Ahoi, Ihr Lieben! Trotz Weihnachten und Schietwetter hat es uns heute wieder mal ans Wasser gezogen – hier kommen ein paar nasskalte Impressionen aus dem Yachthafen Skovshoved am Øresund für Euch.
Bei dieser Gelegenheit möchten wir uns für Eure Treue und Eure netten Kommentare, die dieses Blog erst richtig lebendig machen, ganz herzlich bedanken. ♥️
Wir grüßen Euch herzlich aus Dänemark, wünschen Euch ein gemütliches Rest-Weihnachten mit Euren Liebsten und einen guten Start in ein gesundes, glückliches neues Jahr – an Land oder auf dem Wasser!
Schön war’s in Helsingør. Vielleicht sogar schöner als vor zwei Jahren, weil wir uns im Hafen und in der Stadt ja schon auskannten. Man legt an und ist da, muss nicht mehr nach einem Bäcker oder dem nächstgelegenen Supermarkt suchen und weiß, wo man das Hafengeld bezahlen kann. Wir sind ein paar Tage geblieben und haben auf besseres Segelwetter gewartet. Nachdem in den Wochen zuvor die Sonnenmilch schneller leer war als abends das Dosenbier, mussten wir schweren Herzens unsere Regenjacken wieder rauskramen und ein starker Nordwestwind pustete uns fast die Mützen vom Kopf.
Trotz des miesen Wetters haben wir die Zeit locker rumgekriegt. Thue nutzt unsere Aufenthalte im Großbereich Kopenhagen gern, um sich mit langjährigen Freunden oder Bekannten zu verabreden. Ein Treffen mit Steffen, seinem früheren Arbeitskollegen, war über FB schnell vereinbart, und auch Thues alter Kumpel Gert kam uns an Bord besuchen. Nach einem Männerspaziergang rund um das Kronborg Slot gab es Klönschnack, Kaffee und Wienerbrød (dänisch für „Kopenhagener“) unter der Kuchenbude.
Gegen Abend sind wir dann zum Værftets Madmarked spaziert, so heißtHelsingørsneuer Streetfood-Treffpunkt, der Anfang Mai 2017 seine Tore geöffnet hat. Der Culture Yard, das maritime Museum und das Schloss Kronborg liegen in unmittelbarer Nachbarschaft. In einer alten Werfthalle werden in rustikaler maritimer Atmosphäre an nett aufgemachten Ständen und Verkaufswagen internationale Snacks und Gerichte angeboten. Die Halle ist zwar noch nicht voll belegt und die Belüftung war auch noch etwas verbesserungsbedürftig, aber das Ganze steckt ja auch noch in den Kinderschuhen. Alles braucht seine Zeit.
Ein ähnliches Streetfood-Konzept war uns schon in Århus begegnet, und wir haben den Eindruck, diese Alternative zum Restaurantbesuch scheint in Dänemark voll im Trend zu sein. Eine schöne Sache auch für Segler, denn ein kleiner Bummel durch unterschiedliche Esskulturen ist nach einem langen Tag auf dem Wasser bestimmt ein Highlight. Das Essen im Værftets Madmarked ist bezahlbar, für jeden Geschmack ist was dabei und der Yachthafen liegt nur fünf Gehminuten entfernt. Die Food-Stände schließen übrigens gegen 20.00 Uhr, Getränke werden auch noch länger ausgeschenkt. Aha. Na dann: guten Appetit und Prost! 🍷🍺🍹
Obwohl es hier ja in erster Linie ums Segeln und nicht ums leibliche Wohl gehen soll, möchte ich trotzdem schnell noch einen kulinarischen Tipp loswerden. Auf Eure To-Do-List für Helsingør gehört nämlich unbedingt auch ein Besuch im Café Karisma. Es liegt in der Fußgängerzone (Stengade 56) in der Innenstadt und ist eine Wohlfühl-Frühstücks-Oase mit hyggeliger Atmosphäre, frisch gemahlenem Kaffee und selbst gebackenem Brot. Mein Skipper als Croissant-Junkie hat den Karisma-Hörnchen eine Eins mit Stern ⭐️ gegeben. Damit nicht genug, das Café bietet auch eine große Auswahl an frisch gepressten Säften und Smoothies, Tees, Torten und Kuchen an. Lustige Sprüche an den Wänden tragen zur Erheiterung der Gäste bei, und das WLAN ist blitzschnell und kostenlos – gerade bei Regenwetter der ideale Ort für bloggende Bordfrauen. 😉
Genau Skippers Humor
Rührei Café Karisma
So, nun aber genug geschlemmt und geschwärmt, raus aus dem Café und rein ins kalorienfreie Leben!
Am Kulturhafen von Helsingør ist uns einiges begegnet, was uns bei unserem letzten Besuch gar nicht ins Auge gefallen ist. Das relativ neue und silbrige Wahrzeichen Helsingørs zum Beispiel – die männliche Version der Kleinen Seejungfrau aus Kopenhagen namens „Han“. Oder der Skulpturfisch Guldbrasen fra Øresund, geschaffen von der japanischen Künstlergruppe Yodogawa Technique, die Abfall in Kunst verwandelt hat. Der riesige Fisch besteht aus Plastikspielzeug, Benzinkanistern, Gartenmöbeln und sonstigen Hinterlassenschaften der Menschheit. Als wir direkt vor ihm standen und jedes einzelne Teil erkennen konnten, kamen wir ins Grübeln – das Stichwort heißt Nachhaltigkeit. Und genau das war wohl die Triebfeder der Künstler: die Menschen zum Nachdenken zu bringen und ihr Umweltbewusstsein zu schärfen. Ein beeindruckendes Kunstwerk.
„Han“, das Wahrzeichen Helsingørs
Guldbrasen fra Helsingør
Wenn wir durch die Fußgängerzone von Helsingør schlendern, gehört natürlich ein Abstecher in das tollste Käsegeschäft Dänemarks Lynhjems Eftf. Ole Jensen in der Stengade 19 dazu. Das muss unbedingt sein, denn für uns ist Käse die schönste Wurst. Die Auswahl ist einfach bombastisch, und überall im Laden stehen Probierhäppchen für den interessierten Käsekunden bereit. 😋
Wenn wir unterwegs sind, machen wir gelegentlich lustige Ratespiele mit unserem Segelfreund Hein Mück. Per WhatsApp schicken wir ihm ein Foto einer Location und er muss dann raten, wo wir gerade sind. Diesmal bekam er diese Aufgabe:
Prima, prima – Käse aus Dänemark! 🇩🇰Als weit gereister Dänemark-Segler kennt Hein Mück sich natürlich bestens aus, und die Antwort mit der Lösung kam wie aus der Pistole geschossen:
„Helsingør! Wann kommt unser Käsepaket? Genießt die schöne Stadt!“
Darauf Thue: „Welche Sorte? Wie reif soll er sein?“
Dann Hein Mück: „Wir nehmen alles, haha!“
Das haben wir uns natürlich nicht zweimal sagen lassen! Also rein ins Käsegeschäft, wo uns der Verkäufer eine dicke Scheibe Stinkekäse in mehrere Lagen Papier eingepackt hat. Schnell wurde noch eine kleine Grußkarte dazu geschrieben, und dann ging die Käsebestellung in einem Jiffy-Umschlag per Post nach Freiburg an die Elbe. Eine nette kleine Überraschung für Hein und Rosi. Die beiden haben sich (angeblich) gefreut, und der Geruch soll sich tatsächlich in Grenzen gehalten haben, trotz der drei Tage Transport und der unterbrochenen Kühlkette. 🧀😄
Auch in Helsingør zog es mich wieder zu den Kirchen der Stadt, ihrer Anziehungskraft kann ich einfach nicht widerstehen. Diesmal konnte ich Thue dazu überreden, die Skt. Mariæ Kirche und das Karmeliterkloster Vor Frue zu besichtigen. Das im Jahr 1430 gegründete Kloster wurde vom damaligen dänischen König Erik von Pommern gestiftet und ist eine der schönsten und am besten erhaltenen Klosteranlagen in Nordeuropa. Nach der Reformation wurde das Kloster aufgelöst, und ein Altenheim und ein Krankenhaus fanden hier ihren Platz. Noch heute kann man die Kreuzgänge und den schönen Klostergarten bewundern.
Auch die St. Mariæ Kirche hat uns mit ihren gut erhaltenen Decken- und Wandmalereien und einer Orgel aus dem Jahr 1662 sehr beeindruckt. Auf der Orgel hat schon der deutsche Komponist Dietrich Buxtehude während seiner Zeit als Organist in der Kirche gespielt.
Drei Tage und vier Nächte sind wir in Helsingør geblieben. Die Atmosphäre im Hafen ist jedes Mal etwas Besonderes. Das geschichtsträchtige Kronborg Slot im Hintergrund und der Blick über den Øresund nach Schweden, das nur einen Steinwurf entfernt liegt – das gibt’s nur einmal, und ich bin sicher, dass wir nicht zum letzten Mal hier waren. Aber unser Sommertörn sollte weitergehen. Nach vier Nächten und drei Tagen setzten wir die Segel in Richtung Kopenhagen, die Familie wartete schließlich schon auf uns… 😊
Dann passten endlich Windstärke und -richtung, und wir konnten mal wieder einen kleinen Törn planen. Am späten Vormittag ging es los in Richtung Humlebæk. Fock und Groß waren oben und es wehte zwischen 5 und 10 m/s. Eigentlich machte das elbkind auch ganz flotte Fahrt durchs Wasser, aber wir hatten ständig mit Winddrehern zu kämpfen. Dazu kam, dass wir auf Backbordhalse unterwegs und damit ausweichpflichtig waren. Irgendwas ist ja immer. Schön war’s trotzdem, denn bei blauem Himmel und Sonnenschein konnten unsere Fleecejacken zum ersten Mal seit langer Zeit mal wieder unter Deck bleiben, und das hat ja auch was! 😉
Nach einem kurzen Törn von ca. 18 sm entlang der Küste Nordsjællands erreichten wir den kleinen Hafen von Humlebæk. Unterwegs hatten wir im Hafenführer gelesen, dass es dort nur 100 Liegeplätze gibt, die in erster Linie von Festliegern genutzt werden. Außerdem sei nur wenig Platz für Hafenmanöver vorhanden. Schöne Aussichten. 😁
Vorsichtig tuckerten wir in die Hafeneinfahrt und spähten in alle Richtungen. Es war wie befürchtet, der Hafen war pickepackevoll. Das Hafenbecken war für Manöver auch wirklich knapp bemessen, aber Thue fuhr trotzdem mutig weiter rein. Und – BINGO – an der Kaimauer war tatsächlich noch ein einziger, schmaler Platz frei, wie gemacht für die schlanken Model-Maße einer Nordborg 40. Ein netter älterer Herr aus Holland half uns beim Festmachen. Wieder mal hatten wir Schwein gehabt und einen schönen Liegeplatz gefunden! 🐷
Humlebæk ist ein altes Fischerdorf in der Nähe von Helsingør, im nördlichen Teil vom Øresund. Seine bewegte Geschichte lässt sich viele hundert Jahre zurückverfolgen. Die Landung bei Humlebæk im Jahr 1700 war der Beginn des großen nordischen Krieges, der mit dem Frieden von Traventhal zwischen dem schwedischen König Karl XII. und dem dänischen König Friedrich IV endete.
Der beschauliche Ort ist aber nicht nur bei Seglern beliebt, sondern auch bei Kunstliebhabern bekannt für sein Museum for Modern Art, das Louisiana. Ein Besuch stand ganz oben auf unserer Bucket-List, denn ich hatte schon so viel Positives darüber gehört und Thue eine kleine Ewigkeit damit in den Ohren gelegen. Und: das Louisiana ist nur einen Katzensprung vom gemütlichen Hafen entfernt! Eine gute Idee ist es übrigens, auf dem Weg zum Museum die Abkürzung über den wunderschön angelegten Friedhof der Humlebæk Kirche zu nehmen – bestens geeignet, die Seele mal eine kurze Zeit baumeln zu lassen, bevor man sich der Faszination des Louisiana hingibt. Und das geht wirklich schnell. Hier sind paar Eindrücke:
Die Museumsgebäude des Louisiana, die von unterschiedlichen Architekten geplant wurden, liegen in einem weitläufigen Park direkt an der Øresundküste. Neben einer festen Kunstsammlung sind ständig wechselnde Sonderausstellungen im Programm. Fasziniert hat uns die Ausstellung „Illumination“, aber auch die Werke des jungen Picasso haben uns überrascht und dazu beigetragen, dass wir ihn und seine Werke nun aus einem ganz neuen Blickwinkel betrachten. Der schöne Museumspark beeindruckt seine Besucher mit Skulpturen, seltenen Bäumen und Pflanzen und Landschaftskunst. Nette Anekdote: der Name Louisiana stammt vom Vorbesitzer des 1855 erbauten Haupthauses, Alexander Brun. Er benannte das Anwesen nach seinen drei Ehefrauen, die tatsächlich alle den Vornamen Louise trugen!
Aber zurück zum Segeln und dem gemütlichen Hafen von Humlebæk. Statt eines Bezahlautomaten leistet man sich hier noch den Luxus eines „richtigen“ und sehr netten Hafenmeisters namens Per. Von ihm bekommt man beim Bezahlen des Hafengeldes keine selbstklebende Hafenplakette für den Bugkorb, sondern eine kleine, handgeschriebene Quittung. Auf deren Rückseite befindet sich ein Lageplan mit Einkaufsmöglichkeiten, die allerdings nicht gerade um die Ecke liegen. Am besten erreicht man sie mit dem Fahrrad. Die Drahtesel können im Hafen ausgeliehen werden – ziemlich alte Schesen zwar, aber dafür ist der Verleih kostenlos.
Hafengeld auf altmodische Art…
..inklusive Lageplan.
Gemütliche Abende mit viel deutsch-dänisch-englischem Klönschnack verbrachten wir mit unseren holländischen Stegnachbarn und unseren Segelfreunden Pia und Carl. Unter alten Bäumen direkt an der Kaimauer fanden wir Sitz- und Grillmöglichkeiten, und auch das Wetter spielte einigermaßen mit beim Abendessen unter freiem Himmel (die Mücken-Attacken sollen hier mal unerwähnt bleiben 😉).
Gleich am ersten Abend hatte eine niedliche Ente uns als potentielle Futterquelle ausgemacht. Sie (oder er?) tauchte völlig furchtlos am Tisch auf und lud sich zum Essen ein. Wir hatten richtig Spaß!
Langsam anschleichen..
…rauf auf den Tisch…
..herausfinden, was im Angebot ist….
..abwarten und möglichst unschuldig gucken
…und das Abendbrot ist gesichert!
Nach drei Nächten in Humlebæk haben wir uns dann entschieden, nach Helsingborg auf der schwedischen Seite des Øresund zu segeln. Denn die Hoffnung, in diesem Sommer Anholt zu besuchen, hatten wir noch immer…
Bei totaler Flaute und Sonnenschein verließen wir Dragør morgens in Richtung Tuborg Havn. Es war schwül-warm, und weil sich kein Lüftchen regte, lief der Volvo.
Plötzlich – Attacke! Myriaden von Minifliegen kaperten das Schiff und ließen sich überall nieder: am Segelsack, auf und unter dem Deck, in Nasen, Ohren und Mündern. Alles war schwarz, und die Plagegeister ließen sich auch nicht abschütteln. Eigentlich logisch, dass es bei so einem Überfall gar keinen Sinn macht, wild herumzufuchteln um zu versuchen, die Viecher zu verjagen. Aber die körpereigenen Reflexe waren doch stärker. Wir konnten gar nicht anders, ununterbrochen schlugen wir um uns. Ab und zu sind wir eine kleine Runde im Kreis gefahren, denn das war die einzige Möglichkeit, die ungebetenen Gäste wenigstens mal für einen kurzen Moment loszuwerden und uns eine Pause zu verschaffen. Aber nur Sekunden später waren die Plagegeister auch schon wieder zurück. Reine Nervensache! Erst als der Tuborg Havn näher rückte, entspannte sich die Lage an Bord wieder und unsere blinden Passagiere verzogen sich langsam. Nach dem Anlegen mussten wir das Schiff dann erst mal von unzähligen Fliegenleichen befreien, schöne Fleißarbeit. 😬 Zum Glück haben wir einen Mini-Staubsauger an Bord und am Steg hing ein Wasserschlauch….
Fliegeninvasion!
Unser Aufenthalt in Kopenhagen war wirklich schön und abwechslungsreich. Es gab lustige Familienabende zusammen mit Thues Kids, wir waren gemeinsam essen, haben gegrillt, zusammen gekocht und Hausmusik gemacht. Anne-Marlene ist wirklich ein Naturtalent auf der Ukulele! Der absolute Renner war das „Tüdelband“-Lied, das sie auf Wunsch eines einzelnen Herrn 😉 einstudiert hatte. Wer mag, kann hier gern mal reinhören:
Ein Stadtbummel durfte natürlich auch diesmal nicht fehlen. Auffällig war, dass die gesamte Innenstadt Kopenhagens von Kreuzfahrttouristen bevölkert wurde. In der Fußgängerzone Strøget konnte man kaum einen Fuß vor den anderen setzen. Das Kreuzfahrt-Business scheint eine gute Einnahmequelle zu sein. Nach wie vor sind wir froh, dass wir auf eigenem Kiel unterwegs sind. Man soll ja nie niesagen, aber schwimmende Hochhäuser wie mein Schiff, Aida, MSC & Co. werden wir uns garantiert erst dann von innen ansehen, wenn wir unser Großsegel nicht mehr allein hochziehen können, wahrscheinlich selbst dann nicht. Dagegen könnte ich mir eine Kreuzfahrt unter Segeln sehr gut vorstellen, aber dafür müsste man natürlich erst mal im Lotto gewinnen.
Bei konstanter Südwestwindlage war an Weitersegeln nicht zu denken. Egal, welche Möglichkeit wir andachten, sie wurde schnell wieder abgewählt. Richtung Schweden? Oder vielleicht Anholt? Zu riskant bei der aktuellen Wetterlage, man muss ja schließlich auch irgendwann wieder zurück… Richtung Heimat? Gegenwind, keine Chance. Die Alternative? In Kopenhagen bleiben. Bei einer Radtour in die Innenstadt haben wir uns mal die neue Brücke Inderhavnsbroen angesehen. Sie verbindet den Nyhavn mit dem Stadtteil Christianshavn und ist ausschließlich für Radfahrer und Fußgänger gedacht. Ursprünglich sollte sie schon im Jahr 2013 fertig sein, aber Pleiten, Pech und Pannen haben die Bauzeit begleitet. Im Juli 2016 war es dann endlich so weit, die Brücke konnte eröffnet werden. Gemeinsam mit den weiteren Brücken, der Cykelslangen, der neuen Cirkelbroen von Künstler Olafur Eliasson und dem kürzlich fertiggestellten Harbour Circle Path eine weitere tolle Verbesserung für die sowieso beste Radfahrerstadt der Welt! 🚲
Mein Skipper auf der Inderhavnsbroen
Weil wir gerade in der Nähe waren, haben wir auch gleich dem Freistaat Christiania einen Besuch abgestattet, da wollte ich nämlich schon lange mal hin. Christiania wurde 1971 von dem Journalisten Jacob Ludvigsen ausgerufen und ist von der dänischen Regierung bis heute als autonome Kommune geduldet. Inzwischen auch über die Grenzen Dänemarks hinaus bekannt sind seine Lastenfahrräder, die hier gebaut und auch für den Transport von Kindern genutzt werden. Schon bei unserem letzten Besuch im Sommer ging mir ja bei diesem niedlichen Anblick das Herz auf. (Kindertransport in Kopenhagen) Ich war einigermaßen überrascht, wie kommerziell Christiania aufgezogen ist, irgendwie hatte ich mir alles viel alternativer vorgestellt. Im Gastro-Bereich werden Kaffee und Kuchen verkauft und neben bunten Klamotten, Souvenirs und Hippie-Schmuck wird dem Besucher von vermummten Gestalten natürlich auch Cannabis in sämtlichen Variationen angeboten. Und obwohl Christiania eine der beliebtesten Touristenattraktionen Kopenhagens ist, ist Fotografieren strengstens verboten. Wer das ignoriert und Kamera oder Smartphone zückt, wird sofort streng zurechtgewiesen. Könnt Ihr Euch vorstellen, wie ein „Smombie“ (Kombination aus Smartphone und Zombie) wie ich in solchen Momenten leiden muss? Das war wirklich schade, und deshalb gibt’s hier auch nur Fotos von außen.
Wegen der andauernden Südwestwindlage richteten wir uns im Tuborg Havn fast häuslich ein. Während Thue es sich an Bord mit der Familie gemütlich machte, bin ich mit dem Zug nachhause gefahren, habe mal unsere Post gesichtet, ein paar Rechnungen bezahlt, den Garten in Ordnung gebracht und ein bisschen Zeit mit meinen Eltern und meinem Töchterchen verbracht. Nach 4 Tagen Heimaturlaub ging’s dann wieder zurück an Bord. Weil sich an der Wetterlage noch nichts geändert hatte, kauften wir am nächsten Tag eine Zugfahrkarte und machten einen Ausflug zum Dyrehavesbakken, dem ältesten Vergnügungspark der Welt. Er liegt nördlich von Kopenhagen in Klampenborg, ist von März bis Ende August geöffnet und der Eintritt ist – im Gegensatz zum Tivoli in Kopenhagen – frei. Ein kleiner Spaziergang oder eine Kutschfahrt vom S-Bahnhof durch die schönen Straßen des Tiergeheges Jægersborg führt den Besucher zum „Bakken“. Neben einer Zirkusrevue, einer Freilichtbühne, Schießbuden, Restaurants, Cafés und Karussells kann man hier eine der berühmtesten Attraktionen, die „Rutschebanen“ bestaunen, die im Jahr 1932 Walter Quinlan, einem irischen Ingenieur, konstruiert wurde und als eine der ältesten Holz-Achterbahnen Europas Seltenheitswert besitzt.
Mein persönliches Highlight an diesem Tag war allerdings ein Besuch in der Kleinstadt Korsbæk, dem fiktiven Schauplatz der dänischen Fernsehserie Matador, deren leidenschaftliche Fans wir sind. Auf dem Bakken wurde Korsbæk nachgebaut. Neben den bekannten Häusern und Geschäften sind wir bei unserem Besuch tatsächlich einigen der Protagonisten wie Maude und Hans-Christian und dem Grisehandler Larsen begegnet, der mit seinem Hund Kvik eine kleine Runde durchs Städtchen drehte und sich sogar mit uns unterhalten hat. So herrlich!
Große Auswahl in Skjerns Magasin
Grisehandler Larsen mit Kvik
Maude und Hans-Christian
Im Tuborg Havn haben wir unsere Segelfreunde Pia und Carl aus Humlebæk wiedergetroffen; im vergangen Jahr hatten wir sie im Gästehafen von Kappeln kennengelernt. Die zwei haben große Pläne, haben ihr Haus für ein Jahr vermietet und wollen in Kürze auf große Fahrt gehen. Der Mast ihrer Yacht wird gelegt, und dann geht es durch die Kanäle von Deutschland, Holland, Belgien und Frankreich bis ins Mittelmeer. Toll! Wir wünschen den beiden viel Spaß und drücken besonders Pia die Daumen, dass ihre Gesundheit mitspielt.
Zusammen mit Carl haben wir uns im Tuborg Havn die 67-Fuß-Segelyacht“Oceans of Hope“ angesehen. Von Juni 2014 bis November 2015 ist sie mit Skipper, Crew und einer Besatzung von MS-Patienten um die Welt gesegelt. Mikkel Anthoniesen, Arzt in der Skleroseklinik vom Rigshospital Kopenhagen hat das wunderbare Projekt Sailing Sclerosis – Oceans of Hope ins Leben gerufen und war während des 17monatigen Törns auch Skipper an Bord. Sein Ziel war es, Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung der MS-Patienten an Bord durch neuen Lebensmut zu ersetzen, was ihm zweifelsohne gelungen ist. Während der Weltumsegelung gab es an Bord keine Patienten mehr, sondern ausschließlich Crew-Mitglieder. Jeder hatte seine Aufgabe zu erfüllen – und wenn sie noch so klein war. An dieser Stelle herzlichen Dank an Bertram Christensen – Crew der Oceans of Hope und derzeit Hafenassistent im Tuborg Havn – der sich die Zeit genommen hat, uns das Schiff zu zeigen und zu erklären.
Wenn man längere Zeit in einem Hafen zubringt, erlebt man nicht nur schöne, sondern manchmal leider auch tragische Momente. Als wir nachmittags von einer Radtour zurückkamen, hatte gerade eine Melges 24 aus Greifwald festgemacht. Die Besatzung, eine 3-köpfige Familie aus Greifswald, war mit den Nerven ziemlich am Ende. Während ihres Törns von Borstahusen in Schweden nach Kopenhagen wollte Madlén, eine gute Seglerin, bei relativ starkem Wind das Vorsegel tauschen. Dann ging alles ganz schnell – eine Böe kam, Madlén stürzte und brach sich zwei Knochen der rechten Hand. Glücklicherweise war sie war eingepickt, sonst wäre sie bei der Aktion wahrscheinlich über Bord gegangen. Thue begleitete sie als Dolmetscher in die Klinik nach Gentofte, wo die Diagnose gestellt und ein Gips angelegt wurde. Am übernächsten Tag fuhr die tapfere Patientin mit dem Bus zurück nach Greifswald, dort wurde die Operation inzwischen erfolgreich durchgeführt. Wir wünschen Dir gute Besserung, liebe Madlén!
Last, but not least, muss ich Euch unbedingt noch meine neue Freundin Amy vorstellen. Sie ist eine junge Spandador-Hündin (Kreuzung aus Labrador und Cockerspaniel) und verbrachte – wie wir – viel Zeit im Hafen. Von ihrem Aussichtsplatz am Steg hatte sie die Lage hervorragend im Blick. Ich habe noch nie einen Hund erlebt, der SO gut gehorcht wie Amy! Das war wirklich beeindruckend. Fröhlich und freundlich war sie außerdem, immer bereit für ein kleines Spielchen und ein paar Streicheleinheiten. 🐶
Amy hat alles im Blick!
Kleine Spielrunde gefällig?
Nun komm schon!
Als der Wind dann endlich mal einigermaßen passte, machen wir uns auf nach Humblebæk an der Øresundküste Seelands. Mehr darüber gibt’s demnächst an dieser Stelle.
Bei Wind aus südlicher Richtung sind wir nach drei Tagen in Skanör wieder zurück nach Dänemark gesegelt. Nur mit der Fock ging es mit gemütlichen 4-5 kn wieder über den Øresund. Faules Segeln! Unser Ziel war Dragør – schon im vergangenen Jahr hatten wir hier ein paar Tage verbracht. Das kleine Städtchen ist mit seiner schönen Atmosphäre, den uralten, gelb getünchten Fischerhäuschen und den kleinen Gassen mit Kopfsteinpflaster inzwischen eins unserer Lieblingsziele. Das Thema Fisch wird hier schon seit Ewigkeiten großgeschrieben, in früheren Zeiten trafen sich im Sommer tausende Handelsleute aus der ganzen Welt für den Handel mit Heringen. Im Jahr 1370 erhielten die Hansestädte das Recht auf Handelsprivilegien und das Konservieren von Heringen. Das alles ist natürlich längst Vergangenheit, aber noch immer herrscht in der Fischräucherei im Hafen großer Andrang. Wer lieber frischen Fisch möchte, kann 5 Skrubber (Flunder) für 50 Kronen direkt vom Kutter kaufen oder sich in einem der Fischrestaurants kreuz und quer durch die Speisekarte futtern. Die Auswahl ist groß.
Weil wir schon vormittags im alten Hafen eingelaufen sind, haben wir einen prima Liegeplatz im südlichen Teil des Hafens gefunden. Glück gehabt, denn gerade in der Hochsaison ist Dragør ein beliebtes Ziel für viele dänische und schwedische Segler. Wieder mal bestätigte sich, dass wir mit unserer schlanken Nordborg so gut wie immer einen Liegeplatz finden – egal, wie voll es ist. Die große Marina gleich nebenan bietet zwar viele Liegeplätze, hat aber im Vergleich zum alten Fischerei- und Stadthafen nur wenig Flair. Kleiner Schmunzler gleich bei der Ankunft: an unserer Steuerbordseite lag eine Hallberg-Rassy mit dem klangvollen Namen „Carius“. Dreimal dürft Ihr raten, was der Eigner beruflich macht. 💉😬
Wir hatten gerade festgemacht, als plötzlich Lodewijk auf dem Steg auftauchte und uns fröhlich begrüßte. Ihn und und seine Frau Barbara hatten wir erst vor ein paar Tagen auf Vejrø kennengelernt, und schnell waren wir auf ein Glas Wein am Abend verabredet. Nachmittags bekamen wir aber erstmal Familienbesuch an Bord. Thues Schwester Elisabeth hatte das elbkind über Marine Traffic ausfindig gemacht – über das AIS-System sind wir ja jederzeit leicht zu orten. Es folgten ein gemütlicher Kaffeeklatsch im Cockpit und lecker Abendessen zu dritt im Café Blink am Hafen. Als unser Besuch sich auf den Heimweg machte, warteten noch Barbara und Lodewijk auf uns. Stress pur! 😎🍺🍷
Am nächsten Tag machte das schöne Sommerwetter Lust auf einen kleinen Spaziergang durchs Städtchen. Die Bilder sprechen für sich. Die Stimmung in Dragør ist wirklich etwas Besonderes.
Am nächsten Tag wurden dann unsere Bromptons 🚲 aus der Backkiste gehievt, und eine längere Fahrradtour nach Søvang und Kongelund stand auf dem Programm. Dänemarks angeblich längsten Badesteg, auf den wir unterwegs zufällig trafen, fanden wir ziemlich beeindruckend. Und von den gut ausgebauten Fahrradwegen in Dänemark bin ich sowieso immer wieder begeistert, so macht Radfahren richtig Spaß!
Die Øresundbrücke in der Ferne
Dänemarks längster Badesteg
Beim Café Espersen im Hafen war abends Partystimmung. Es gab BBQ und gute Livemusik, das ist in Dragør an den Sommer-Wochenenden Tradition. Klar, dass alle Plätze schnell besetzt waren, aber wir konnten das Konzert vom Cockpit aus miterleben. Eigentlich noch besser, denn wir haben die Füße hochgelegt, mussten nicht auf einen Kellner warten und konnten uns an unserer Kühlbox selbst bedienen.
Kreative Bier-Werbung 🍺
BBQ und Livemusik im Café Espersen
Nach drei schönen, sonnigen Tagen ging es dann weiter nach Kopenhagen. Als Neu-Mitglied im KDY hatten wir uns im Tuborg Havn angekündigt, nur knapp 12 sm von Dragør entfernt. Ein längerer Aufenthalt war geplant, denn Kopenhagen bedeutet für uns auch immer, schöne Stunden gemeinsam mit der Familie zu verbringen. Wenn man schon mal da ist, bietet sich das ja an! 😊
Seit wir segeln, träumen wir natürlich auch von Schweden. Unser erster Besuch in Skanör vor drei Jahren endete allerdings gleich an Tag eins traumatisch. Beim Herumturnen an Deck habe ich mir den linken Fuß so schwer verletzt, dass der schöne Sommerabend im Krankenhaus von Trelleborg endete und der Segelurlaub für mich schlagartig vorbei war. Thue musste mich mit einem Mietwagen nachhause bringen und unser Schiff zusammen mit einem dänischen Freund zurück nach Dyvig segeln. Seitdem ist Barfußlaufen an Bord für mich ein absolutes No-Go. 😐
Gerade deshalb sollte es diesmal besonders schön werden. Skanör, die Zweite! Von Rødvig aus war es nur ein kurzer Törn von ca. 18 sm, und bei Sonnenschein ☀️ liefen wir gleich nach dem Frühstück aus.
Bei 6-8 m/s nördlichem Wind schräg von vorn liefen wir bis zu 7 kn. Gar nicht schlecht. Im „Kreisverkehr“ beim Falsterbo Rev (der mit dem Leuchtturm in der Mitte) war richtig viel Schiffsverkehr. Fünf riesige Pötte kamen aus nördlicher und vier aus südlicher Richtung, als wir das Verkehrstrennungsgebiet queren wollten. Zwei von ihnen, Fincarriers RO-RO-Fähren, waren ziemlich schnell. Wir mussten ganz schön aufpassen und zwischendurch unseren Kurs und die Geschwindigkeit immer wieder anpassen, um die Handelsschiffe nicht zu behindern. Dabei hat uns unser AIS-System wieder mal gute Dienste geleistet.
Skanör ist ein süßer Hafen mit rot-weißen Holzhütten, typisch schwedisch. Bei Freizeitkapitänen ist dieses Ziel sehr beliebt, aber Gästeplätze sind leider Mangelware. Besonders bei gutem Wetter ist der Hafen hoffnungslos überfüllt, und im Päckchen zu liegen ist keine Ausnahme, sondern eher die Regel. Es ist also sinnvoll, schon morgens einzutrudeln, um eventuell noch einen Liegeplatz zu ergattern. Wir kamen aber erst gegen 13.00 Uhr an und haben fest damit gerechnet, dass wir im Päckchen liegen müssen. Und dann passierte, was man einen echten Glücksfall nennt. Genau in dem Moment, als wir in die Hafengasse einliefen, räumte eine kleinere Segelyacht aus Polen eine große Box! Wir trauten unseren Augen nicht. Nur ein paar Minuten später waren wir am Steg fest und konnten unser Glück nicht fassen, denn der Hafen platzte aus allen Nähten und viele Schiffe lagen schon im Päckchen.
Das elbkind in Skanör
Skanör Hamn
Die Atmosphäre in Skanör ist auch deshalb so charmant, weil sich direkt an den Hafen schöne Badestrände anschließen. In unmittelbarer Nähe gibt es ein Restaurant, ein Café, eine Fischräucherei und eine Galerie. Im Sommer stehen außerdem immer wieder Veranstaltungen auf dem Programm, die für Abwechslung sorgen. Der Ortskern von Skanör ist nur ca. 1 km vom Hafen entfernt, und wer nicht zu Fuß gehen mag, kann sich ein Fahrrad ausleihen. Kein Wunder also, dass der Andrang so groß ist. Und nicht nur vom Wasser, sondern auch aus dem Hinterland zieht es schwedische Wasserratten, Badenixen, Klein und Groß, Alt und Jung natürlich ans Meer. Kurz: es war ziemlich voll. Mein Nachmittag am Strand war aber trotz der Mallorca-Atmosphäre ein echtes Highlight. Endlich mal Sonne, Sand und Meer! Da kam richtig Urlaubsfeeling auf. 👙
Abends in der Fischräucherei haben wir hemmungslos zugeschlagen und anschließend im Cockpit geschlemmt. Sehr zu empfehlen: das Landgangsbröd, ein Riesensandwich mit Krabben, Krebsfleisch, Lachs, gekochtem Ei, Tomaten und Remoulade. Superlecker.
Riesen-Angebot in der Fischräucherei
Landgangsbröd. Lecker!
Am zweiten Tag in Skanör legten unsere Nachbarn – ein freundliches Paar aus Belgien – ab, und der frei gewordene Platz wurde sofort von einem großen Motorboot aus Eisen belegt. Die braun-roten Streifen, die aus allen Nähten krochen, waren eindeutig Rost. Das Teil war ein unglaublicher Koloss, ca. 12 x 4 m groß und gefühlte vier Stockwerke hoch, Keller nicht mitgerechnet. 😉 Das fühlte sich an, als würden wir neben einer Bohrinsel liegen. Die Leute an Bord – eine dänisch-schwedische Patchworkfamilie mit 3 Kindern und einem Hund – waren zwar ganz nett, aber leider auch ganz schön indiskret. Wir sitzen gerade gemütlich beim Frühstück im Cockpit, da hören wir plötzlich eine Stimme von oben: “ Guck mal Mama, die kriegen Nutellabrot, warum darf ich keins haben?“ Und das nächste Kind: „Darf ich auch mal gucken?“ Privatsphäre sieht irgendwie anders aus… 😄
Eine schöne Radtour mit unseren Bordfahrrädern durch das idyllische Ljungs Naturreservat zum Falstebo Hamn und am Kanal entlang durfte natürlich auch nicht fehlen. Abends im Hafen saßen wir gemütlich mit Martina und Wolfgang, netten Comfortina-Seglern aus Hamburg, zusammen. Bei einem Glas Wein haben wir geklönt und gemeinsam den traumhaften Sonnenuntergang bewundert.
Nach drei sonnigen Tagen in Skanör ging es dann weiter nach Dragør, zurück nach Dänemark. Immer ein schönes Ziel, und nur einen Katzensprung über den Øresund entfernt.
Am Montag wollten wir langsam mal wieder etwas anderes sehen als den Tuborg Havn und Kopenhagen. Nun waren wir schon über eine Woche hier, und ganz leise meldete sich das Fernweh wieder zurück. Der Wind stimmte, und los ging’s Richtung Helsingør, das nur ca. 12 sm entfernt an der schmalsten Stelle zu Schweden liegt.
Unsere Route nach Helsingør
Irgendwie stimmte die Wettervorhersage wieder mal nicht, denn statt der angesagten 8 bis 9 m/s aus West bekamen wir in Böen lockere 17 m/s auf die Mütze – und hatten natürlich kein Reff im Groß. Das wurde Thue dann irgendwann doch zu heikel, das Großsegel wurde eingepackt, und das Elbkind machte – nur mit Genua – noch immer flotte 7,8 Knoten. Mit der schönen, grünen Küste Nordseelands auf der Backbordseite liefen wir in nördliche Richtung. Nach ca. 3 Stunden tauchte dann Kronborg Slot, das Wahrzeichen von Helsingør, in der Ferne auf.
Kronborg Slot
Kurz vor Helsingør stieg dann noch einmal der Adrenalinspiegel, denn wir erreichten das Verkehrstrennungsgebiet, eines der meistbefahrenen Fahrwasser weltweit. Hier ist alles unterwegs: Fähren im Pendelverkehr zwischen Dänemark und Schweden, Frachter, Tanker und zahlreiche Kreuzfahrtschiffe. Es herrschte ein reger Funkverkehr zwischen den Schiffen, und Thue lenkte das Elbkind mit Geduld und Spucke sicher durch das Gewusel.
Dann hatten wir den Hafen erreicht – mit über 900 Plätzen hat Helsingør die größte Marina Dänemarks. Wie uns ein anderer Segler vor ein paar Tagen erzählte, muss man hier auf einen Liegeplatz jahrelang warten, denn die Wartelisten sind endlos lang. In unserem Hafenführer war zwar die Brücke 2 als Gästesteg ausgewiesen, aber wo genau die eigentlich genau liegt, stand schlauerweise nicht dabei. Ständig umzingelt von einer Gruppe Optis mit Kindern an der Pinne klapperten wir die Hafengassen ab und hielten nach einem grünen Platz Ausschau. Gar nicht so einfach, denn der Hafen war ziemlich voll. Endlich hatten wir Glück und entdeckten eine freie Box gleich hinter der Westmole. Hier lagen wir gut, der Wind kam aus Südwesten und so hatten wir Windschatten im Cockpit.
Während unserer abendlichen Spazierrunde durch den Hafen fiel unser Blick auf ein kleines Holz-Segelschiff mit deutscher Flagge, das uns an „Tadorna“, das Touren-Folkeboot von Bastian Hauck, erinnerte. Während wir noch am Steg standen, tauchte plötzlich ein weibliches Crewmitglied hinter der Sprayhood auf, und schon kamen wir ins Gespräch. Woher, wohin, wie lange? Steffi und Nicola, die weibliche Besatzung der „Fofftein“, kamen aus der Nähe von Hamburg und sind wie wir für mehrere Monate unterwegs. Ziel der beiden: Schweden und der Göta-Kanal. Und weil wir ja nicht nur unterwegs sind, um zu segeln, sondern auch, um nette und interessante Leute kennenzulenen, luden wir die beiden für den nächsten Abend auf ein Bier zu uns an Bord ein.
Die „Fofftein“Segler-Selfie
Am nächsten Tag: Regen und zur Abwechslung mal wieder jede Menge Wind. Mit wetterfester Kleidung und Regenschirm ausgerüstet bummelten wir durch die gemütlichen kleinen Einkaufsstraßen von Helsingør. Zur Abwechslung gab’s mal wieder ein paar Schuhe für mich, die dänische Wirtschaft muss schließlich angekurbelt werden! Diesmal waren es Wanderschuhe mit einem guten Fußbett, denn mein Rücken und die leicht lädierten Hüftgelenke protestieren in letzter Zeit relativ häufig gegen die zwar bequemen, aber für längere Strecken doch eher ungeeigneten Segelschuhe.
Völlig fasziniert waren wir von der riesigen Auswahl eines Käsegeschäfts in der Stengade. Guckt Euch das mal an. Ich kann mir nicht vorstellen, dass hier auch nur der kleinste und speziellste Wunsch eines Käseliebhabers unerfüllt bleibt. Und wie so oft in Dänemark gab es auch hier Sonderangebote: Nimm ein Stück Käse für 60 Kronen, nimm zwei und zahle nur 100. Na klar, gerne. Und wer soll die zwei Kilo Käse dann anschließend essen? Irgendwie ist hier alles auf Großfamilien ausgerichtet.
Das ultimative Käsegeschäft in Helsingør!
Ein paar Schritte weiter begegneten wir einem dänischen Postfahrrad, das fast schon an einen Kleintransporter erinnerte. Angetrieben wird es ganz fortschrittlich von einem Elektromotor, so dass die zugehörige Postbotin keine Probleme hatte, das Ding in Bewegung zu setzen. Ansonsten bräuchte man wohl auch stramme Waden..
Postfahrrad
Inzwischen hatte der Regen uns fast durchgeweicht und es ging zurück an Bord. Eigentlich wollten wir uns abends ein nettes Restaurant in der Stadt suchen, aber daraus wurde nichts. Das Wetter war einfach zu mies, und wir hatten beide keine Lust mehr auf das Schietwetter. Also wurde gemütlich unter Deck gegessen, und dann klopften auch schon Steffi und Nicola an den Bugkorb. Die beiden hatten interessante Geschichten über die Segelei mit ihrer kleinen „Fofftein“ zu erzählen. Besonders mich hat es schwer beeindruckt, dass sie gemeinsam sogar schon mal einen Schiffsmotor ein- und ausgebaut haben. Wie bitte?? Das wäre für mich ein Ding der Unmöglichkeit – für solche Arbeiten hab ich doch Thue! 😉 Der Abend zu viert war sehr nett und gemütlich, es gab viel zu erzählen und die Zeit verging wie im Flug.
Der nächste Morgen. Kein Regen, aber zur Abwechslung mal wieder ziemlich windig. Heute stand die Besichtigung von Kronborg Slot auf dem Programm. Ich liebe diese alten Gemäuer! Im Eintrittspreis inbegriffen war eine Führung durch das Schloss, an der nur wir und ein weiteres Paar teilnahmen. Ich hab zwar nur die Hälfte von dem verstanden, was uns der nette ältere Herr, der uns durch die Räume führte, auf dänisch erzählte, aber interessant war es trotzdem. Abgesehen von diversen Schulklassen waren übrigens Heerscharen von chinesischen Touristen auf dem Schlossgelände unterwegs. So wie damals in Shanghai: vorneweg läuft immer jemand mit einem bunten Fähnchen, und alle laufen wie die Lemminge hinterher.
Die Kanonen vor Kronborg SlotDer „Tanzsaal“ des Schlosses ist der größte Saal in ganz Europa!Dieser Herr namens Holger Danske sitzt im Keller von Kronberg Slot. Er schläft und wacht nur dann auf, wenn Dänemark bedroht wird, um gegen den bösen Feind anzutreten!
Anschließend gondelten wir zu Fuß durch die Stadt. Plötzlich meinte Thue, er könnte mal wieder einen Haarschnitt gebrauchen. So landeten wir in einem kleinen Friseursalon, in dem sich der junge Inhaber mit kurdischen Wurzeln sofort über seinen neuen Kunden hermachte. Akribisch genau wurde jedes einzelne Haar gekürzt, und das Ergebnis konnte sich wirklich sehen lassen. Ich würde sagen: auf jeden Fall ein Sommerschnitt, es gab etwas für’s Geld. Nun kann der Sommer kommen. Und zwar möglichst ohne Wind!
Donnerstag verbrachten wir bei Sonnenschein die meiste Zeit lesend im Cockpit. Nachmittags ein kleiner Spaziergang am Strand. Thue flitzte mit dem Fahrrad zum Einkaufen, und am frühen Abend war es dann tatsächlich so weit. Zum ersten Mal, seit wir unterwegs sind (!), konnten wir den Grill anwerfen und in der Abendsonne sitzen und essen. Gewärmt von nur einer Fleece-Schicht. Ohne Mütze. Wir haben wirklich nicht mehr daran geglaubt!
Strandspaziergang bei Sonnenschein…Hafen-Panorama
Im Windschatten der Hafenmole trafen wir noch einmal auf die Fofftein-Crew und tranken zusammen ein letztes Glas Wein, denn am nächsten Morgen wollten wir schon früh aufbrechen. Es sollte in nördliche Richtung gehen, nur ca. 12 Meilen weiter, nach Gilleleje.
Kleiner Plausch in der AbendsonneDas da hinten bin ich!
Übrigens: wir machen uns große Sorgen um Königin Margrethe und Prinz Henrik. Was ist da bloß los? Erst lässt er sie ihren 75. Geburtstag allein feiern, jetzt will er nicht zur königlichen Hochzeit in Schweden am 13. Juni mitkommen? Das erinnert ja fast an Shakespeare’s Hamlet: „something is wrotten in the state of Denmark“… Wir werden die Sache im Auge behalten. 😉
Henrik, mach keinen Mist. Wir behalten Dich im Auge!
Hej, da sind wir wieder! Vielleicht habt Ihr Euch ja schon gefragt, was mit uns los ist, weil ich gar nicht geschrieben habe? Keine Sorge – wir haben nur ein paar Tage lang Kopenhagen unsicher gemacht. Und abgesehen davon, dass es noch immer recht kalt und windig ist (ja, ja, ich höre ja schon auf!) haben wir eine richtig schöne Zeit hier.
Am Pfingstsonntag sind wir bei Sonnenschein gemütlich unter Motor hergetuckert (von Dragør bis Kopenhagen sind es nur schlappe 10 sm) und haben im Kalkbrænderihavn festgemacht. Hier lagen wir schon im Sommer vor zwei Jahren, als Thue mich mit dem Schiff als „Krankentransport“ – von Skanør zurück nach Kopenhagen gebracht hat. Damals war mein Sommertörn hier zu Ende, es ging nur noch mit dem Leihwagen zurück nach Norderstedt. Und nun hatten wir den nächsten Fuß- bzw. Kniekranken an Bord… Aber Ihr kennt ja Thue, der gibt so schnell nicht auf! Seine Physiotherapie besteht darin, sich und sein krankes Knie an einem Tag zu schonen und am nächsten mithilfe einer Gewalt-Radtour an seine Grenzen zu bringen. Anschließend wird wieder ein Tag geschont, dann werden etliche Kilometer zu Fuß marschiert usw. Der Laie staunt und der Fachmann wundert sich: offenbar hilft die Behandlung, denn langsam geht es tatsächlich wieder aufwärts mit dem Knie – natürlich auch dank spezieller Aufhänge-Therapie 😉
Kniebehandlung auf Thue’s Art..
Kopenhagen heißt für uns nicht nur Sightseeing und Shopping, sondern auch Familie, denn drei von Thue’s Kindern leben hier: Jakob, Anne-Marlene und Anne-Cathrine (gelegentlich). Wann hat man schon die Gelegenheit, alle zu treffen, und das gleich mehrere Tage nacheinander? Eben, eher selten. Und deshalb haben wir auch keine große Eile damit, weiterzusegeln.
Selfie mit Marlene
Die letzte Woche haben wir Kopenhagen intensiv erlebt und viel gesehen. Am 26. Mai, dem Geburtstag von Prinz Frederik, waren wir beim Wachwechsel der Gardisten auf Schloss Amalienborg dabei (das ist Pflicht, denn Amalienborg ist sozusagen Thue’s alte Heimat – er hat ja als junger Mann selbst als Gardist bei Königin Margrethe vor der Tür Wache geschoben und kann bis heute alle Befehle im Schlaf mitsprechen!), haben auf Schloss Rosenborg die funkelnden Kronjuwelen bestaunt und waren im staatlichen Kunstmuseum, um uns die Bilder von C.W. Eckersberg – einem Ur-Ur-Urahnen von Thue’s Familie – anzusehen. Ein absolutes Muss auf unserer „Must-See-Liste“ war natürlich auch der Nyhavn mit seiner besonderen Atmosphäre, den hübschen, bunten Häusern, Heerscharen von Touristen aus aller Welt und den schönen alten Schiffen, die dort festgemacht haben.
Wachwechsel vor Schloss AmalienborgNyhavnDas Sonntagskrönchen von Königin MargretheZu Besuch im „statens museum for Kunst“
Mit den Rädern ging es die Langelinie entlang bis zur kleinen Meerjungfrau, mit Blick auf die königliche Segelyacht „Dannebrog“, die hier vor Anker liegt.
DannebrogDie kleine Meerjungfrau
Gestern dann eines meiner absoluten Highlights (schließlich bin ich als hoffnungslose Romantikerin bekannt)! Als wir die Vor Frue Kirke besichtigen wollten – hier haben sich übrigens seinerzeit Prinz Frederik und seine Mary das Jawort gegeben – fand dort gerade eine Hochzeit statt, die wir als Zaungäste in der letzten Kirchenbank miterleben konnten. Der Bräutigam erschien ganz zwanglos in dunklem Anzug und grünen Turnschuhen. Ich glaube, sowas gibt’s wirklich nur in Kopenhagen. Hier werden Trends gesetzt!
Das junge Glück beginnt in Laufschuhen. Eine Ehe hat ja gelegentlich auch etwas von einem Marathonlauf.. ;o)
Anschließend begegneten uns in den kleinen Straßen in der Innenstadt lustige Gestalten: diverse Matrosen im „Popeye-Look“, der Weihnachtsmann, Batman, das Phantom der Oper… Frag mich nicht, was da los war. Aber lustig war’s auf jeden Fall!
Jede Menge gut gelaunte Popeye-Duplikate!Karneval Teil 2
Zwischendurch immer wieder Verabredungen zum Abendessen mit der Kinderschar. Es wurde gegrillt oder selbst gekocht, gestern stand ein gemeinsamer Abend in einem Burger-Restaurant auf dem Programm. Es heißt „Halifax“ (eine kleine Restaurantkette, die es nur in Kopenhagen gibt) und ist sehr zu empfehlen!
Was Fahrräder anbetrifft, rangiert Kopenhagen fast schon auf Augenhöhe mit Shanghai – jedenfalls fühlt es sich für mich so an. Sich in Dänemark ein Auto anzuschaffen, ist ja ausgesprochen teuer, und Parkplätze sind in einer Großstadt ja ohnehin Mangelware. Das Fahrrad ist hier für viele Leute das Fortbewegungsmittel Nummer 1. Man macht nicht nur gemütliche Touren am Wochenende, sondern fährt damit jeden Tag zur Arbeit, selbstverständlich auch zum Einkaufen oder kutschiert Passagiere durch die Stadt. Weizenblonde Kinder sitzen zu dritt auf der Ladefläche eines Christiania-Bikes und schlecken Eis, während Mutti in die Pedale tritt. So süß!
Kindertransport auf dänisch
Es ist überhaupt unglaublich, wie viele Leute hier per Drahtesel unterwegs sind, und zwar meistens in Endgeschwindigkeit. In der ganzen Stadt gibt es breit ausgebaute Fahrspuren für Radfahrer, und man wird als ahnungsloser Segeltourist mit Bordfahrrad völlig geräuschlos von pfeilschnellen Radlern (auch von Frauen in Kostüm und Pumps!) überholt, ohne dass die Fahrradklingel auch nur ansatzweise benutzt wird. Urplötzlich taucht ein Schatten in Deinem Augenwinkel auf, und schon zischt ein junger Mann im Business-Anzug (er kommt wahrscheinlich gerade aus dem Büro) auf einem Rennrad mit gefühlten 60 km/h an Dir vorbei. Ups! Wo kam der denn gerade her? Als wir vor einigen Tagen mit unseren Bromptons mit flotter Geschwindigkeit (die haben immerhin 6 Gänge) durch die Stadt strampelten, wurde Thue plötzlich von so einem geölten Blitz von hinten angebrüllt. „Væk!“ Heißt: verzieh Dich, jetzt komm ich! Wirklich nichts für schwache Nerven – mir klopfte das Herz zwischendurch immer wieder bis zum Hals.
Weil es uns im Kalkbrænderihavn nicht so gut gefiel (ungepflegte Sanitärräume, Baustellenlärm und eine schlechte Infrastruktur), sind wir am Freitag noch einmal umgezogen. Nun liegen wir im Tuborg Havn, ganz vornehm als Gäste des „königlich dänischen Yachtclubs“.
Das elbkind im Tuborg Havn
Von hier aus sind Geschäfte, Restaurants und die Bushaltestelle problemlos zu Fuß erreichbar. Und direkt in der Nachbarschaft wird dem Seglerauge richtig was geboten: 3 wunderschöne alte R-Boote liegen hier im Hafen und werden gehegt und gepflegt, eine echte Augenweide!
Wir liegen in vornehmer Nachbarschaft..
Ein weiterer Pluspunkt des Tuborg Havn ist übrigens der junge Hafenmeister. Er heißt Troels und ist schätzungsweise Mitte 30. Ihn zu sehen und sofort ins Herz zu schließen war eins, denn er ist nicht nur unglaublich attraktiv, sondern auch außergewöhnlich freundlich, hilfsbereit und sympathisch – ein richtiger Wunsch-Schwiegersohn! Heute Morgen wurden allerdings meine Hoffnungen jäh zerstört, denn Troels erschien in Begleitung einer hochschwangeren jungen Frau hier im Hafen. Das war’s wohl dann mit meiner Schwiegersohn-Idee… Schaaaade!
Habe ich Euch eigentlich irgendwann erzählt, dass Thue in fast jedem Hafen, den wir anlaufen, irgendwelche Leute trifft, die er von früher kennt? Natürlich ist mir klar, dass Dänemark ein kleines Land ist, aber Thue kennt wirklich unglaublich viele Leute. Oder Segler, mit denen er ins Gespräch kommt, kennen jemanden, den Thue kennt. Jedenfalls – ich möchte Euch gern eine lustige kleine Anekdote erzählen, die sich vor zwei Tagen hier abgespielt hat:
Morgens erzählte Thue mir noch, dass in einer der teuren Eigentumswohnungen rund um den Tuborg Havn ein früherer Geschäftspartner von ihm wohnt. Später am Vormittag – wir bummeln gerade durch das kleine Einkaufszentrum „Waterfront Shopping“ in der Nähe des Hafens – bleibt Thue plötzlich stehen: „Da ist er ja. Eigil Rasmussen!“ Der alte Herr konnte sich sofort an Thue erinnern, obwohl das letzte Treffen mehr als 30 Jahre zurück lag. Schnell wurden alte Geschichten rausgekramt (die Szene spielte sich übrigens im Eingangsbereich des Netto-Supermarktes ab!). Für die nächste halbe Stunde war ich erst mal abgemeldet und vertrieb mir inzwischen die Zeit in einigen Boutiquen (nein, nichts gekauft, nur geguckt!) Im Gespräch stellte sich heraus, dass der alte Herr noch immer als Vertreter für einen deutschen Kronenkorken-Hersteller tätig ist. Und jetzt kommt es, haltet Euch fest: der Typ ist 99 Jahre alt! 🙂 Ist das nicht beeindruckend? Ich vermute, seine Berufstätigkeit hat ihn über die vielen Jahre fit und frisch gehalten. Wer rastet, der rostet…! 😉
So, das war’s erst mal wieder von uns. Wir hoffen, dass wir in den nächsten Tagen wieder ein Stück weiterkommen. Eigentlich haben wir geplant, von hier aus nach Gilleleje im Norden von Seeland zu segeln, von dort dann in einem großen Schlag weiter nach Anholt und später weiter Richtung Göteborg. Inzwischen sieht es allerdings so aus, wie wenn der Wind auf Nordwest dreht – nicht gerade unsere Wunschrichtung. Mal sehen, wie es weitergeht…
Am Freitag vor Pfingsten ging es bei anständigem Segelwind aus westlicher Richtung in flotter Geschwindigkeit Richtung Dragør, unserem nächsten Ziel. Wieder ein längerer Törn von über 40 sm. Noch immer war Thue’s Knie ziemlich angeschwollen, aber zum Glück war unterwegs an Bord für Skipper und Crew nicht viel zu tun, denn der Wind stand stabil.
SkipperCrew
Wir genossen den schönen Blick auf die Kreidefelsen von Møn von der Wasserseite. Und weil ich ab und zu von den lieben Daheimgebliebenen gefragt werde, wo genau wir uns eigentlich herumtreiben, kommt für alle, die damals in Erdkunde nicht aufgepasst haben und zu faul zum Googeln sind, hier eine kleine Erläuterung:
Møn ist eine Insel im dänischen Teil der Ostsee und liegt zwischen der Südspitze Seelands und der Ostspitze Falsters. Wegen der beeindruckenden Kreidefelsen von Møns Klint – übrigens die höchste Steilküste Dänemarks, bezeichnet man die Insel auch als die „kleine Schwester“ der Insel Rügen. Beide Inselgebiete bestehen aus 17 Millionen Jahre altem Muschelkalk und wurden zur selben Zeit an die Erdoberfläche gehoben.
Møns Klint
Die Sonne lachte freundlich vom Himmel und wir kamen gut voran. Nachmittags gegen 15:30 Uhr erreichten wir Dragør und beschlossen, nicht in den Yachthafen einzulaufen – einerseits, weil es dort kaum Plätze für Schiffe mit einem Tiefgang von über 1,70 m gibt und andererseits, weil es natürlich viel gemütlicher ist, im Stadthafen zu liegen. Von hier aus ist alles schnell zu Fuß erreichbar und man ist richtig „mittendrin“.
Dragør liegt nur ca. zwölf Kilometer von Kopenhagen entfernt an der Südspitze der Insel Amager. Seine Lage am Öresund bestimmte die Geschichte des Ortes, der sich im Laufe der Jahrhunderte von einem Fischerdorf zu einer wohlhabenden Schifffahrtsstadt entwickelte. Heute ist Dragør vor allem wegen seiner gut erhaltenen Altstadt für Kopenhagener ein beliebtes Naherholungsziel, in dem die höchsten Preise für Hausgrundstücke in ganz Dänemark bezahlt werden.
Überrascht stellten wir fest, dass nur noch einige wenige Plätze im Hafen frei waren, und die meisten waren für uns entweder zu schmal oder zu kurz. Wir kurvten einige Minuten im Hafenbecken herum, und mit etwas Glück fanden wir eine freie Box an der Nordmole. Der Anlegewind nahm sogar Rücksicht auf das lädierte Skipper-Knie. Danke, alter Freund!
Der Stadthafen von Dragør
Nach einer kleinen Spaziertour zum Irma-Supermarkt war klar, dass Thue sein Knie lieber nicht zu sehr belasten sollte. Es wurde also an Bord gegessen, und nach kurzer Zeit mussten wir uns auch schon wieder unter Deck verziehen, denn es war – richtig! Zur Abwechslung wieder mal windig und sch…kalt!
Am nächsten Morgen wurden wir durch lautes Hämmern geweckt. Zwei Plätze neben uns am Steg wurde fleißig gewerkelt: das Teakdeck einer fast 40 Jahre alten Vindø 50 wurde erneuert. Ein älterer Herr sägte, bohrte, schraubte und hämmerte – und das den ganzen Tag lang. Nix für Geräuschempfindliche (also mich!). Thue hatte entschieden, seinem Knie einen Tag Pause zu gönnen, das Bein hochzulegen und an Bord zu bleiben.
Zu Fuß zuckelte ich also allein los, um vor der Geräuschkulisse zu flüchten und mir die schöne Altstadt von Dragør anzusehen – wirklich allerliebst! Ockergelbe, meist einstöckige Schifferhäuser mit roten Ziegeldächern und dunkelgrüner Fensterbemalung prägen das Bild. Fast alle Straßen verlaufen in Ost-West-Richtung, während die engen Gassen in Nord-Süd-Richtung angelegt sind. Die kleinen Häuser, die überwiegend aus der zweiten Hälfte des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts stammen, sind Richtung Norden ausgerichtet, und die an die nächste Straße angrenzenden Gärten liegen auf der sonnenzugewandten Seite.
Unterwegs durch die Gassen der Altstadt..
Der alte Lotsenturm im Stadthafen
Ich genoss die Eindrücke und den Sonnenschein. Endlich mal kein Wind! Für den Nachmittag hatte sich Besuch bei uns angekündigt: Thue’s Schwester Elisabeth und ihre Kinder Signe und Andreas schauten nach ihrem Einkaufsbummel in Kopenhagen für ein Stündchen bei uns an Bord vorbei – eine nette Abwechslung. 🙂 Im Cockpit wurde geklönt, gelacht und Kaffee getrunken.
Nur ein kleines Stück von uns entfernt hatte mittags ein Motorboot mit zwei jungen schwedischen Pärchen festgemacht. Dragør ist ein beliebtes Ziel für Schiffe aus der Region Malmö, denn es ist bequem für einen kleinen Wochenendaufenthalt erreichbar. Aber nicht nur die geringe Entfernung und das hübsche Dragør sind interessant für den schwedischen Sportbootfahrer. Das Wichtigste: Spirituosen sind problemlos und im Vergleich zu schwedischen Verhältnissen für kleines Geld verfügbar. Da heißt es dann schon mittags: „Hoch die Tassen, skål!“ Unsere jungen Freunde hatten jedenfalls schon nachmittags gut getankt, was ihre Lautstärke klar erkennen lies. Gegen Abend wurde bei Eiseskälte auf dem Steg sogar noch der Grill in Betrieb genommen. Die Typen waren offenbar schon völlig betäubt und unempfindlich gegen Kälte! 😉 Als spät am Abend Schweden als Gewinner des European Song Contest feststand, schlummerten unsere Kampftrinker längst bewusstlos in der Koje und hatten den großen Moment verpennt. Und wir hatten zumindest nachts ein bisschen Ruhe…
Wenn man von der konstanten Geräuschkulisse von allen Seiten mal absieht, hat es uns in Dragør wirklich gut gefallen. Thue meint ja, das wäre schon mal ein kleiner Vorgeschmack auf die Stimmung und die Lautstärke in schwedischen Häfen gewesen… Wir werden es schon bald erfahren!