Seit Anfang Oktober ist unser elbkind nun schon im Winterlager und wir haben uns langsam wieder an das Leben als Landratten 🐭🐭 gewöhnt. Wie jedes Jahr konnten wir es anfangs in geschlossenen Räumen kaum aushalten und haben ständig alle Fenster aufgerissen. Nach der langen Zeit an Bord hatten wir uns zu sehr ans Leben an der frischen Luft gewöhnt. Kennt Ihr das eigentlich auch oder sind nur wir so merkwürdig drauf?
Zuhause ist es auch wieder schön. Wir vertreiben uns die Zeit mit langen Spaziergängen durch bunte Herbstlandschaften; in den letzten Tagen mussten wir wegen der winterlichen Temperaturen sogar Mütze und Handschuhe wieder rauskramen. Ansonsten sind die Aufgaben klar verteilt: Thue sitzt vor dem Rechner und surft im Netz (Yacht-Forum, Segelfilme auf YouTube, Segelblogs, Kauf einer Ankerkette), während ich als fleißige Hausfrau Kuchen- und Kochrezepte ausprobiere und mit den Folgen kämpfe, die sich schon deutlich auf der Waage zeigen 😬. Ansonsten tobe ich mich ein bisschen im Garten aus – einer muss ja schließlich dem Laub hinterherjagen.
Nun können wir uns auch wieder mit Freunden und Bekannten verabreden, die wir monatelang nicht gesehen haben, weil immer gerade jemand im Urlaub oder sonstwo unterwegs war, meistens natürlich wir 😉. Und ich habe Zeit für meine junge Freundin aus Eritrea und ihren kleinen Sohn, die im Sommer letzten Jahres als Flüchtlinge zu uns nach Norderstedt gekommen sind. Während der Segelsaison haben wir uns manchmal ein bisschen vermisst, und nun sehen wir uns wieder regelmäßiger. Unterwegs im deutschen Bürokratie- Dschungel lerne ich ständig dazu und habe mittlerweile den Eindruck, dass 6 Richtige im Lotto wahrscheinlicher sind, als eine Betreuung für einen kleinen Jungen zu finden, damit seine Mutter einen Integrationskurs besuchen kann…
Nach ein paar Wochen auf dem Trockenen war unsere Vorfreude auf die diesjährige Hanseboot in Hamburg groß. Für meinen Skipper ist so ein Messebesuch immer aufregender als Weihnachten. Am 29.10. öffnete die Messe ihre Tore; um den Wochenendtrubel zu umgehen sind wir erst am Montag hingefahren. Wir besuchen die Hanseboot schon seit Jahren, aber diesmal fühlte sich so manches anders an. Mit den geänderten Öffnungszeiten ging es los: Wochentags von 12:00 bis 20:00 Uhr, am Wochenende von 10:00 bis 18:00 Uhr. Für uns Langschläfer kein Problem. Die Aussteller, mit denen wir darüber gesprochen haben, klangen allerdings nicht sonderlich begeistert. Erstens wisse man nicht, wie man sich vormittags die Zeit vertreiben soll, und zweitens müsse man hungrig bis spätabends durchhalten. Und das, obwohl angeblich nur sehr wenige Gäste die langen Öffnungszeiten nutzen würden.
Merkwürdig fremd fühlte sich für uns an, dass die Nordborg-Werft diesmal gar nicht auf der Messe vertreten war. Und unser Bootsbauer war nicht der Einzige, der sich gegen einen Messeauftritt in Hamburg entschieden hatte, denn in diesem Jahr glänzten u.a. auch Werften wie Hallberg-Rassy, Bavaria, X-Yachts und Faurby durch Abwesenheit. Außerdem ist uns aufgefallen, dass auch diverse Ausrüster für Bootszubehör und Kleidung nicht mehr dabei waren und es war deutlich, dass die Hanseboot im Vergleich zum letzten Jahr wieder deutlich geschrumpft ist. Wurden bis vor ein paar Jahren auch die Hallen am Eingang Mitte genutzt, beschränkte sich die Messe inzwischen nur noch auf das B-Gelände. Langsam wächst unsere Befürchtung, dass wir in naher Zukunft nach Düsseldorf zur „boot“ fahren müssen. Aber wir bleiben zuversichtlich und wünschen uns die Hanseboot auch zukünftig als festen Bestandteil unserer Winterpause in Hamburg.
Für alle, die das Thema Hanseboot näher interessiert : Stephan hat die Fakten kürzlich in einem Beitrag auf seinem Blog Digger Hamburg zusammengefasst.
Für uns war der Messebesuch trotzdem wieder sehr interessant und inspirierend. Besonders angetan waren wir vom „Nordic Cruiser“, einem klassischen Daycruiser. Falls wir dereinst zu alt und klapprig fürs Nordborg-Segeln sein sollten, legen wir uns vielleicht so ein Schmuckstück zu, um damit ein bisschen die Elbe rauf- und runter zu schippern. Man staunt ja, aber es ist alles an Bord, was das Herz begehrt: gemütliche Korbsessel für den Skipper und seine Bordfrau, ein einflammiger Kocher, eine Kühlbox, zwei Schlafplätze… Nur Segel fehlen natürlich, und das wird für uns sicher etwas gewöhnungsbedürftig. Aber zum Glück ist es ja noch nicht so weit… 😉

Nur ein paar Meter weiter haben wir uns am Stand vom Fåborg Havn eine ganze Weile nett mit Hafenmeister Lasse Olsen unterhalten und erfahren, dass sowohl die Marina als auch der Stadthafen ab dem Saisonbeginn 2017 mit einem blitzschnellen WLAN-Netz ausgestattet werden. Da lacht natürlich das Bloggerherz. 👍🏼 Und auch sonst hat Fåborg einige Ideen, die den Hafen zukünftig attraktiver machen sollen. Die sanitären Anlagen in der Marina werden erweitert und das Restaurant „Bro 7“, das in dieser Segelsaison leerstand, ist wieder verpachtet. Wir sind gespannt. Zum Abschluss durften wir noch an der kostenlosen Fåborg-Tombola teilnehmen, mussten allerdings feststellen, dass wir offenbar mehr Glück in der Liebe haben. ❤️

Eine kleine Stippvisite auf der gut besuchten Bente-Insel durfte natürlich auch nicht fehlen – schon wegen Polly. Es wurden gleich drei Kleinkreuzer (Länge: 7,2 m) präsentiert: eine Green („Bio“) Bente, die zum Teil aus nachwachsenden Rohstoffen wie Flachsfaser, Kork und Harz auf Leinölbasis gefertigt wird, eine Performance-Bente mit Karbonrigg und -bügel, Teakdeck und cooler schwarzer Lackierung, und last but not least das erste Serienboot der Mk III-Version, in das alle Erfahrungen der vorangegangenen Generationen eingeflossen sind, mit hydraulischem Schwenkkiel.* Wir sind begeistert von diesem agilen und preiswerten Schiff, das hoffentlich viele Segel-Einsteiger für sich gewinnen wird. Ein Anfang ist gemacht, das innovative Konzept von Stephan Boden und Alexander Vrolijk begeistert offenbar viele, vor allen Dingen junge Segler. Am Stand war der Teufel los.
* Das hat sich mittlerweile geändert. Laut Kommentar von Blogleser Volker, der mit Alex gesprochen hat, ist das Projekt Schwenkkiel aufgrund zu hoher Kosten inzwischen aufgegeben und durch einen neuen Hubkiel ersetzt worden. Danke für den Hinweis!
Freitags sind wir dann noch ein zweites Mal auf der Messe gewesen und haben uns mit unseren Segelfreunden Christiane und Hendrik getroffen. Und siehe da: auch die Bootsbauer-Familie Jensen wollte sich die Hanseboot nicht entgehen lassen und war wenigstens zu Besuch gekommen.

Unser Finale der diesjährigen Messe fand sonntags auf der In-Water Hanseboot im Sandtorhafen statt, dort lagen eine Oyster 825, die nur nach Anmeldung besichtigt werden konnte, eine Moody DS 45, die zu unserem Erstaunen nicht mehr in England, sondern inzwischen in Greifswald gebaut wird und eine Bestevaer 45 ST pure aus den Niederlanden, die uns besonders mit ihrer hochwertigen Innenausstattung beeindruckt hat. Unser heimlicher Traum ist allerdings eine Bestevaer 50. Vielleicht sollten wir doch langsam mal anfangen, Lotto zu spielen?
Das waren unsere Hanseboot-Eindrücke 2016. Auf die nächste Messe müssen wir gar nicht lange warten: am Wochenende 19. / 20.11.2016 findet die Hausmesse der Nordborg-Werft in Dänemark statt. Irgendwas ist ja immer – so übersteht man das Winterhalbjahr selbst als Landratte ohne Langeweile! ⛵️