

<b
bdiesen Wohnwagen fanden wir klasse:

IMG_4726

<b
bn fand ich auch dieses Schild an einer kleinen Eisbude. Ich kann mir gut vorstellen, dass der Spruch unser Motto für diesen Sommer wird. Der lässt uns mit seinem unbeständigen Wetter nämlich ganz schön im Stich…

IMG_3972

<br

;

All inclusive: Welcome to Vejrø!

Ein paar Tage später ging es weiter nach Vejrø. Fast gleichzeitig mit der „Ragazza“, die sich nach Marstal aufmachte, segelten wir mit Kurs Südost von Kerteminde los. Rosi und Hans mit ihrer „Hein Mück“ waren schon frühmorgens mit Ziel Svendborg aufgebrochen. Immer diese Frühaufsteher…😎

Als wir unter der Storebæltbrücke durchwaren, das Verkehrstrennungsgebiet im großen Belt hinter uns hatten und Kurs auf Agersø nahmen, lief unser Schiff plötzlich 8,2 kn über Grund. Kein Seemannsgarn! Für alle, die jetzt ungläubig den Kopf schütteln, gibt es sogar ein Beweisfoto. Wir waren richtig im Geschwindigkeitsrausch, ein nettes Kontrastprogramm zu dem Dauerregen, der uns wieder mal überraschte. (Man fragt sich ja manchmal, was die Wetterfrösche von DMI und YR.NO eigentlich hauptberuflich machen)

IMG_3959

Vejrø liegt im Smålandsfahrwasser zwischen Sjælland und Lolland, ca 40 sm von Kerteminde entfernt. Die idyllische kleine Insel ist nur 1,6 Quadratkilometer groß, hat laut Wikipedia 4 Einwohner und ist seit 2006 im Besitz eines reichen Dänen. Der hat sich für die segelnden Gäste ein besonderes Konzept überlegt: Für ein Schiff wie das elbkind muss man zwar 350 DKK (umgerechnet rund 47 €) berappen, was ja im ersten Moment klingt, als hätte man sich verhört. Stimmt aber tatsächlich, denn das Motto auf Vejrø lautet „all inclusive“: Duschen, Waschmaschine und Trockner, Mountainbikes in verschiedenen Größen, ein Tennisplatz, eine Petanquebahn, sogar die Grillkohle – alles darf kostenlos benutzt werden. Für ein Schiff mit 4 Leuten Crew kann sich das schnell rechnen.

Als wir in Vejrø einliefen, waren im kleinen Hafen noch reichlich Plätze frei. Insgesamt gibt es 85 Plätze für Gastlieger. Das Hafengeld bezahlt man im Hotel / Restaurant „Skipperly“, das nur einen Katzensprung entfernt von der Marina liegt. Leider haben wir es diesmal nicht geschafft, aber wenn wir mal wieder da sind, werden wir das Restaurant bestimmt ausprobieren. Unter der Überschrift „fra mark til mund“ (vom Feld in den Mund) wird eine ehrliche Landküche mit ökologischen Produkten von der Insel angeboten. Im Skipperly gibt es übrigens auch eine Bar und einen Hofladen mit Bio-Produkten; auch die Brötchen für’s Frühstück können hier vorbestellt werden.

 

Erstaunlich fanden wir, dass so manches deutsche Schiff offenbar nur auf Vejrø anlegt, damit Mutti mal wieder Wäsche waschen kann. Denn das ist ja schließlich im Preis enthalten, und den ganzen Tag wird auch nichts anderes gemacht. Kochwäsche, Buntwäsche, Feinwäsche… Vor Waschmaschine und Trockner standen unzählige Tüten und Taschen mit Wäsche ordentlich aufgereiht, und mit Argusaugen wurde darüber gewacht, dass sich auch niemand vordrängelt. Lustig, und irgendwie auch typisch deutsch. Die dänische Bordfrau runzelt darüber nur kurz die Stirn und fragt sich, warum man sich im Urlaub so intensiv mit Wäsche beschäftigen muss. Und mein Skipper ist ja sowieso der Meinung, dass wir nur regelmäßig den Hafen wechseln müssen, damit niemandem auffällt, dass er sein Poloshirt schon den dritten Tag trägt. 😄

Abends beim Grillen auf der Wiese haben wir Barbara und Lodewijk kennengelernt, ein nettes Ehepaar aus Amsterdam. Die beiden waren  mit ihrer Najad 361 unterwegs nach Westschweden. Am Lagerfeuer kamen wir ins Klönen, und ein paar Tage später haben wir uns dann zufällig in Dragør wiedergetroffen. Eine schöne Begegnung!

Am nächsten Morgen ging es dann schon weiter nach Rødvig, ein Törn von ca. 50 sm. Wir wollten zum ersten Mal den Bøgestrøm durchfahren, was mit unserem Tiefgang von 1,95 m etwas grenzwertig ist. Aber es soll ja Skipper geben, die  gelegentlich einen kleinen Nervenkitzel brauchen. 😉 Fortsetzung folgt!

Wundertüte Kerteminde

Und dann kam Kerteminde, und damit ein absolutes Kontrastprogramm zu Nyborg.

Um unser Ziel zu erreichen, mussten wir die Brücke über den großen Belt passieren. Eigentlich kein Problem, aber weil unser Mast inkl. Antenne über 19 Meter hoch ist, konnten wir nur eine der hohen östlichen Brückensektionen durchfahren. Das bedeutete einen Umweg von ca. 8 sm, bei dem Schietwetter nicht gerade ein Vergnügen.

Der Wind kam mit 8 bis 12 m/s aus Nordwest, in Böen blies es bis auf bis 16 m/s auf. Mit der Fock segelten wir bis zur Brückendurchfahrt, dann hatten wir den Wind direkt von vorn. Also wie so oft: Segel runter, Motor starten.

IMG_3859
Wind von vorn und jede Menge Salzwasser auf dem Deck…

Nach ca. vier Stunden liefen wir in Kerteminde ein und machten mit dem Bug nach West längsseits an einem der Gästeplätze im Kanal fest. Windschutz im Cockpit ist ja immer die halbe Miete 😊. Vor uns an der Mole lag der schöne Traditionssegler „Grønne Erna“ aus Svendborg. Es wehte noch immer eine steife Brise, und der Skipper (er ist ja eher der Vollkasko-Typ 😉) sicherte unser Schiff mit sämtlichen Fendern, die an Bord aufzutreiben waren.

Die Marina Kerteminde kannten wir bisher noch nicht. Thue hatte hier vor vielen Jahren nur mal einen kurzen Stopp gemacht, um ein Folkeboot zu kaufen und abzuholen. Wir waren angenehm überrascht, denn es herrschte eine sehr schöne, freundliche Atmosphäre im Hafen. Gleich zwei Restaurants liegen direkt im Bereich der Marina (unser Favorit: der Kerteminde Sejlklub). Zum gut sortierten SuperBrugsen braucht man zu Fuß höchstens fünf Minuten, perfekt zum Proviantieren.

In der Ferienzeit gibt es am Mittwochnachmittag kostenlose Livemusik vor dem Hafenbüro, und wenn man drei Nächte bleibt, muss man nur für zwei bezahlen (Achtung, liebe Segler: falls Ihr dieses Angebot nutzen wollt, bezahlt bitte das Hafengeld nicht am Automaten, sondern beim Hafenmeister). Ganz in der Nähe des Hafens liegt das Erlebnis- und Forschungszentrum Fjord & Bælt, an Regentagen eine schöne Abwechslung für kleine und große Segler.

Wer sich für Kunst interessiert, sollte auf keinen Fall das Johannes Larsen Museum auf dem Møllebakken verpassen. Die Villa des Künstlerehepaares Alhed und Johannes Larsen wurde Anfang des 19. Jh. gebaut und steht allen Besuchern offen, außerdem kann man sich das Atelier, einen üppigen Wintergarten und interessante Kunstausstellungen ansehen. Im sehr schön angelegten Garten gibt es seltene Bäume, das „Weinhaus“ und ein gemütliches Café. Direkt gegenüber des Museums liegt auf einem Hügel die alte Mühle „Svanemøllen“, das Wahrzeichen von Kerteminde.

IMG_4612
Svanemøllen – von hier aus hat man einen wunderbaren Blick über den Nordstrand und den großen Belt.

Als Liebhaberin aller Kirchen (und Friedhöfen) kam ich an der Sct. Laurentius-Kirche am Marktplatz von Kerteminde natürlich nicht vorbei, ohne kurz mal reinzuschauen. Besonders die alten Schiffsmodelle,  die in dänischen Kirchen oft von der Decke hängen, haben es mir angetan. In alten Zeiten bedankten sich Seeleute, die dem „nassen Tod“ entgangen waren, so für ihre Rettung. Sie stifteten Schiffsmodelle, die auch heute noch als Zeugnis der Demut in den Kirchen zu bewundern sind. Dieser Brauch hat vor allem in Norddeutschland und Dänemark Tradition.

Am zweiten Tag lief gegen Abend eine alte Freundin, der See-Ewer „Amazone“ aus Kappeln ein. Am Ruder: Skipper Sönke, den wir vor einigen Jahren (als wir noch von einem eigenen Schiff träumten) während eines Segeltörns auf der „Amazone“ kennengelernt haben. Sofort erkannte Sönke das elbkind und uns, und schon von Weitem winkten wir uns zu. Später am Abend saßen wir gemütlich bei einem Bier im Sejlklub zusammen und klönten. Die Seglerwelt ist manchmal klein und man trifft sich immer mal wieder, aber das macht das Ganze auch irgendwie schön.

Am nächsten Tag bekamen wir Nordborg-Unterstützung: Inge und Geoff liefen mit ihrer NB 32 „Ragazza“ von Bogense aus ein, und einen Tag später komplettierten Hans und Rosi mit ihrer NB 37 „Hein Mück“ die Nordborgrunde, sie kamen von Tunø. Dreimal dürft Ihr raten, wo wir uns abends auf einen Drink getroffen haben – genau, zur Abwechslung mal im Kerteminde Sejlklub! 😄 Anschließend stand noch ein kleiner Spaziergang ins Städtchen auf dem Programm, denn anlässlich des „Kirsebærfestivals“, das jedes Jahr am dritten Juli-Wochenende stattfindet, hatte Kerteminde sich etwas Besonderes ausgedacht. In der Abenddämmerung am Renæssancehafen trug die Sängerin Trine Lunau im Licht hunderter Fackeln dänische Volkslieder vor. Ein schöner, berührender Abschluss für unseren Aufenthalt in Kerteminde.

Ganz nebenbei fand in Kerteminde auch noch ein Treffen des NMMK, des „Nordisk Morris Minor Klub“ statt. Tagelang begegneten wir den schönen alten Autos an allen Ecken, und als Finale gab es eine Präsentation aller Wagen am Hafen. Diese Bilder möchte ich Euch auf keinen Fall vorenthalten:

Schön war’s in Kerteminde. Wir kommen bestimmt wieder!

Nyborg – wer nicht hin muss, segelt vorbei.

Hier kommt nun endlich mein Nyborg-Bericht. Man kommt ja zu gar nichts, wenn man segelt, und gut funktionierendes WLAN gibt es auch nur in wenigen Häfen. Aber bevor ich völlig ins Hintertreffen gerate…

Mit Ærøskøbing im Heckwasser ging es morgens in Richtung Svendborgsund. Anfangs stand noch eine ordentliche Welle, aber wir konnten unseren Halbwindkurs gut halten. Während der Fahrt durch den Sund lief  der Motor, weil das Fahrwasser nicht viel Platz zum Manövrieren lässt und man (gefühlt) ständig von Fähren umgeben ist, mit denen mich sowas wie Hassliebe verbindet. Wenn ich selbst Passagier bin, finde ich sie super, aber wenn wir segeln, kann ich sie nicht leiden. Sie sind so riesig groß, immer schneller als man denkt und es interessiert auch niemanden auf der Brücke, ob der kleine Segler da unten im Fahrwasser gerade Schweißperlen auf der Stirn hat, weil er nicht schnell genug aus dem Weg kommen kann.

Als wir den Sund hinter uns gelassen hatten, wurde das Vorsegel wieder gesetzt. Bei frischem Westwind mit bis zu 15 s/m und herrlichem Sonnenschein ging es anschließend die Ostküste von Fünen entlang. Stressfreies Segeln. Nach 6 1/2 Stunden und 45 Meilen hatten wir Nyborg endlich erreicht. Bevor 1998 die Storebælt-Brücke  eröffnet wurde, hatte die Stadt Nyborg mit ihrem Fährhafen eine große Bedeutung. Damals gab es die Fährverbindung Nyborg-Korsør, lebenswichtig für den Autoverkehr zwischen Fünen und Seeland.

Für uns gab es nun zwei Möglichkeiten: Entweder auf der nordöstlichen Seite im alten Fährhafen im Windschatten von modernen, mehrstöckigen Häusern anlegen, oder bis zum Ende des Hafenbeckens durchfahren. Dort gibt es einen Steg, an dem längsseits angelegt werden kann. Eine vielbefahrene Straße ist allerdings ganz in der Nähe (ruhige Nächte gehen irgendwie anders). Kurz zusammengefasst: wir sind zwar kurz mal reingefahren und haben die Lage gepeilt, aber der Fährhafen konnte uns nicht so recht überzeugen.

Die Marina auf der westlichen Seite gefiel uns besser, und es war kein Problem, eine Box zu finden. Die Crew einer deutschen Yacht nahm unsere Vorleinen an, und ruckzuck waren wir am Steg fest. Der Yachthafen bietet ca. 500 Plätze und hat eigentlich alles, was das Seglerherz begehrt. Die Duschen und WCs sind zwar schon etwas in die Jahre gekommen, aber es gibt Grillplätze, Waschmaschinen und Trockner und sogar einen Marine-Shop. Supermärkte wie Kvickly und Netto sind in ein paar Minuten zu Fuß zu erreichen.

Nachdem wir klar Schiff gemacht hatten, wurde an Bord der Ruf nach Pizza laut. Nach so einem langen Törn bleibt die Kombüse natürlich kalt.  Auf der Suche nach einem italienischen Restaurant gondelten wir kurze Zeit später durch Nyborgs Straßen, aber schnell kamen wir zu der Erkenntnis, dass die Suche sich schwierig gestaltet. Die Brasserie an der Mole hatte nur ein mehrgängiges Menü auf der Karte. Im ehemaligen Fährhafen gibt es ein Schnellrestaurant (Burger, Softeis und Hotdogs), aber so verzweifelt waren wir dann auch wieder nicht. Nach einer kleinen Ewigkeit stießen wir auf ein Restaurant namens „Caramba“ in der Nähe des Nyborg Slot. Inzwischen war der Hunger so groß, dass uns alles egal war. Und weil im Restaurant Temperaturen wie in einer finnischen Sauna herrschten, setzten wir uns trotz des grauen Himmels einfach nach draußen. Wir mussten zwar lange darauf warten, aber das Essen war warm und machte satt. Kulinarisch war allerdings noch reichlich Luft nach oben.

Am nächsten Tag stand ein Besuch des Nyborg Schloss auf unserer To-Do-Liste. Mehrere Flügel des Schlosses wurden im Laufe der Jahrhunderte leider abgerissen; heute stehen nur noch der Westflügel und der Turm auf der Ostseite. Mit 80 DKK lag der Eintrittspreis einigermaßen hoch, aber wenn man schon mal in Nyborg ist, will man ja auch kein Kulturbanause sein und alles mitnehmen.

Weil die skandinavischen Wetterseiten DMI und YR.NO für den späten Abend Gewitter angekündigt hatten, haben wir das Schiff verlassen und  – wie schon letztes Jahr von Fåborg aus – einen netten Trip nach Odense gemacht. Mit dem Zug ging das flott, wir waren in zwanzig Minuten da, und das Kino liegt direkt am Bahnhof. Der Film „Virgin Mountain“ war zwar speziell, aber absolut sehenswert. Bevor der Zug zurück nach Nyborg abfuhr, konnten wir in einer Bar noch die letzten Minuten der Verlängerung des EM-Finales mitverfolgen und uns mit Portugal über den Titelgewinn freuen.

Am Abend dann des Skippers unvermeidlicher Blick auf die Wettervorhersage für den nächsten Tag. Ups, das sah nicht besonders gut aus, viel Wind und Regen wurden angekündigt. Aber das war uns egal – aus unerklärlichen Gründen fühlten wir uns beide nicht so richtig wohl in Nyborg, und wir wollten gern weiter. Am nächsten Morgen nahmen wir Kurs auf Kerteminde.

 

 

Für Segler und Romantiker: Ærøskøbing!

Ich weiß gar nicht, was ich schöner finde: – die uralten, windschiefen Stadthäuser von Ærøskøbing oder die kunterbunten Badehäuschen am Vesterstrand. Aber zum Glück muss ich mich ja gar nicht entscheiden.

Eigentlich wollten wir von Svendborg aus weiter in östliche Richtung segeln, aber weil die Langzeit-Windprognose wieder mal nicht passte, haben wir uns spontan für das etwas nähere Ziel Ærø entschieden. Die Inselhauptstadt Marstal haben wir ja im letzten Sommer besucht, und nun war Ærøskøbing an der Reihe. Zuletzt waren wir vor vier Jahren hier, oder sogar schon vor fünf? Wir waren uns nicht sicher – das hat man davon, wenn man nicht regelmäßig Logbuch schreibt! Unser kurzer Törn von Svendborg nach Ærøskøbing bei spitzem Wind und Hacksee war nicht gerade das, was man sich unter entspanntem Segeln vorstellt, aber als kleine Entschädigung für den verpassten Segelspaß konnten wir uns mittags den Liegeplatz in der Marina noch aussuchen – und das, obwohl ganz Dänemark zurzeit Sommerferien hat und viele Freizeitskipper auf dem Wasser sind. Mit dem Bug gegen den Wind machten wir fest, so dass wir windgeschützt im Cockpit sitzen konnten.

Kleine Überraschung: Die Automaten zum Bezahlen der Hafengebühr sind auf Ærø mittlerweile wieder abgeschafft worden. Wie in alten Zeiten gibt es einen Hafenmeister, was ja irgendwie auch viel gemütlicher ist, weil man auch ein bisschen schnacken kann und den einen oder anderen netten Insidertipp bekommt. Morgens und spätnachmittags läuft nun eine Hafenassistentin – ein hübsches, junges Mädchen – die Stege ab und kassiert die Hafengebühren direkt am Schiff. Thue war restlos begeistert, als er die attraktive Blondine entdeckt hatte und meinte, dass sich bei diesem netten Anblick eigentlich jeder Skipper darum reißen müsste, das Liegegeld bezahlen zu dürfen. Männer… 😉

Das idyllische Städtchen Ærøskøbing hat eine über 750 Jahre alte Geschichte und steht unter Denkmalschutz. Hier gibt’s Balsam für die Augen: farbenfrohe Häuschen, schmale Gassen mit Kopfsteinpflaster, Stockrosen an den Hauswänden. Es wird viel dafür getan, das ursprüngliche Stadtbild mit seinen Fachwerk- und Ziegelhäusern zu erhalten. Beim Bummel durch die hübschen kleinen Gassen ist uns aufgefallen, dass deutsche Paare hier offenbar gerne „Ja“ sagen. Uns sind gleich zwei frisch gebackene Brautpaare begegnet, außerdem diverse Autos mit Hamburger Kennzeichen und entsprechender Werbung. Das Geschäft mir der Liebe scheint zu florieren, und ich – als hoffnungslose Romantikerin – finde, die märchenhafte Insel ist genau der richtige Ort zum Heiraten.

Genug vom Heiraten, zurück zum dänischen Sommer: Am ersten Abend freuten wir uns noch über Grillwetter und angenehme Temperaturen, aber am nächsten Tag schlug dann eins der vielen Tiefdruckgebiete dieses Sommers gnadenlos zu. Am späten Nachmittag goss es wie aus Eimern. Glücklicherweise mussten wir nicht unter Deck sitzen, denn wir hatten schon am Vortag einen Tisch bei Mumm’s Restaurant bestellt, das man von der Marina aus schnell zu Fuß erreicht.

Nach einem einem kurzen Fußmarsch durch den strömenden Regen kamen wir  – trotz Regenjacke und Schirm – tropfnass im Lokal an. Der romantische Gastgarten des Mumm’s konnte bei dem Schietwetter natürlich nicht genutzt werden, und der Laden platzte aus allen Nähten. Zum Glück hatten wir reserviert! Das 2-Gänge-Menü war lecker und der Service sehr aufmerksam und freundlich, obwohl Hochbetrieb herrschte. Wir finden, Mumm’s Restaurant ist ein prima Tipp für alle Segler, bei denen die Kombüse auch mal kalt bleiben darf. (Wenn Ihr gern selbst kocht, schaut mal in Cornelia’s Blog „Die See kocht“, hier gibt es tolle Tipps und Rezepte fürs Kochen an Bord).

IMG_3766
Der schöne Gastgarten von Mumm’s Restaurant – diesmal leider keine Option für uns!

Am nächsten Morgen hieß es dann wieder „Leinen los“, und das elbkind startete bei frischem Westwind in Richtung Nyborg. Der Wind wehte zwischen 8 und 14 m/s, wie immer fast 50% mehr als bei DMI oder YR.NO angekündigt. Das kennen wir ja schon. Aber wenigstens schien die Sonne, und wir kamen gut voran.

Nyborg ist übrigens dafür bekannt, dass es dort nicht nur ein Schloss, sondern auch eines der größten Staatsgefängnisse Dänemarks gibt 😬. Wir waren gespannt, was uns erwartet. Fortsetzung folgt!

Dyvig – Heimathafen der Herzen 💙

Diesem Blog würde ein ganz wichtiger Teil fehlen, wenn wir Euch Dyvig vorenthalten würden, unsere Sommerheimat. Unseren Rückzugsort, wenn wir mal Lust auf Hafencamping haben. Kurz: unsere maritime Kuschelecke in Dänemark. Wann immer wir mit anderen Seglern klönen – sobald wir unseren Heimathafen erwähnen, kommen eigentlich alle ins Schwärmen.

Wenn man – so wie wir – am nördlichen Stadtrand von Hamburg wohnt, hat man Dyvig mit dem Auto in nur knapp zwei Stunden erreicht und ist gleich mittendrin in der dänischen Südsee, dem schönsten Segelrevier Dänemarks. Mehr geht nicht!

Dyvig ist ein uralter Naturhafen und liegt auf der süddänischen Insel Als.  Die Ansteuerung von der Stegsvig aus ist zwar etwas kniffelig, aber gut zu schaffen. Wer nicht auf Schlick laufen will, sollte sich bei der Einfahrt durch das betonnte, schmale Gaff einen Moment lang konzentrieren. 2015 wurde das Fahrwasser auf 3,5 m Tiefe ausgebaggert, und seitdem ist die Einfahrt wieder etwas entspannter.

In der Dyvig Bucht liegt man wunderbar geschützt. Und die Landschaft ringsherum ist traumhaft: Der Blick auf Hügel, Wiesen, Wälder und Kornfelder mit Klatschmohn und Kornblumen ist Balsam für die Seele. Sehr interessant: auf der Nordseite der Bucht liegt ein Weinberg!

Und in einer stillen Sommernacht haben wir sogar schon mal dem Gesang einer Nachtigall lauschen können. Ein unvergesslicher Moment.

FullSizeRender-3
Blumenpracht am Feldrand

Wie idyllisch Dyvig ist, hat sich unter Seglern natürlich längst herumgesprochen. Häufig liegen viele Schiffe vor Anker in der Bucht, und die Mjelsvig, ebenfalls ein traumhaftes Ziel für Natur- und Ankerliebhaber, liegt auch gleich um die Ecke.

Wer nachts lieber in einem Hafen festmacht, kann sich in Dyvig gleich zwischen zwei Marinas entscheiden. Diejenigen, die es etwas feiner und vornehmer mögen, steuern „Dyvig Bro“ an, den kleinen Yachthafen auf der Nordseite der Bucht, direkt vor dem malerischen Dyvig Badehotel (es heißt, es sei Dänemarks schönstes). Falls der Smutje mal keine Lust zum Kochen hat und die Bordküche kalt bleiben soll, kehrt man einfach im Hotelrestaurant „Skipperstuen“ ein und lässt es sich gutgehen. Mein Tipp: wenn Ihr gerne Fisch mögt, probiert mal einen „Stjerneskud“, der ist wirklich lecker und einigermaßen erschwinglich. (Essengehen in Dänemark ist ja bekanntlich nichts für den schmalen Geldbeutel 😬)

stjerneskud
Stjerneskud – eine typisch dänische Köstlichkeit

An einem schnuckeligen Eishäuschen am Hafen kann man dänisches Softeis kaufen, und es gibt sogar eine Badeburg vor dem Hotel – im Sommer natürlich ein ganz besonderes, kostenloses Highlight für die kleinen Crewmitglieder.

Dyvig-Badehotel
Das malerische Dyvig Badehotel

Direkt gegenüber liegt die Marina „Dyvig Bådelaug“, unser Heimathafen. Hier geht es eher rustikal, leger und „hyggelig“ zu. Bei gutem Wetter macht man es sich abends in einer der Sitzecken auf den Grillplätzen gemütlich, und bei Schietwetter verkrümelt man sich ins Zelt, das mindestens 50 Personen Platz bietet. Hier kommt man schnell mit anderen Seglern ins Schnacken – ich habe schon mit wildfremden Menschen einen ganzen Abend lang Uno gespielt und hatte Riesenspaß.

Während die Erwachsenen den traumhaften Blick über die Bucht genießen und die Seele baumeln lassen, können sich die Kinder auf der Spielwiese oberhalb der Küste mal so richtig austoben oder entspannt im Beiboot durchs Hafenbecken schippern.

Außerdem gibt’s den kleinen Havnebrugsen, einen Mini-Supermarkt, der für seine eher übersichtliche Größe erstaunlich gut sortiert ist. Vom Joghurt über den Eintopf aus der Dose bis zur Krebsangel findet man hier alles, was in der Bordküche fehlt und das Seglerherz begehrt. Frische Brötchen zum Frühstück können am Vorabend bestellt werden.

IMG_1899
Dyvig Bådelaug, unser kuscheliger Heimathafen

Die Gegend rund um Dyvig ist ideal für ausgedehnte Spaziergänge. Der markierte Wanderweg „Æ Govl“ führt an der Küste entlang nach Mjels (2 km) oder rund um den Mjels Sø (9 km), und die Oldenor-Route (ca. 5,5 km) entlang einem renaturierten See ist besonders Vogelliebhabern zu empfehlen. Aber auch die kleine Stadt Nordborg mit ihrem hübschen Schloss ist einen Besuch wert (ca. 4 km). Gut zu Fuß zu erreichen (3 km) ist auch das kleine Dorf Holm, wo ein altes Hjortspringboot und der Jollmansgården – der älteste Hof auf Als – besichtigt werden können.

In der Hauptsaison fährt mehrmals täglich ein Bus von Dyvig über Nordborg zum Universe, einem Erlebnispark, der speziell für Kinder interessant ist. So lässt sich auch mal ein Regentag mit Spaß überbrücken.

So, jetzt höre ich auf zu schwärmen. Falls Ihr ein bisschen neugierig geworden seid, kommt doch einfach mal vorbei. Es lohnt sich! Die Koordinaten sind 55° 02.5′ N, 9° 42.2′ E.

Vielleicht laufen wir uns ja sogar über den Weg – falls wir uns wieder mal nicht losreißen konnten.. 😉

Ansteuerung Dyvig

Segelpromis auf Årø

Es soll ja Leute geben, die möglichst keinen Hafen zweimal ansteuern, wegen der Abwechslung. Auf uns trifft das überhaupt nicht zu, was man am Beispiel Årø deutlich merkt. Ganz im Gegenteil – wir haben diese idyllische kleine Insel mittlerweile so sehr ins Herz geschlossen, dass wir es einfach nicht schaffen, an ihr vorbeizusegeln!

Daher passte es uns auch gut, dass Torben und Lene mit ihrer „Acadia“  auf ihrem Rückweg von Samsø wieder auf Årø gelandet waren und anfragten, ob wir uns nicht Lust hätten, vorbeizukommen. Die beiden waren auf der Insel mit Lene’s Eltern zur Hunde-Übergabe verabredet. Felix hatte nämlich Ferien bei Lene’s Eltern gemacht, während die beiden unterwegs waren. Kennt Ihr Felix eigentlich schon? Falls nicht: das ist er, mein heimlicher Freund. 🐶 😍 Wir zwei können uns richtig gut leiden.

Felix – tiefenentspannt.
Der Himmel war grau, als wir morgens Middelfart achteraus ließen, und auf dem Kleinen Belt waren kaum Schiffe unterwegs. Wir zogen wir die Segel hoch, aber leider schlief der Wind schon nach kurzer Zeit ein. Also wieder runter mit den Segeln, und unter Motor ging’s weiter in östliche Richtung. Unser Ziel war ja zum Glück nicht besonders weit entfernt, und nach rund 20 Meilen und nur 3 1/2 Stunden Fahrt machten wir auf Årø fest. Inzwischen schien die Sonne!

Zuerst wurde natürlich ausgiebig mit der Acadia-Crew geklönt, denn schließlich mussten wir uns erst mal erzählen, was in der Zwischenzeit alles passiert war, in welchen Häfen wir gelandet waren, wie es mit der Segelei geklappt hat usw. usw. Nordborg-Skipper tauschen sich übrigens gern zum Thema erreichte Spitzengeschwindigkeiten aus und versuchen, sich dabei gegenseitig zu übertreffen. Natürlich würden sie das nie zugeben („nächstes Mal sagst Du zuerst!“). Und Schummeln geht auch nur dann, wenn wir sicher sein können, dass unser AIS gerade mal wieder nicht funktioniert. Naja, von uns gab es zu diesem Thema  sowieso nicht viel zu berichten, denn in letzter Zeit wehte da, wo wir uns gerade herumgetrieben haben, ja nur ein (f)laues Lüftchen. Mit richtig sportlichem Segeln hatte das wenig zu tun.

Klönschnack bei Sonnenschein im Hafen von Årø
Abends landeten wir natürlich – wie immer! – beim Brummers Gård. Hofhund Tesso und Felix beschnüffelten sich erst vorsichtig und begrüßten sich dann freundlich. Zum Glück hatten wir noch immer Sonnenschein, so dass wir im Hof sitzen und essen konnten.

Sommerferie 2015 040
Wieder mal bei Brummers Gård
Am nächsten Tag sollte es dann wieder nach Dyvig gehen. Wir wollten es gemütlich angehen und erst gegen Mittag aufbrechen. Eile mit Weile, schließlich war uns der Hafenplatz in Dyvig sicher! Thue nutzte die Zeit bis zum Ablegen mit einer kleinen Spazierrunde durch den Hafen. Die macht er übrigens immer dann besonders gern, wenn der Frühstücks-Abwasch ansteht. So ein Fuchs! Aber durchschaut habe ich ihn trotzdem. 😜

Ihr wisst ja: Thue kennt überall in Dänemark Leute, meistens von früher. Auf Årø kennt er Harald, Spitzname Halle. Er ist Matrose auf der Fähre, die im Halbstundentakt von Årø nach Årøsund und zurück fährt. Außerdem ist er erster Vorsitzender der Årø Fiskeriforening und einer von sechs Skippern, die für den Verein Årø Rescue im Einsatz sind. Falls sie in Seenot geraten oder Schlepphilfe benötigen sollten, erhalten Mitglieder des DSRS für einen geringen Jahresbeitrag Hilfe und  Unterstützung auf dem Wasser. Eine sinnvolle Sache. Jedenfalls ist Halle immer für einen Klönschnack gut, und Thue zog los, um nach ihm Ausschau zu halten.

Nach einer Weile kam er zurück und hatte was zu erzählen: Er hatte zwar nicht Halle, aber stattdessen Weltumsegler, Segelikone und Buchautor Wilfried Erdmann (https://de.wikipedia.org/wiki/Wilfried_Erdmann), der mit Ehefrau Astrid und seinem Aluminiumschiff „Kathena NUI“ in Richtung Norden unterwegs war, getroffen, ihn angeschnackt und ein bisschen mit ihm geklönt. Der war überrascht und sichtlich angetan, dass Thue (als Däne) wusste, wer er ist und sogar einige seiner Bücher gelesen hatte. Und natürlich musste Thue ihm auch erklären, warum unser Schiff Elbkind heißt und unter dänischer Flagge segelt. Aber das kennen wir ja schon. 😉

Die Kathena Nui läuft aus
Die Kathena Nui verlässt Årø in Richtung Norden
Dann machten wir uns auf nach Dyvig. Acadia und Elbkind liefen gemeinsam aus, und es herrschte beinahe Windstille. Irgendwie waren wir in dieser Saison noch gar nicht dazu gekommen, unter Gennaker zu segeln, aber nun sollte es endlich losgehen. Ein mühsames Unterfangen, denn unsere Windanzeige zeigte zwischendurch sogar eine glatte NULL an! Trotzdem hatten wir Spaß und versuchten eine ganze Zeit lang, wenigstens ein kleines bisschen Fahrt ins Schiff zu bekommen. Nach zwei Stunden Gedümpel mussten wir dann aber doch einsehen, dass es wahrscheinlich bis zum nächsten Morgen dauern würde, bis wir Dyvig erreichen, wenn wir den Volvo nicht endlich anschmeißen. Okay, überredet… 😬

Endlich mal unter Gennakker, aber meistens ohne Wind
Endlich mal unter Gennakker, aber die meiste Zeit ohne Wind
Am frühen Nachmittag erreichten wir Dyvig fast zeitgleich mit der Acadia. Torben und Lene hatten unterwegs auch rumgetrödelt und das schöne Wetter und die ruhige See genossen. Abends wurde natürlich der Grill angezündet, bei DEM Wetter! Also ich finde, das Leben ist schön. Und meinen Job habe ich in den letzten Monaten noch nicht eine Sekunde vermisst. 😉

Natürlich ist unser Törn schon einige Wochen her, aber ich habe mir fest vorgenommen, unser Segeltagebuch 2015 zuende zu schreiben. Es kommt also an dieser Stelle demnächst noch ein bisschen was. Vielleicht ist es ja sogar ganz nett für Euch, im Herbst noch ein paar sommerliche Blogs zu lesen? ☀️

Middelfart – spannendes Hafenkino, traumhafte Sonnenuntergänge und eine Radtour zum Hindsgavl Slot

Anfangs passte die Windrichtung noch für unseren Törn nach Middelfart, aber leider war der Spaß schnell vorbei, denn nicht nur der Wind flaute ab, sondern auch die Richtung stimmte nicht mehr, und wir mussten die Segel runternehmen. Schade! Als kleine Entschädigung schickte Petrus uns aber schönes Sommerwetter.

Wer als Sportbootfahrer nach Middelfart kommt, hat die Qual der Wahl, denn man kann sich hier zwischen vier (!) Marinas entscheiden. Das sind

  • die moderne Middelfart Marina mit 507 Liegeplätzen im östlichen Teil des Fænøsund. Hier gibt es sehr niedrige Schwimmstege, die nicht bei allen Seglern beliebt sind, und Wasser und Strom an den Stegen sind neuerdings kostenpflichtig. Außerdem ist der Fußweg in die Stadt ziemlich weit, das gibt Punktabzug. Nicht unsere erste Priorität.
  • der Kongebro-Yachthafen. Klein und idyllisch im Grünen gelegen, aber ganz nah an der alten Eisenbahnbrücke über den kleinen Belt und daher etwas laut. Es gibt ca. 45 Liegeplätze, und das Hafenbecken ist nur ca. 2 m tief. Also eher etwas für kleinere Schiffe. Ein schöner, ca. 15-minütiger Spaziergang durch den Wald führt zum Hafen bzw. ins Zentrum der Stadt.
  • der alte Hafen (Gl. Havn), der früher in erster Linie Handelshafen war. Sehr beliebt und deshalb auch voll, man liegt zentral, aber auch unruhig und häufig im Päckchen. Auch nicht so unser Ding.
  • der Nyhavn – obwohl hier auch viele Motorbratzen liegen, unser Favorit. Eine moderne Marina mit 67 Liegeplätzen und einer Wassertiefe von 3 m. Liegt direkt am Lillebælt mit einem traumhaften Ausblick übers Wasser. Zentraler geht’s nicht! In unmittelbarer Nähe gibt es ein Kino, eine Bibliothek und Restaurants. Supermarkt, Bäcker und Einkaufsstraße hat man in ein paar Minuten zu Fuß erreicht. Der Hafenmeister kommt zweimal am Tag vorbei, um das Hafengeld zu kassieren (umgerechnet 25 €, unabhängig von der Schiffsgröße), wochentags kann man die Liegegebühr aber auch im Touristik-Center in der Bibliothek bezahlen.
Blick vom Nyhavn zur Brücke über den kleinen Belt
Blick vom Nyhavn zur Lillebæltbrücke

Nach einer herrlichen Fahrt durch den Fænøsund und den kleinen Belt steuerten wir unseren Lieblingshafen, den Nyhavn, an. Und trauten unseren Augen nicht, als wir dort einliefen: auf der Backbordseite waren zwei Motorboote gesunken und schwammen mit dem Kiel nach oben! Später berichtete unser Stegnachbar, dass die Schiffe zwei Tage vorher ausgebrannt waren und drei Kinder noch in letzter Minute von Bord gerettet werden konnten. Der Grund für das Feuer war wohl ein defektes Ladegerät. Schluck. So schnell kann’s gehen! 😳

SONY DSC

Glücklicherweise waren bei dem Unglück keine Menschen zu Schaden gekommen, und am nächsten Morgen ging dann das große Hafenkino los, denn die Boote mussten gehoben und aus dem relativ engen Hafenbecken geschleppt werden. Eine kniffelige Aufgabe, für deren Beobachtung sich zahlreiches Publikum eingefunden hatte. Zuerst wurde ein Taucher ins Wasser geschickt, der diverse Luftkissen an den Wracks befestigte und Gurte um die Rümpfe legte. Anschließend wurden die Kissen aufgepumpt, so dass sich die Wracks langsam zurück an die Wasseroberfläche bewegten. Zuletzt kam der schwierigste Teil der Aktion: Die Boote mit den daranhängenden Luftkissen mussten quasi aus der Box „gefädelt“ werden. Mit viel Geduld und Spucke gelang das dann auch irgendwann.

Der Gedanke an ein Feuer an Bord hinterließ ein ziemlich mulmiges Gefühl bei mir, und Thue musste mir noch mal zeigen, wo die zwei Feuerlöscher, die wir an Bord haben, eigentlich untergebracht sind. Im Notfall will man ja schließlich nicht noch lange suchen… Aber jetzt bin ich schlauer, und uns kann hoffentlich nichts passieren.

Am nächsten Morgen schwangen wir uns auf die Bordfahrräder: ein Ausflug zum Hindsgavl Slot stand auf dem Programm. Die Halbinsel Hindsgavl ist ein schöner Naturpark mit einem Tierpark von 165 ha. Das Schloss wurde im 18. Jahrhundert erbaut, seine Geschichte begann aber schon viel früher, nämlich im Jahr 1295, als der dänische König Valdemar auf der Halbinsel eine Burg errichtete. Heutzutage wird die Schlossanlage als Hotel genutzt. Wir spazierten durch den wunderschönen Schlossgarten und gingen auf Entdeckungstour.

Im Park wurden damals mehrere Aussichtspunkte mit so klangvollen Namen wie „Der Lieblingsplatz der Frau“, „Abrahams Schoß“, „Ende der Welt“, „Kanone“ oder „Sorgenfrei“ angelegt. Einen dieser Orte gibt es noch immer: das kleine Fachwerkhäuschen „Sorgenfri“. An der Wand hängt ein Gedicht, das Dänemarks bekannter Dichter und Märchenerzähler H.C. Andersen für König Christian den 8. verfasst haben soll. H.C. Andersen lobte Sorgenfri als den Platz mit der schönsten Aussicht und als romantischsten Ort Fünens. Recht hat er!

Auf dem Rückweg machten wir noch einen kleinen Stopp auf der alten Eisenbahnbrücke, um aus luftiger Höhe den schönen Ausblick auf den kleinen Belt zu erleben.

Anschließend radelten wir zum Kongebro-Yachthafen, um eine kleine Frokostpause im Restaurant des Hotels Kongebrogården zu machen. Wir saßen im lauschigen Gastgarten und ließen es uns gutgehen. Hab ich eigentlich schon erzählt, dass die ganze Zeit die Sonne schien?

Apropos Sonne: es kann ja auch schön sein, wenn sie abends untergeht.

Zum Abschluss unseres Besuchs in Middelfart gondelten wir abends noch mal zu Fuß ins Café Razz, das nur einen Katzensprung entfernt vom Nyhavn liegt. Das Panorama hier ist einmalig: links liegt die alte Eisenbahnbrücke, rechts die Lillebæltbrücke, viele Schiffe sind unterwegs, und direkt vor unserer Nase tummelten sich die Schweinswale. Vom leckeren Essen, Carlsberg und Rotwein mal ganz abgesehen. Zwischendurch wünscht man sich manchmal, dass einer die „Pause“-Taste drückt!

Am nächsten Tag ging’s dann wieder in Richtung Süden nach Arø, denn inzwischen war die „Acadia“ wieder zurück von ihrem Törn in den Norden, und wir waren mit Torben, Lene und Felix verabredet.