Kurzer Abstecher nach Helsingborg

Das Wetter während unseres Sommertörns 2016 war ja eher… naja, ich würde mal sagen, es gab noch Luft nach oben. Stefanie spricht mir da mit ihrem Beitrag zum Thema Wetter  Mich wundert, dass ich fröhlich bin… so richtig aus dem Herzen. Sie schreibt darin zwar über den Sommer in Norddeutschland, aber der unterscheidet sich ja nicht großartig vom dänischen. Alle Jahre wieder hoffen wir Segler auf ein stabiles Azorenhoch, das sich wochenlang über der nördlichen Halbkugel hält. Mit strahlendem Sonnenschein, wolkenlosem blauen Himmel und moderatem Segelwind, der immer aus der richtigen Richtung weht…

Die Realität im Juli und August sah völlig anders aus, im Øresund haben wir uns vom Wetter beinahe fremdbestimmt gefühlt. Wochenlang blies der Wind kräftig aus Südwest, und das war genau die falsche Richtung für unsere Törnplanung. Außerdem hat es so oft geregnet, dass wir tagelang unter der Kuchenbude gesessen haben. Auch Gewitter waren keine Seltenheit, und die kann mein Skipper ja gar nicht leiden – am liebsten flüchtet er von Bord, wenn es blitzt und donnert. Kurz: wir hatten die Faxen ganz schön dicke, hätten am liebsten den Rückzug angetreten und wären zurück nach Dyvig gesegelt. Nur das lag mit knapp 200 sm ja auch nicht gerade um die Ecke…😬

wetterlage
Sommer 2016 – die typische Wetterlage…

Von Humlebæk aus wollten wir eigentlich weiter in nördliche Richtung und unser Plan war, erst nach Helsingborg in Schweden und anschließend nach Anholt zu segeln. Im Frühsommer 2015 hat das Wetter sogar mal kurz mitgespielt und wir haben es tatsächlich bis zu unserer Lieblingsinsel im Kattegat geschafft. Diesmal lief es eher suboptimal. Es ging damit los, dass auf unserem Törn nach Helsingborg der Wind nur ein paar Minuten nach dem Auslaufen einschlief. Schöner Start! Natürlich haben wir nicht gleich aufgegeben, aber als das Schiff nach kurzer Zeit sogar anfing, rückwärts zu treiben, blieb uns nichts anderes übrig, als den Volvo zu bemühen. Keine Chance,  das Segeln konnten wir uns abschminken. Übrigens eine typische Situation in diesem Sommer – entweder Flaute oder zu viel Wind. Als wir Helsingør erreicht hatten, haben wir das Verkehrstrennungsgebiet fast rechtwinklig überquert. Auf der kurzen Strecke zwischen Helsingør und Helsingborg pendeln die Autofähren beinahe im Minutentakt (jedenfalls gefühlt), und auch sonst war einiges an Berufsschifffahrt und Sportbooten unterwegs. Etwas kniffelig, aber mein Steuermann hat die Situation wieder mal souverän gemeistert. 👍🏼😎

humlebaek-helsingborg
Von Humlebæk nach Helsingborg

 

Helsingborgs Nora Hamnen Marina wurde 2005 mit dem Preis „goldener Hafen des Jahres“ ausgezeichnet. Direkt am Hafen liegen ein Wohngebiet und schöne Restaurants. Auf der westlichen Seite gibt es sechs Schwimmstege (Fingerstege mit Auslegern), die Liegeplätze sind rot/grün gekennzeichnet. Die östliche Kaimauer ist vorwiegend für Gäste gedacht und für alle Bootsgrößen geeignet; der Tiefgang im gesamten Hafen beträgt entspannte 4 m.

Als wir einliefen, herrschte sowohl in der Hafeneinfahrt als auch im Hafenbecken eine starke Strömung. Unentschlossen schipperten wir hin und her und überlegten, wo wir festmachen sollen. Mit den Auslegern an den Schwimmstegen kannten wir uns nämlich überhaupt nicht aus, am Ende haben wir uns dann doch getraut. Etwas gewöhnungsbedürftig, aber nach ein bisschen Fummelei mit den Achterleinen war unser elbkind sicher am Schwimmsteg fest.

 

150820_41_nackvi
Helsingborgs Norra Hamnen
img_4885
Der westliche Teil des Hafens mit Schwimmstegen

 

Schnell war klar, dass wir wegen der Wetterlage nur eine einzige Nacht in Helsingborg bleiben konnten. Schade, denn der Norra Hamnen hat uns wirklich gut gefallen. Im Duschhaus gab es sogar eine Sauna, der pure Luxus! Außerdem hätte es viel zu gucken gegeben in Helsingborg: das Schloss Sofiero mit seinem Schlosspark, der als einer der schönsten Europas gilt, Dunkers Kulturhaus direkt am Hafen, das Freilichtmuseum Frederiksdal mit botanischem Garten, Cafés und Läden…

Wenigstens haben wir es noch geschafft, den mittelalterlichen Aussichtsturm Kärnan in der Innenstadt zu besuchen. Aber das war’s dann auch schon mit unserem Sightseeing in Helsingborg. Memo an mich: Helsingborg unbedingt noch mal besuchen!

 

img_4094
Der Kärnan, Helsingsborgs Wahrzeichen

 

Ein kleines Wetterfenster am nächsten Tag war unsere einzige Chance, nicht in Helsingborg einzuwehen. Allerdings war Plan B angesagt, denn es ging nicht in nördliche, sondern wieder zurück in südliche Richtung! Für den Bereich Kattegat waren nämlich 10-12 m/s aus West angesagt, damit hatte sich Anholt erledigt. Na gut, dann wenigstens unter vernünftigen Bedingungen wieder zurück nach Kopenhagen. Aber selbst das gestaltete sich schwieriger als gedacht. Immer wieder saß Thue vor seinem Tablet, um die Wettervorhersagen sämtlicher Online-Wetterportale zu vergleichen, aber DMI, YR.NO und Windguru konnten sich nicht einig werden. Irgendwann war uns dann alles egal, wir haben einfach nur noch in den Himmel geguckt und einen dicken Wolkenbruch am späten Vormittag abgewartet. Dann haben wir schnell ein Reff ins Groß gebunden, sind in unser Ölzeug gesprungen und losgesegelt.

 

wolkenbruch-in-helsingborg
Wolkenbruch am Mittag

 

Auf Amwindkurs ging es entlang der Øresundküste zurück nach Kopenhagen. An steuerbord zogen die Häfen Humlebæk, Nivå (Thues alte Heimat), Rungsted und Vedbæk an uns vorbei. Eine zeitlang sind wir noch mit Fock und Groß gesegelt, aber als der Wind weiter auffrischte, haben wir das Vorsegel doch lieber eingerollt. Im Tuborg Havn wurden wir vom Hafenmeister und unseren Segelfreunden Carl und Pia begrüßt. Mittlerweile kamen wir uns fast schon vor wie Festlieger… 😬

 

helsingborg-tuborg-havn
Von Helsingborg zurück zum Tuborg Havn

 

Diese Erfahrung fällt eindeutig in die Kategorie: „Nimm di nix vör, dann sleit di nix fehl“. Frei übersetzt für Nicht-Plattdeutsche: „Nimm Dir nichts vor, dann kann auch nichts schiefgehen“. Richtige Salzbuckel machen keine Pläne, sondern segeln einfach los und gucken mal, wohin der Wind sie weht. Das müssen wir wohl noch verinnerlichen.. 😄

Skanör – Schwedens Sylt 🇸🇪

Seit wir segeln, träumen wir natürlich auch von Schweden. Unser erster Besuch in Skanör vor drei Jahren endete allerdings gleich an Tag eins traumatisch. Beim Herumturnen an Deck habe ich mir den linken Fuß so schwer verletzt, dass der schöne Sommerabend im Krankenhaus von Trelleborg endete und der Segelurlaub für mich schlagartig vorbei war. Thue musste mich mit einem Mietwagen nachhause bringen und unser Schiff zusammen mit einem dänischen Freund zurück nach Dyvig segeln. Seitdem ist Barfußlaufen an Bord für mich ein absolutes No-Go. 😐

Gerade deshalb sollte es diesmal besonders schön werden. Skanör, die Zweite! Von Rødvig aus war es nur ein kurzer Törn von ca. 18 sm, und bei Sonnenschein ☀️ liefen wir gleich nach dem Frühstück aus.

Bei 6-8 m/s nördlichem Wind schräg von vorn liefen wir bis zu 7 kn. Gar nicht schlecht. Im „Kreisverkehr“ beim Falsterbo Rev (der mit dem Leuchtturm in der Mitte) war richtig viel Schiffsverkehr. Fünf riesige Pötte kamen aus nördlicher und vier aus südlicher Richtung, als wir das Verkehrstrennungsgebiet queren wollten. Zwei von ihnen, Fincarriers RO-RO-Fähren, waren ziemlich schnell. Wir mussten ganz schön aufpassen und zwischendurch unseren Kurs und die Geschwindigkeit immer wieder anpassen, um die Handelsschiffe nicht zu behindern. Dabei hat uns unser AIS-System wieder mal gute Dienste geleistet.

Skanör ist ein süßer Hafen mit rot-weißen Holzhütten, typisch schwedisch. Bei Freizeitkapitänen ist dieses Ziel sehr beliebt, aber Gästeplätze sind leider Mangelware. Besonders bei gutem Wetter ist der Hafen hoffnungslos überfüllt, und im Päckchen zu liegen ist keine Ausnahme, sondern eher die Regel. Es ist also sinnvoll, schon morgens einzutrudeln, um eventuell noch einen Liegeplatz zu ergattern. Wir kamen aber erst gegen 13.00 Uhr an und haben fest damit gerechnet, dass wir im Päckchen liegen müssen. Und dann passierte, was man einen echten Glücksfall nennt. Genau in dem Moment, als wir in die Hafengasse einliefen, räumte eine kleinere Segelyacht aus Polen eine große Box! Wir trauten unseren Augen nicht. Nur ein paar Minuten später waren wir am Steg fest und konnten unser Glück nicht fassen, denn der Hafen platzte aus allen Nähten und viele Schiffe lagen schon im Päckchen.

Die Atmosphäre in Skanör ist auch deshalb so charmant, weil sich direkt an den Hafen schöne Badestrände anschließen. In unmittelbarer Nähe gibt es ein Restaurant, ein Café, eine Fischräucherei und eine Galerie. Im Sommer stehen außerdem immer wieder Veranstaltungen auf dem Programm, die für Abwechslung sorgen. Der Ortskern von Skanör ist nur ca. 1 km vom Hafen entfernt, und wer nicht zu Fuß gehen mag, kann sich ein Fahrrad ausleihen. Kein Wunder also, dass der Andrang so groß ist. Und nicht nur vom Wasser, sondern auch aus dem Hinterland zieht es schwedische Wasserratten, Badenixen, Klein und Groß, Alt und Jung natürlich ans Meer. Kurz: es war ziemlich voll. Mein Nachmittag am Strand war aber trotz der Mallorca-Atmosphäre ein echtes Highlight. Endlich mal Sonne, Sand und Meer! Da kam richtig Urlaubsfeeling auf. 👙

Abends in der Fischräucherei haben wir hemmungslos zugeschlagen und anschließend im Cockpit geschlemmt. Sehr zu empfehlen: das Landgangsbröd, ein Riesensandwich mit Krabben, Krebsfleisch, Lachs, gekochtem Ei, Tomaten und Remoulade. Superlecker.

Am zweiten Tag in Skanör legten unsere Nachbarn – ein freundliches Paar aus Belgien – ab, und der frei gewordene Platz wurde sofort von einem großen Motorboot aus Eisen belegt. Die braun-roten Streifen, die aus allen Nähten krochen, waren eindeutig Rost. Das Teil war ein unglaublicher Koloss, ca. 12 x 4 m groß und gefühlte vier Stockwerke hoch, Keller nicht mitgerechnet. 😉 Das fühlte sich an, als würden wir neben einer Bohrinsel liegen. Die Leute an Bord – eine dänisch-schwedische Patchworkfamilie mit 3 Kindern und einem Hund – waren zwar ganz nett, aber leider auch ganz schön indiskret. Wir sitzen gerade gemütlich beim Frühstück im Cockpit, da hören wir plötzlich eine Stimme von oben: “ Guck mal Mama, die kriegen Nutellabrot, warum darf ich keins haben?“ Und das nächste Kind: „Darf ich auch mal gucken?“ Privatsphäre sieht irgendwie anders aus… 😄

Eine schöne Radtour mit unseren Bordfahrrädern durch das idyllische Ljungs Naturreservat zum Falstebo Hamn und am Kanal entlang durfte natürlich auch nicht fehlen. Abends im Hafen saßen wir gemütlich mit Martina und Wolfgang, netten Comfortina-Seglern aus Hamburg, zusammen. Bei einem Glas Wein haben wir geklönt und gemeinsam den traumhaften Sonnenuntergang bewundert.

Nach drei sonnigen Tagen in Skanör ging es dann weiter nach Dragør, zurück nach Dänemark. Immer ein schönes Ziel, und nur einen Katzensprung über den Øresund entfernt.