Im Moment sind wir in Dyvig, unserem Heimathafen. Und hier ist gerade richtig was los: zwölf 12-m-Boote sind zu Besuch, um sich auf den diesjährigen ‚Robbe & Berking Sterling Cup‘ zwischen Dyvig und Glücksburg vorzubereiten. Die wunderschönen Klassiker sind wirklich eine Augenweide – einige von Ihnen haben wir ja schon im letzten Jahr im Tuborg Havn in Kopenhagen bewundern können. Ganz Dyvig ist in heller Aufregung.
Obwohl er sich ja eigentlich seit dem Jahreswechsel im Ruhestand befindet, wollte Prins Henrik von Dänemark sich dieses tolle Event dann wohl doch nicht entgehen lassen. Seit gestern liegt die königliche Jacht Dannebrog im Dyvig Fjord vor Anker, und Henrik ist mittendrin, nicht nur dabei: gestern Abend gemeinsames Dinner mit den Regatta-Teilnehmern, heute Abend findet ein Empfang der ehrenamtlichen Helfer an Bord der Dannebrog statt.
Vorhin haben wir einen Matrosen beim Lüften der beiden royalen Dackel beobachtet und hatten den Eindruck, das war dem Ärmsten ziemlich peinlich. Gerade sehen wir von unserem Cockpit aus, wie die königliche Schaluppe hin und her flitzt und die Gäste des Empfangs zurück zum Dyvig Badehotel bringt.
Spannend! Es ist natürlich gut möglich, dass Ihr nicht so royalistisch seid wie wir, aber wir finden das ganze Szenario ziemlich interessant. 😎 Unsere treuen Follower wissen ja, dass Thue als junger Spund mit Bärenfellmütze vor dem Schloss Amalienborg in Kopenhagen für die Königsfamilie Wache geschoben hat. Seitdem fühlt er sich mit der dänischen Königsfamilie irgendwie familiär verbunden. 💂🏼🇩🇰😉
Prins Henrik von vorne…
… und mit vollem Körpereinsatz! beim Segeln 😄
Ja, ich weiß, ich war ganz schön schreibfaul in letzter Zeit. Aber ich melde mich bald mit Berichten über unseren Sommertörn (so viel schon mal vorweg: Wind, Wind, Wind, und zwar immer aus der falschen Richtung!), versprochen.
An dieser Stelle liebe Grüße an Sonja und Göran (Nordborg 37 – Krølle Bølle), die wir neulich in Svendborg kennengelernt haben. Es war nett, mit Euch zu klönen! 😊
Hier kommt nun endlich mein Nyborg-Bericht. Man kommt ja zu gar nichts, wenn man segelt, und gut funktionierendes WLAN gibt es auch nur in wenigen Häfen. Aber bevor ich völlig ins Hintertreffen gerate…
Mit Ærøskøbing im Heckwasser ging es morgens in Richtung Svendborgsund. Anfangs stand noch eine ordentliche Welle, aber wir konnten unseren Halbwindkurs gut halten. Während der Fahrt durch den Sund lief der Motor, weil das Fahrwasser nicht viel Platz zum Manövrieren lässt und man (gefühlt) ständig von Fähren umgeben ist, mit denen mich sowas wie Hassliebe verbindet. Wenn ich selbst Passagier bin, finde ich sie super, aber wenn wir segeln, kann ich sie nicht leiden. Sie sind so riesig groß, immer schneller als man denkt und es interessiert auch niemanden auf der Brücke, ob der kleine Segler da unten im Fahrwasser gerade Schweißperlen auf der Stirn hat, weil er nicht schnell genug aus dem Weg kommen kann.
Fähre im Anmarsch!
Ganz schön bedrohlich….
.. und auch gern mal im Doppelpack unterwegs!
Als wir den Sund hinter uns gelassen hatten, wurde das Vorsegel wieder gesetzt. Bei frischem Westwind mit bis zu 15 s/m und herrlichem Sonnenschein ging es anschließend die Ostküste von Fünen entlang. Stressfreies Segeln. Nach 6 1/2 Stunden und 45 Meilen hatten wir Nyborg endlich erreicht. Bevor 1998 die Storebælt-Brücke eröffnet wurde, hatte die Stadt Nyborg mit ihrem Fährhafen eine große Bedeutung. Damals gab es die Fährverbindung Nyborg-Korsør, lebenswichtig für den Autoverkehr zwischen Fünen und Seeland.
Für uns gab es nun zwei Möglichkeiten: Entweder auf der nordöstlichen Seite im alten Fährhafen im Windschatten von modernen, mehrstöckigen Häusern anlegen, oder bis zum Ende des Hafenbeckens durchfahren. Dort gibt es einen Steg, an dem längsseits angelegt werden kann. Eine vielbefahrene Straße ist allerdings ganz in der Nähe (ruhige Nächte gehen irgendwie anders). Kurz zusammengefasst: wir sind zwar kurz mal reingefahren und haben die Lage gepeilt, aber der Fährhafen konnte uns nicht so recht überzeugen.
Die Marina auf der westlichen Seite gefiel uns besser, und es war kein Problem, eine Box zu finden. Die Crew einer deutschen Yacht nahm unsere Vorleinen an, und ruckzuck waren wir am Steg fest. Der Yachthafen bietet ca. 500 Plätze und hat eigentlich alles, was das Seglerherz begehrt. Die Duschen und WCs sind zwar schon etwas in die Jahre gekommen, aber es gibt Grillplätze, Waschmaschinen und Trockner und sogar einen Marine-Shop. Supermärkte wie Kvickly und Netto sind in ein paar Minuten zu Fuß zu erreichen.
Nachdem wir klar Schiff gemacht hatten, wurde an Bord der Ruf nach Pizza laut. Nach so einem langen Törn bleibt die Kombüse natürlich kalt. Auf der Suche nach einem italienischen Restaurant gondelten wir kurze Zeit später durch Nyborgs Straßen, aber schnell kamen wir zu der Erkenntnis, dass die Suche sich schwierig gestaltet. Die Brasserie an der Mole hatte nur ein mehrgängiges Menü auf der Karte. Im ehemaligen Fährhafen gibt es ein Schnellrestaurant (Burger, Softeis und Hotdogs), aber so verzweifelt waren wir dann auch wieder nicht. Nach einer kleinen Ewigkeit stießen wir auf ein Restaurant namens „Caramba“ in der Nähe des Nyborg Slot. Inzwischen war der Hunger so groß, dass uns alles egal war. Und weil im Restaurant Temperaturen wie in einer finnischen Sauna herrschten, setzten wir uns trotz des grauen Himmels einfach nach draußen. Wir mussten zwar lange darauf warten, aber das Essen war warm und machte satt. Kulinarisch war allerdings noch reichlich Luft nach oben.
Am nächsten Tag stand ein Besuch des Nyborg Schloss auf unserer To-Do-Liste. Mehrere Flügel des Schlosses wurden im Laufe der Jahrhunderte leider abgerissen; heute stehen nur noch der Westflügel und der Turm auf der Ostseite. Mit 80 DKK lag der Eintrittspreis einigermaßen hoch, aber wenn man schon mal in Nyborg ist, will man ja auch kein Kulturbanause sein und alles mitnehmen.
Weil die skandinavischen Wetterseiten DMI und YR.NO für den späten Abend Gewitter angekündigt hatten, haben wir das Schiff verlassen und – wie schon letztes Jahr von Fåborg aus – einen netten Trip nach Odense gemacht. Mit dem Zug ging das flott, wir waren in zwanzig Minuten da, und das Kino liegt direkt am Bahnhof. Der Film „Virgin Mountain“ war zwar speziell, aber absolut sehenswert. Bevor der Zug zurück nach Nyborg abfuhr, konnten wir in einer Bar noch die letzten Minuten der Verlängerung des EM-Finales mitverfolgen und uns mit Portugal über den Titelgewinn freuen.
Am Abend dann des Skippers unvermeidlicher Blick auf die Wettervorhersage für den nächsten Tag. Ups, das sah nicht besonders gut aus, viel Wind und Regen wurden angekündigt. Aber das war uns egal – aus unerklärlichen Gründen fühlten wir uns beide nicht so richtig wohl in Nyborg, und wir wollten gern weiter. Am nächsten Morgen nahmen wir Kurs auf Kerteminde.
Nette Dänen gibt’s ja überall auf der Welt. Und dank der Kontaktfreudigkeit meines Liebsten lernen wir sie auch (fast) alle persönlich kennen. 😜 Vor ein paar Tagen haben wir Ole, einen sympathischen dänischen Skipper, in Pasito Blanco kennengelernt. Der erste Kontakt zwischen Thue und Ole fand im Dunkeln und aus ungefähr 100 m Entfernung statt. Thue ist da ja gnadenlos. Das muss man sich ungefähr so vorstellen:
Nach dem Abendessen im Yachtclub „La Punta“ (super Restaurant übrigens – netter Service, prima Essen, faire Preise und keine Spur von Touristenfalle) gondelten wir gemütlich zu Fuß durch den Hafen.
Leckere Sangria…
und ein kühles Blondes im „La Punta“
Thue hatte vom Restaurant aus schon beobachtet, wie eine Segelyacht mit dänischer Flagge am Service-Steg anlegte. Da klopft das dänische Skipper-Herz ja gleich schon mal höher. Nun entdeckten wir, dass jemand an Bord des Schiffs rumturnte, und mein Gatte rief (auf dänisch) quer übers Hafenbecken, ob er wohl richtig gucken und eine dänische Flagge sehen würde? Die Antwort aus dem Dunkel kam postwendend: „Ja, das stimmt!“
Maritime Ausrüstung ist bei Langfingern auf Gran Canaria heiß begehrt. So schnell, wie in Häfen und Werften Schiffszubehör verschwindet, kann man gar nicht gucken. Deshalb werden in Pasito Blanco die Werft-Tore bei Einbruch der Dunkelheit geschlossen. Die Leute, die ihre Schiffe in der Werft flottmachen und während dieser Zeit an Bord übernachten, sind quasi eingesperrt. Auch an diesem Abend war die Werft schon dicht, und Thue musste ungeduldig bis zum nächsten Morgen warten, um die dänische Yacht und ihren Skipper in Augenschein nehmen zu können.
Er lernte Ole kennen, einen sympathischen Dänen aus Nordjütland. Sein Schiff: eine Motiva 36 mit dem klangvollen Namen „Jennifer“ – zwar schon etwas in die Jahre gekommen, aber mit zeitlos schönen Linien. Ole hatte sich in Puerto de Mogan in Jennifer verliebt und sie dem Voreigner spontan abgekauft. Nun sollte sie in Pasito Blanco wieder ein bisschen auf Vordermann gebracht werden. Das Abschleifen des Unterwasserschiffs und ein paar Bordwanddurchführungen standen auf der To-Do-Liste, außerdem sollten die alten Seeventile durch neue aus Kunststoff ersetzt werden.
Weil Ole ganz allein an Bord war (seine Frau Jette war in Dänemark) und helfende Hände gut gebrauchen konnte, sprang Thue nach dem Kennenlern-Klönschnack gleich mit an Bord und half ihm, das Schiff sicher an Land zu kriegen. Mithilfe eines Travellifts war das schnell erledigt, und das Eis zwischen den beiden war gebrochen. Noch am selben Abend saß Ole schon bei BBQ und Bierchen auf unserer Terrasse. Schade nur, dass er schon so früh gehen musste, denn die Werft wurde ja wieder früh abgeschlossen. Irgendwie fühlte ich mich zurückversetzt in meine Kindheit – da musste ich nämlich auch immer nachhause, wenn die Laternen angingen. 😉
Von diesem Tag an führten Thues „Hafen-Inspektionsrunden“ ihn natürlich auch immer zur Werft, meistens mit ein paar Dosen Bier für Ole und seinen Arbeitsmann Konstantin im Gepäck. Er musste ja schließlich die Arbeitsfortschritte im Auge behalten und die beiden anderen beschlaumeiern, das ist eine seiner Spezialitäten. Das läuft dann unter der Überschrift: Ich bin kein Klugscheißer, ich weiß es wirklich besser! 😇 Und meistens stimmt das (leider!) tatsächlich – alle, die ihn kennen, würden mir da wahrscheinlich recht geben…
Inzwischen hatten wir Besuch aus Deutschland bekommen – meine Schwester Rea war für eine Woche eingeflogen. Und ich hatte den leisen Verdacht, dass Thue ganz froh war, ab und zu einen kleinen Ausflug machen und der geballten Frauenpower im Feriendomizil entfliehen zu können.😄
Nach eineinhalb Wochen strahlte die Jennifer dann im neuen Glanz und konnte endlich wieder zurück in Wasser.
Und dann passierte tatsächlich, was wir die ganze Zeit heimlich gehofft hatten: Ole fragte uns, ob wir nicht Lust hätten, das Schiff mit ihm zurück nach Puerto de Mogan zu segeln! Da mussten wir nicht lange überlegen. Endlich mal wieder Wind, Wellen und Wasser unterm Kiel, wie herrlich!
Total happy – endlich mal wieder Wasser unterm Kiel!
Das Ablegen lief problemlos, aber leider kam der Wind direkt von vorn, so dass wir nur motoren konnten. Natürlich hätten wir auch kreuzen können, aber das hätte zu viel Zeit in Anspruch genommen. Aber das war auch nicht wichtig – für uns war die Hauptsache, dass wir endlich mal wieder auf dem Wasser waren! Ein altbekanntes, wohliges Gefühl machte sich breit und schlagartig wurde uns klar, was uns in den letzten Monaten gefehlt hatte…⛵️
Ole
Steuermann I
Steuermann II
Knapp zweieinhalb Stunden lang ging es dann bei herrlichstem Sonnenschein die Küste von Gran Canaria entlang in nordwestliche Richtung. Ein beeindruckendes Erlebnis, die Insel auch mal von der Wasserseite aus zu sehen! Arguineguín und Puerto Rico zogen an uns vorbei.
Und wir waren nicht allein unterwegs, auch andere genossen den herrlichen Sonnenschein auf und über dem Meer…
Dann näherten wir uns langsam dem Hafen von Puerto de Mogan.
Puerto Mogan in Sicht!
Zum Glück hat Jennifer einen festen Liegeplatz, den wir ganz in Ruhe ansteuern konnten. Das Anlegen funktioniert hier übrigens anders als wir es aus Skandinavien kennen, nämlich mit Unterwasser-Mooringleinen, die aus dem Wasser gefischt werden mussten. Aber unser Anlegemanöver klappte dank kompetentem Skipper und inzwischen abgeflautem Wind wie geschmiert. Das war’s schon. Schade!
Nein, das war’s noch nicht ganz, denn Ole ließ es sich nicht nehmen, uns noch zu einer Pizza einzuladen. Wie nett! Wir saßen in einem Restaurant direkt am Hafenbecken, genossen den schönen Blick und ließen es uns schmecken.
Skipper-Klönschnack
Aber dann hieß es Abschied nehmen. Ole wollte schon am übernächsten Tag zurück nach Dänemark fliegen und hatte an Bord noch alle Hände voll zu tun. Mit dem Taxi fuhren wir zurück nach Pasito Blanco.
Wir hoffen sehr, dass wir Ole, Jette und ihre Jennifer irgendwann wiedersehen. Wer weiß – vielleicht verschlägt es die drei ja in ein paar Jahren in die dänische Südsee, wenn die Kanaren, die Kapverdischen Inseln, Madeira und das Mittelmeer langweilig geworden sind?
Einen Wecker haben wir nicht gebraucht am vorletzten Sonntag in Sønderborg. Zack! Schon um halb sieben ging’s freiwillig raus aus der Koje und rein in die Segelklamotten. Die Zeit war reif – wir freuten uns richtig auf Kappeln, denn eigentlich hatten wir uns für unsere zweite Segelrunde vorgenommen, endlich auch mal die deutsche Ostseeküste ein bisschen zu erkunden. Kappeln war noch unbekanntes Terrain für uns, denn bisher sind wir mit dem Elbkind nur einmal in Flensburg gewesen. Das musste sich ändern.
Der Wind war über Nacht abgeflaut und inzwischen so schwach, dass wir unter Segeln kaum Fahrt machten, um Kappeln noch so rechtzeitig zu erreichen, dass wir eine Chance auf einen Platz im Gästehafen hatten. Wieder einmal bestätigte sich unsere Theorie: der Wind ist immer dann da, wenn man ihn NICHT braucht. Und umgekehrt. Aber zum Glück hat das Elbkind ja auch einen Motor.
Unsere Route von Sønderborg nach Kappeln
Fast unbeschreiblich, was für eine wunderbare Stimmung wir erlebt haben, als wir in die Schlei liefen! Ganze Heerscharen von Schiffen kamen uns entgegen – die Ferien in Schleswig-Holstein hatten nämlich gerade begonnen, und unzählige Crews und viele Familien waren nun auf dem Weg in den Segelurlaub. So viele glückliche Menschen auf einmal habe ich wirklich nur selten gesehen. Es wurde fröhlich von Schiff zu Schiff gewinkt (das ist nämlich nicht nur unter Motorradfahrern, sondern auch unter Seglern üblich – warum Windsurfer nie zurück winken, ist mir irgendwie schleierhaft 😜) und angesichts der zahlreichen auslaufenden Schiffe konnten wir uns inzwischen gute Chancen auf einen freien Hafenplatz ausrechnen.
Auf geht’s in die Schlei!
Vorbei ging’s an der Giftbude in Schleimünde und dem Yachthafen Maasholm ins Schlei-Fahrwasser. Kurz vor Kappeln begegnete uns der Traditionssegler „Amazone“, auf dem wir im September 2007 gemeinsam mit Freunden ein schönes Segelwochenende verbracht haben (damals, als wir noch von einem eigenen Schiff träumten!). Sönke, den Skipper, haben wir später auch im Museumshafen Oevelgönne in Hamburg und in Dyvig getroffen. Er erkannte uns sofort und winkte uns freudig zu. Ein überraschendes Wiedersehen!
Amazone voraus!
Auf der Steuerbordseite tauchte schon bald die Bootswerft von Henningsen & Steckmest auf, anschließend die Ancker Marina und der Fischereihafen, und dann hatten wir auch schon den Gästehafen erreicht. Und es gab tatsächlich noch freie Plätze! Wir legten neben einem alten, dickbäuchigen Motorsegler an, dessen Crew – inklusive Bordhund, einem Zwergschnauzer – uns freundlich begrüßte und unsere Vorleinen annahm. Die Klampen waren noch nicht belegt, da musste ich dem Skipper auch schon erklären, warum denn unser Schiff „elbkind“ heißt und wir unter dänischer Flagge segeln?! Was das denn wohl für ein Durcheinander sei? Brav wie ich bin, habe ich ihm natürlich sofort Rede und Antwort gestanden: dass ich als waschechte „Hamburger Deern“ einen Dänen geheiratet habe. Ach so! Das leuchtete ihm schnell ein, und er schmunzelte zufrieden.
OK, angekommen – also flott klar Schiff machen und erst mal kurz orientieren. Das Elbkind lag nun direkt an der Hafenmole mitten in der Stadt, quasi mit dem Bug an der „Flaniermeile“ von Kappeln, direkt gegenüber dem Pierspeicher und mit dem Heck fast im Schlei-Fahrwasser. Nur ein paar hundert Meter von der Lindaunis-Brücke entfernt, die immer um Viertel vor Voll für den Schiffsverkehr öffnet. Das war für mich anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, denn ich hab’s eigentlich gern etwas ruhiger. Thue dagegen fühlte sich gleich wie ein Fisch im Wasser, denn nun wurden die zahlreichen bunten Hafenmarken an unserem Bugkorb von Spaziergängern und Nachbarliegern bestaunt, und das gab natürlich viel Gesprächsstoff…
Anschließend wollten wir zu Fuß ein bisschen die Gegend erkunden. Der Himmel war inzwischen leider grau und wir mussten auch nicht lange warten, bis es wie aus Eimern zu regnen anfing – ausgerechnet, als wir in einem Café saßen und die 4 (in Worten: vier) Regenschirme, die wir an Bord haben, natürlich genau dort lagen. Murphy’s Law! Zum Glück war der Weg zurück zum Schiff aber nicht besonders weit, und wir sind ja auch nicht aus Zucker.
Nach dem Frühstück im Restaurant Pierspeicher am nächsten Morgen ging’s zu Fuß auf die andere Seite der Lindaunis-Brücke.
Mein neuer Freund sitzt auf der Treppe an der Lindaunis-Brücke. Ein ganz harter Typ, aber herrlich pflegeleicht: er redet nämlich NIE gegenan!
Dort im Hafen entdeckten wir Bente, das neue, imposante Projekt-Segelboot von Digger (eigentlich heißt er ja Stephan). Ihn und seine süße Parson Jack Russell Hündin Polly haben wir vor einiger Zeit auf der Hanseboot in Hamburg kennengelernt, als er sein Buch vorstellte. -> http://www.diggerhamburg.com. Nach einem kleinen Klönschnack mit Stephan (Polly war leider müde und pennte unter Deck) zogen wir weiter in den schönen Museumshafen von Kappeln.
Das ist Polly. Ist sie nicht goldig?
Hier herrscht eine ganz besondere, ruhige und friedliche Atmosphäre, und es gibt natürlich jede Menge schöne alte Schiffe zu begucken. Ein echter Augenschmaus!
Im Museumshafen von Kappeln
Und weil ich finde, dass es gelegentlich auch mal etwas Anderes geben muss als immer nur Schiffe, haben wir anschließend die alte Holländer-Mühle „Amanda“ besichtigt, die 1888 erbaut wurde und noch bis 1964 in Betrieb war. Heute kann man hier standesamtlich heiraten, die Mühle kostenlos (!) besichtigen und sich neben einer Pappmaché-Figur des aktuellen „Landarzt“-Darstellers, Wayne Carpendale, fotografieren lassen. Wer’s mag…
Die alte Holländermühle „Amanda“
Nachmittags lief uns überraschend Roland über den Weg, seit kurzer Zeit ebenfalls stolzer Besitzer einer Nordborg 40. Er war allein mit dem Schiff unterwegs, und wir verabredeten uns spontan zum Abendessen beim Italiener an der Mole. Es gab Pizza, Pasta und eeeendlose technische Gespräche über das Segeln im Allgemeinen, insbesondere das Segeln einer Nordborg 40, das optimale Segelmaterial und so weiter… Ich will es mal zusammenfassen: der Abend war nett, aber ich hätte mich gefreut, wenn auch Tina, Roland’s bessere Hälfte, mit dabeigewesen wäre – nur so als Ausgleich, wegen der Frauenthemen. Ihr wisst schon. 😉
An unserem letzten Tag in Kappeln frischte der Wind so sehr auf, dass wir uns entschieden, lieber zu Fuß nach Arnis zu gehen, statt uns auf die Bordfahrräder zu schwingen. Wenn ich nämlich etwas überhaupt nicht mag, ist es Gegenwind beim Radfahren!
Übrigens – für alle, die es noch nicht wussten: Arnis, auch „die Perle an der Schlei“ genannt, ist die kleinste Stadt Deutschlands! (www.arnis.de) Unser Spazierweg führte uns zuerst entlang der Schlei und später über kleine Rad- und Wanderwege, teils auch asphaltierte, kaum befahrene Straßen bis zum hübschen Yachthafen von Arnis. Nach einer kleinen Runde durch den Hafen ging es weiter am Noor entlang Richtung Stadtmitte. Wie idyllisch und malerisch es hier war! Das Zentrum bildet die Lange Straße mit hübschen Fischerhäusern, gesäumt von Kopflinden.
Die Lange Straße in Arnis
Wunderhübsche Haustüren überall..
Durstig wie wir waren, kehrten wir im Fährhaus ein und zischten erst mal ein Alsterwasser. Ganz in der Nähe, direkt am Fähranleger, haben wir später ein kleines Café entdeckt, das hier nicht unerwähnt bleiben darf. Es ist nämlich nur nach Lust und Laune (und wahrscheinlich auch nur bei gutem Wetter) geöffnet, die Gäste werden von einem mobilen Verkaufsstand aus bewirtet und es gibt nur wenige Sitzgelegenheiten, die fast improvisiert wirken. Hat man erst mal Platz genommen, will man am liebsten nie wieder aufstehen, denn der wunderschöne Blick auf die Landschaft, die Schlei, die kleine Fähre und einen klitzekleinen Hafen hat eine Wirkung wie Pattex. Und der Milchkaffee war auch lecker.
Milchkaffee mit Schleiblick – bei Sonnenschein. Mehr geht nicht!
Fahrt also unbedingt mal nach Arnis, wenn die Sonne scheint, und nehmt vielleicht auch Eure Fahrräder mit. Es lohnt sich!
Abends landeten wir mit etwas Glück (wir hatten nicht reserviert und erwischten den letzten freien Tisch) im Restaurant Stark, wieder direkt an der Hafenmole von Kappeln. Hier gab es keine Speisekarte – alle Gäste bekommen Salat und Antipasti als Vorspeise. Anschließend wird man vom Kellner in die Küche geführt und bespricht mit dem Koch, was man essen möchte. Angeblich gibt es hier den frischesten Fisch in ganz Kappeln – am selben Tag gefangen. Und der gegrillte Fisch, den wir ausgesucht haben, war wirklich gut – vom Weißwein ganz zu schweigen. Die Preise fanden wir moderat. Es blieb übrigens bis zum Schluss spannend, weil einem niemand sagt (und man natürlich auch nicht fragen will) was der Spaß denn eigentlich kostet. Nennt man sowas eigentlich Erlebnis-Gastronomie, wenn diese Überraschung erst zum Schluss kommt?
Im Restaurant „Carl“ in Kappeln
Zurück an Bord kamen wir (also eigentlich mal wieder Thue) mit unseren Stegnachbarn ins Klönen, und in Nullkommanix hatten wir Gäste an Bord. Wir lernten Pia und Carl kennen, ein sympathisches, dänisches Paar aus Humlebæk auf Sjælland, und der Abend klang mit Rotwein, Bier und interessanten Gesprächen im Cockpit aus.
Wie schön, dass 6 Jahre Dänischkurs bei der Volkshochschule Norderstedt und das Training an Sommerabenden mit dänischen Seglern in Dyvig mich inzwischen in die Lage versetzen, einem Gespräch unter Dänen zumindest in groben Zügen zu folgen. Und wenn man zwischendurch mal den Faden verliert: immer schön lächeln und nicken! 😎
Pia und Carl
Am nächsten Morgen wurden schon früh die Leinen losgeworfen. Pia und Carl schliefen noch, als wir kurz vor halb acht ausliefen – auf ging’s nach Ærø! Unser Ziel war Marstal, denn plötzlich kam irgendwie wieder Sehnsucht nach Dänemark bei uns auf, und sogar die Wind- und Wettervorhersage stimmte ausnahmsweise mal…