Wenn die bunten Fahnen wehen…

…geht die Fahrt wohl übers Meer, woll´n wir ferne Länder sehen, fällt der Abschied uns nicht schwer. Leuchtet die Sonne, ziehen die Wolken, klingen die Lieder weit übers Meer…

Vielleicht können sich die Älteren unter Euch ja noch an dieses Lied erinnern? Mit Schrecken habe ich gerade festgestellt, dass es sogar eine Version von Heino gibt! 😎 Aber egal. Wenn wir das Lied früher in der Schule gesungen haben, kam immer großes Fernweh und die Sehnsucht nach Urlaub, Sonne, Strand und Meer bei mir auf. Als ich ein kleines Mädchen war, haben meine Eltern für die Sommerferien häufig ein Ferienhaus an der dänischen Westküste gemietet. Schon damals habe ich Dänemark ins Herz geschlossen und deutlich gespürt, wie gemütlich das Leben vor sich hinplätscherte und wie freundlich und entspannt alle Menschen miteinander umgegangen sind. Niemals hätte ich mir träumen lassen, dass ich viele Jahre später mal einen echten Dänen heirate und sein schönes Land meine zweite Heimat wird!❤️🇩🇰❤️

Huch, jetzt bin ich fast romantisch geworden! Jedenfalls – wenn im Mai die Segelsaison wieder angefangen hat und wir zum ersten Mal bei Sonnenschein und leichter Brise über das glitzernde Wasser im Alssund rauschen, taucht in meinem Kopf immer diese schöne Melodie wieder auf. Und weil ich dann immer fast platze vor Glück und Vorfreude auf die abwechslungsreiche Zeit an Bord und gar nicht weiß wohin mit mir, stimme ich zu Thues Leidwesen (er findet, ich sollte doch lieber im Radio singen, damit er mich ausstellen kann 🙃) dieses kleine Liedchen an.

Für uns wehen die bunten Fahnen endlich wieder! Ende letzter Woche sind wir an Bord eingezogen. Die Vorbereitungen für unseren Sommertörn sind jedes Frühjahr wieder eine kleine Herausforderung für uns, denn es ist natürlich nicht nur damit getan, mal eben ein paar Taschen zu packen. Vieles muss organisiert werden, bevor wir für mehrere Monate aufbrechen können. Wer schaut nach unserer Post, gießt die Blumen, mäht den Rasen, wer schaut mal bei unseren Eltern vorbei, während wir unterwegs sind? Schnell noch mal zum Friseur, zum Zahnarzt und alle Rechnungen bezahlen 😉 und natürlich unbedingt noch überall Tschüss sagen. Was für ein Glück, dass wir die nettesten Nachbarn der Welt und einen wunderbaren Zusammenhalt in der Familie haben – nur deshalb können wir entspannt und sorgenfrei die Zeit an Bord genießen.

Bei Schietwetter ging es am Freitagmittag über die A7 nach Dyvig. ☔️ Na toll! So hatten wir uns den Sommerauftakt eigentlich nicht vorgestellt. Aber was soll’s, dachten wir uns, es kann ja eigentlich nur besser werden. Irgendwann wird das Wetter auf jeden Fall schön – man muss nur lange genug warten! An Bord wurde erstmal das Teakdeck gründlich geschrubbt (Thue) und die Taschen ausgepackt, hin- und hergekramt und alles griffbereit verstaut (ich). Was man für Geraffel in den Schapps rumfliegen hat! Sage und schreibe drei Haarföhns (schreibt man das so?) haben sich in irgendwelchen dunklen Ecken angefunden und wurden erstmal im Auto zwischengelagert. Denn erstens haben wir dafür keinen Platz und zweitens ist die Frisur der Bordfrau in den nächsten Monaten Nebensache, weil es sowieso ständig weht. 😉

Eigentlich wollten wir gleich am nächsten Morgen starten, entdeckten aber plötzlich ein kleines Loch im Gelcoat direkt am Niedergang. WTF?! 👿 Wie ist das denn passiert? Aber irgendwas passiert ja immer ausgerechnet dann, wenn es losgehen soll. Letztes Jahr waren es die Seepocken am Propeller, und jetzt das. Nach Rücksprache mit dem Bootsbauer haben wir uns für eine provisorische Reparatur mit Tape entschieden, alles andere hätte uns einfach zu lange gedauert. Aber Klebeband ist ja nicht die schlechteste Lösung, das haben wir während unserer zwei Jahre in Shanghai gelernt. Wenn die Chinesen sogar ganze Motorroller und Autos damit reparieren können, wird das elbkind den Sommer ganz locker überstehen. Vier verschiedene Geschäfte musste Thue abklappern und bis nach Sønderborg fahren, bis er endlich das richtige Klebeband gefunden hatte. Außerdem haben wir dem Teakdeck noch schnell einen Anti-Fungizid-Anstrich verpasst. Damit ging zwar ein weiterer Tag ins Land, aber zumindest war das elbkind startklar für den Sommertörn. 👍🏼


Sonntag nach dem Frühstück legten wir endlich los. Auf ging’s nach Årø! Ein Segeltag wie aus dem Bilderbuch mit Sonnenschein und einem angenehmen Südwestwind. Thue nennt das übrigens „Broschüren-Wetter“ – der einzige Tag im Jahr in Dänemark, an dem man mal ein paar schöne Fotos von seinem Schiff für die Verkaufsbroschüre machen kann. 😄

Von Årø haben wir Euch an dieser Stelle ja schon gelegentlich vorgeschwärmt. Die niedliche Insel im kleinen Belt ist mit ihrer wunderschönen Natur und einer hyggeligen Atmosphäre ein schöner Zwischenstopp für Törns ins dänische Inselmeer oder in Richtung Kattegat. Die Häfen von Hadersleben, Assens, Middelfart, Ærø liegen nicht weit entfernt.


Schon am nächsten Morgen setzten wir wieder die Segel und bei leichtem Nordwestwind und blauem Himmel ging es weiter nach Middelfart. Erst zum Schluss flaute der Wind ab und wir mussten den Volvo bemühen. Ein schöner, sonniger Segeltag!

In Middelfart haben wir im „Nyhavn“ festgemacht, dem kleinen, runden Hafen direkt in der Stadtmitte. Hier liegt man gut geschützt, und die Wege zum Bäcker und zum Supermarkt sind kurz. Allerdings sind 28 € Liegegeld auch nicht gerade ein Schnäppchen und WLAN gab es auch nicht. Gestern hat es Petrus dann nicht so gut mit uns gemeint, fast den ganzen Tag hat es geschüttet wie aus Eimern. Aber das kennen wir ja schon. Schließlich segeln wir in Dänemark, wo sich Sommer auf kalt und nass reimt… 😉

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Unterwegs mit Kurs auf Middelfart
Heute Morgen sind wir nach Juelsminde aufgebrochen. An Segeln war leider nicht zu denken, denn es herrschte fast Flaute und dicker Nebel hing über dem kleinen Belt. Wir hatten trotzdem unseren Spaß, denn immer wieder tauchten Schweinswale auf, und sogar ein Seehund steckte seinen Kopf neugierig aus dem Wasser!

Der Hafen von Juelsminde wird in Seglerkreisen hochgelobt, und jetzt war es an der Zeit, dass wir uns auch selbst mal ein Bild machen. Was soll ich sagen – wir sind begeistert! Es gibt 500 Liegeplätze, mehrere Restaurants, ein sehr gutes Fischgeschäft, einen Kinderspielplatz, einen Marineshop, eine Boutique und zwei Eisläden. Eine kleine Fußgängerzone ist auch nicht weit entfernt. Man kann es hier problemlos eine Weile aushalten, auch bei Regenwetter. Aber das ist zum Glück erst wieder für Freitag angesagt. Gerade jetzt sitzen wir im Cockpit, genießen die warme Maisonne und den schönen Blick über den Hafen. Morgen holen wir vielleicht mal die Bordfahrräder aus der Backskiste. Hach, das Leben ist schön! ⛵️☀️🇩🇰

Träume können auch wahr werden!

Wie die Zeit fliegt.. Feiertage und Jahreswechsel liegen längst schon wieder hinter uns, und nun quälen wir uns mürrisch durch die grauen Wintertage. Zum Glück geht’s langsam wieder aufwärts und die Tage werden länger. Für uns bedeutet das: Licht am Ende des Tunnels, die Segelsaison 2017 rückt näher! 😊👍🏼

Aber bevor wir in den nächsten Segelsommer aufbrechen, will ich Euch noch von meinem Highlight zum Saisonabschluss 2016 berichten. Ich hatte die Hoffnung fast schon aufgegeben, als mein größter Herzenswunsch unverhofft in Erfüllung ging. Und das kam so:

Thue hatte mit unserem Bootsbauer den 5. Oktober als Krantermin fürs Winterlager in Nordborg vereinbart. Vorher mussten wir das Schiff natürlich noch ausräumen und schrubben. Das Allerwichtigste für uns war aber, dass die Segel beim Abschlagen auf jeden Fall knochentrocken sind. Wir hatten nämlich wenig Lust, sie zuhause auf dem Dachboden zu trocknen. In den letzten Jahren hatten wir das zwar gelegentlich gemacht um Spak und Schimmel zu vermeiden, aber wir wollten uns den Aufwand möglichst sparen.

Die Wettervorhersage für Ende Ende September sah vielversprechend aus: milde Temperaturen und Windstille. Perfekte Voraussetzungen für unsere Aktion. Gleich morgens nach dem Frühstück flitzten wir nach Dyvig, krempelten die Ärmel hoch und legten los. Viel schneller als gedacht waren alle Arbeiten erledigt, die Segel zusammengelegt und in Säcken verstaut. Am späten Nachmittag Uhr guckten wir uns ratlos an. Und jetzt? Sofort waren wir uns einig: raus aus dem Hafen, wir hatten beide noch Lust auf einen kleinen Törn. Auch wenn die Segel schon runter waren – es gab ja schließlich noch den Volvo! Das Wetter war einfach zu schön, um wieder ins Auto zu springen und nachhause zu fahren.

Kurze Zeit später warfen wir die Leinen los. Es ging in den Alssund Richtung Sønderborg. Unser Ziel: die Ankerboje bei Arnkildehage. Seit wir Mitglied im KDY sind, dem „Kongelig Dansk Yachtklub“, dürfen wir nämlich die Ankerbojen der Dansk Sejlunion nutzen! 🇩🇰⛵️

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Tschüss Dyvig!
Ich habe mich gar nicht getraut, Thue zu fragen, ob wir uns eigentlich nur ein Stündchen an die Boje hängen, den Sonnenuntergang genießen und anschließend wieder zurückfahren wollen. Bis zu diesem Tag hatte sich mein Skipper nämlich standhaft geweigert, nachts zu ankern. Weder an der Ankerboje noch sonstwo. Seine Befürchtung, nachts abzutreiben und auf Legerwall zu landen, war zu groß. Ganz kurz für Nichtsegler – so erklärt Wikipedia den Begriff Legerwall:

Mit Legerwall wird die Situation eines Wasserfahrzeuges beschrieben, in der dieses durch Wind, Seegang oder Strömung an eine Küste getrieben wird. Die Gefahr besteht darin, an einer Küste zu stranden, wenn das Boot durch die eigene Motorkraft oder durch Segeln nicht mehr gegen die Naturkräfte ankommt.

So sieht’s aus. Deshalb hat Thue zur Bedingung gemacht, dass nachts einer von uns Ankerwache halten muss. Nachdem wir einige spannende Geschichten zu misslungenen oder hektisch abgebrochenen Anker-Aktionen anderer Segler gehört hatten, halte selbst ich bei instabiler Wetterlage die Ankerwache für sinnvoll. Aber Ankerwache an einer Ankerboje? Das fand ich total albern. Trotz häufiger Diskussionen waren wir uns bis zu diesem Tag nicht einig geworden und haben – zu meinem Leidwesen – die Nächte immer in einem sicheren Hafen verbracht.

Nach einer guten Stunde Fahrt hatten wir an der Ankerboje festgemacht und der Motor verstummte. Augenblicklich legte sich eine himmlische Ruhe über das Schiff. Weit und breit war kein Mensch zu sehen, nur ein paar Kühe knabberten am Ufer an den Büschen. Das Wasser war blitzblank und Schiffe waren auch nicht mehr unterwegs, schließlich war die Saison fast vorbei. Idylle pur!

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Normalerweise halten wir uns lieber im Cockpit als unter Deck auf. Deshalb gab es  auch an diesem Abend“One-Pot-Pasta“ an der frischen Luft. Es wurde zwar schon merklich kühler, aber wozu gibt’s warme Klamotten?

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Henkersmahlzeit 2016…
Als mein Skipper sich zum Essen das erste Carlsberg genehmigte, war mir klar, dass mein großer Tag gekommen war. Thue trinkt nämlich prinzipiell keinen Alkohol, wenn er am Ruder steht. Also wollte er an diesem Abend auch nicht mehr zurück nach Dyvig. Mein Traum wurde tatsächlich wahr, wir würden die Nacht an der Ankerboje verbringen! 😍

Die Stimmung war wunderbar friedlich, genau so hatte ich mir das immer vorgestellt. Nach dem Essen saßen wir in Wolldecken eingekuschelt im Cockpit, haben bei Bier und Rotwein die Segelsaison noch mal Revue passieren lassen und in der Dämmerung sogar noch ein paar Schweinswale beobachten können.

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Abenddämmerung im Alssund
Am nächsten Morgen lag Dunst über dem Wasser und der Herbst war schon deutlich zu spüren. Frühstück gab es natürlich wieder im Cockpit, anschließend sind wir nach Dyvig aufgebrochen. Das war ein traumhaftes Segelsommer-Finale! Und das Beste: die Weichen für die Zukunft sind gestellt – ich bin zuversichtlich, dass ich meinen Skipper in Zukunft leichter zum Ankern überreden kann – er hat nämlich Blut geleckt! 😄⚓️

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Der Tag erwacht…
Liebe Segler, wie geht Ihr mit dem Thema Ankern und Ankerwache um? Verwendet Ihr z.B. den elektronischen Ankeralarm oder Anker-Apps fürs Smartphone? Habt Ihr gute Tipps, die helfen, das Ankern sicherer und entspannter zu machen? Leider gibt es ja nicht überall Ankerbojen… Wir freuen uns über Euer Feedback! 😊

Einige Tage später ging  unser elbkind dann ins Winterlager, und damit war der Segelsommer 2016  Geschichte. Aber wie heißt es so schön? Nach der Saison ist vor der Saison! 🇩🇰☀️⛵️

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Das elbkind am Kran
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Auf geht’s ins Winterlager!