Am Dienstag war es endlich soweit: der Wind war etwas abgeflaut, und wir konnten von Grenå aus Kurs auf Ebeltoft nehmen. An der Dieselstation der Grenå Marina wurde schnell noch mal vollgetankt (man weiß ja nie!), und los ging die wilde Fahrt in südliche Richtung. Vor- und Großsegel wurden hochgezogen. „Wilde Fahrt“ war wirklich der richtige Ausdruck, denn der Wind machte, was er wollte. Zwischen West und Süd-Süd-West drehte er lustig hin und her, und Thue hatte seine liebe Not mit dem Segeltrimm. Irgendwann reichte es dann, und der Skipper gab leicht entnervt den Befehl zum Einholen der Segel. Das machte nun wirklich keinen Spaß…
Die Ansteuerung von Ebeltoft war etwas kniffelig, denn in der Ebeltoft Vig gibt es einige Untiefen, die leider – aus welchen Gründen auch immer – weder betonnt noch irgendwie anders gekennzeichnet sind. Wir durchforsteten alle an Bord verfügbaren Hafenführer und Törn-Guides, um uns schlau zu machen, bis mir irgendwann die Idee kam, einfach mal die Homepage des Ebeltoft Skudehavn anzuklicken – Internetzugang habe ich ja quasi immer, Iphone und Auslands-Datenpaket von 1&1 sei dank. Jedenfalls gab es eine prima Anleitung für die Einfahrt in die Marina, nach der wir uns problemlos richten konnten.
Den Ansteuerungskurs von 104° hatten wir schon auf dem Kompass, als wir plötzlich über Funk von Lyngby Radio gerufen wurden. „Elbkind, Elbkind – Lyngby Radio kalder!“ Huch – was war denn nun los? Waren tatsächlich wir gemeint? Hektisch drückte ich Thue die Handfunke in die Hand – in Krisensituationen unterhalte ich mich nämlich lieber in meiner Muttersprache, und nicht auf dänisch oder englisch, Funkzertifikat hin oder her 😉 Im Gespräch stellte sich heraus, dass in unserer Nähe angeblich ein Segelschiff auf Grund gelaufen war und Hilfe benötigte. Wir wurden nun von Lyngby Radio um Unterstützung gebeten, denn wir waren nicht weit von der Unglücksstelle entfernt. Konzentriert suchte ich die Umgebung mit dem Fernglas ab, aber leider ohne Erfolg – es war kein Schiff auszumachen, das sich in einer Notlage befand. Thue hinterließ vorsichtshalber seine Handynummer bei Lyngby Radio, damit sich das Rescue Center ggfs. noch einmal bei uns melden konnte, aber gehört haben wir nichts mehr.
Wir erreichten die schöne Marina „Skudehavn“, die uns Hein Mück unterwegs noch per What’s App an’s Herz gelegt hatte, am späten Nachmittag. Zur Abwechslung stand mal eine ältere Dame auf dem Steg, die unsere Vorderleinen annahm.


Abends latschten wir zu Fuß durch das hübsche Städtchen, und zur Abwechslung gab’s mal wieder Pizza im Gastgarten eines kleinen italienischen Restaurants. Ja, Ihr habt richtig gehört – wir konnten sogar mal draußen sitzen…
Schon am nächsten Tag gab es wieder Regen wie aus Eimern und jede Menge Wind – von früh bis spät. Wir verbrachten den Tag notgedrungen unter Deck und es wurde gelesen, gelesen und zur Abwechslung auch mal gelesen. An dieser Stelle möchte ich mich mal ganz offiziell darüber beschweren, dass mein Mann NIE irgendwelche Spiele mit mir spielt! Dabei haben wir sogar ein buntes Sortiment an Gesellschaftsspielen mit an Bord: Scrabble, Skip-Bo, Kniffel, Memory… Ich spiele nämlich für mein Leben gern, ganz egal, ob ich gewinne oder verliere. Während unserer Zeit in Shanghai habe ich sogar ganze Tage lang Mahjong gespielt! Thue weigert sich aber standhaft, weil er Angst hat, dass er gnadenlos von mir abgezockt wird – er kann nämlich nur sehr schlecht verlieren. Ich habe ja noch immer die leise Hoffnung, dass Julia uns im Laufe dieses Sommers ein paar Tage an Bord besucht. Dann wird gespielt bis zum Abwinken! Und Thue kann lesen, bis er schwarz wird. Ha!
Aber zurück zu Ebeltoft: Am Mittwoch stand die Besichtigung der Fregatte „Jylland“ auf unserem Programm, dem längsten noch erhaltenen Holzschiff der Welt. Gebaut 1862, war sie eines der ersten Kriegsschiffe, das außer mit Segelkraft auch mit Dampf angetrieben werden konnte, und so auf eine Spitzengeschwindigkeit von flotten 12 kn kam. 1864 war die „Jylland“ an der Schlacht bei Helgoland beteiligt, in der es darum ging, die dänische Seeblockade in deutschen Häfen zu beenden.

Unser kleiner Ausflug startete mit einem Frühstück im Restaurant „Karen’s Køkken“, direkt gegenüber dem Eingangsbereich zur „Jylland“ gelegen. Ein toller Tip für alle Segler und Ebeltoft-Besucher! Nur selten hatten wir so einen tollen Start in den Tag. Der Kaffee war frisch gebrüht, die Brombeermarmelade „økologisk“, die knusprigen Brötchen noch warm aus dem Ofen und dazu gab’s 3 leckere Käsesorten und italienische Salami…Dazu der Ausblick aufs Wasser und das alte Schiff – wir konnten es gerade noch aushalten. 😉
Anschließend inspizierten wir (vor allen Dingen Thue!) alle Decks der „Jylland“ ausgiebig und nahmen anschließend an einer Kanonen-Vorführung teil (ganz aktiv dabei: Thue, siehe Bild!). Mit echtem Knall und Ohren zuhalten!

Anschließend zogen wir weiter ins Glasmuseum, das nur einen Katzensprung entfernt liegt. Besonders beeindruckt hat uns der „kosmische Raum“ des färöischen Künstlers Tróndur Patterson. Sein Kunstobjekt ist „begehbar“: in Strumpfsocken steht man in einem quadratischen Kasten aus bunt gefärbtem Glas mit verspiegeltem Fußboden und kann sich kaum noch rühren, weil man total fasziniert ist von der Vielfalt und der Kraft dieser Farben. Eine geniale Idee!

Anschließend schauten wir zwei Glasbläsern in ihrer Werkstatt bei der Herstellung einer Glaskaraffe zu. Das war nicht nur interessant, sondern auch ziemlich warm! Eins ist sicher: wäre ich von Beruf Glasbläser, würde ich meinen Arbeitstag definitiv nur in Shorts und Trägertop überstehen!
Abends kehrten wir im Restaurant „Stockfleth“ ein, dessen Name uns irgendwie an Zuhause erinnerte. Wer kennt ihn nicht, den Stockflethweg in Hamburg-Langenhorn? Das Essen war hervorragend. Thue entschied sich für ein „Stjerneskud“, ein traditionelles dänisches Fischgericht, und für mich gab es Moules Frites. Beim Bezahlen am Tresen fiel unser Blick auf einen lustigen Text an der Wand, den der nette Koch uns gern auch noch einmal persönlich präsentierte:

Am Donnerstag warteten wir noch immer darauf, dass Wind und Regen endlich nachließen. Im Kurgartenschritt (Thue hat schließlich „Knie“, und ich neuerdings „Rücken“) gondelten wir durch das süße Städtchen mit seinen windschiefen, uralten Häuschen und schmalen Straßen mit Kopfsteinpflaster.
An einem Restaurant stießen wir auf diesen Spruch:
Heißt auf deutsch: Ins Restaurant zu gehen, ist wie verheiratet zu sein: wenn man sieht, was die anderen bekommen, möchte man eigentlich auch viel lieber das haben! Mit freundlichen Grüßen, Rechtsanwalt S. Cheidung.
In Ebeltoft jagte irgendwie ein Gag den nächsten. Einfach herrlich, dieser dänische Humor! Besonders schön fand ich auch diese Deko im Fenster einer Zahnarztpraxis. Das passt doch irgendwie wie die Faust aufs Auge, oder??

Donnerstagabend erwischten wir tatsächlich mal eine Stunde Windstille und Abendsonne im Cockpit. Und endlich konnte die Ukulele rausgekramt werden! Bis jetzt hatten die klammen Finger immer verhindert, dass mal ein bisschen Lagerfeuer-Romantik aufkam…


Am Freitagmorgen brachen wir schon früh Richtung Middelfahrt auf. Ein langer Törn lag vor uns – fast 60 sm. Ausnahmsweise hatten wir den Wind mal auf unserer Seite, und auch die Sonne ließ sich endlich wieder blicken. Da lacht das Seglerherz!


Wir waren froh, dass wir ein Reff ins Groß gebunden hatten, und gelegentlich musste auch die Fock eingerollt werden, damit sich das Elbkind nicht allzu sehr auf die Backe legte. Nach 9 Stunden Rauschefahrt machten wir endlich im Nyhavn in Middelfart fest.

Nur kurze Zeit später saßen wir im Café Razz direkt am kleinen Belt – das ist mittlerweile schon obligatorisch, wenn wir Middelfart sind. Wir genehmigten uns einen leckeren Burger mit Chili und Jalapeños, dazu gab’s ein Carlsberg und leckeren Rotwein. Herrlich! Wir freuten uns über den erfolgreichen Segeltag – den längsten in der gesamten Zeit. Und ich war so groggy, dass ich sofort in die Koje plumpste, als wir zurück an Bord waren!

Am nächsten Morgen machten wir uns nach einem gemütlichen Frühstück im Cockpit auf nach Dyvig. 35 sm lagen vor uns, und damit die letzte Etappe unseres 5 1/2 wöchigen Segeltörns. Diesmal hatten wir kaum Wind, und den direkt von vorn, so dass die Segel heute leider eingepackt blieben und der Motor die ganze Zeit lief. Die Fahrt durch den kleinen Belt war wie immer traumhaft schön – auch, wenn die Sonne sich heute rar machte.
Um 16.15 h hatten wir unser Ziel erreicht – bei schönstem Sonnenschein liefen wir in unseren Heimathafen Dyvig ein. Maren und Christian erwarteten uns (dank AIS-Überwachung :-)) schon, standen auf dem Steg und nahmen unsere Leinen entgegen. Wieder „zuhause“ zu sein – das fühlte sich mal wieder richtig gut an nach so langer Zeit unterwegs!


Hallo ihr 2! Das macht so viel Spaß zu lesen – auch wenn der Advokat S. Killes auf Deutsch komischerweise Cheidung heißt😉! Bis bald in Hamburg, wir freuen uns! Barbara
LikeLike
Wir freuen uns auch auf unser Wiedersehen in HH. Bestimmt bei schönstem Sonnenschein – der Sommer kommt! 🍷🍺☀️☀️☀️
LikeLike
Liebe Elbkinder, das ist ja schade, dass Ihr nicht mehr unterwegs seid! Klingt aber aus Eurer Sicht zufrieden. Wir wünschen Euch eine schöne und erholsame Pause vom Urlaub und hoffen weiterhin auf den super Sommer! Vielleicht treffen wir uns dann nochmal unterwegs?
Herzliche Grüße aus dem Schärengarten bei Figeholm, heute auch mit Weltuntergangsregen! Aber wir sind guter Dinge.
Euch Foffteins
~
LikeLike
Hallo Ihr Lieben! Heute Morgen haben wir Eure neuesten Posts gelesen. Super! In Dyvig scheint heute die Sonne, und seit wir zurück sind, ist auch der Wind endlich verschwunden. Murphy’s Law.. Heute Abend wird hier Mittsommer gefeiert, mit Hexe, Feuer und allem Pi-Pa-Po. Wir wünschen Euch weiterhin eine schöne Zeit. Lasst Euch vom Regen nicht unterkriegen, Ihr seid schon so weit gekommen! Mitte Juli legen wir wieder los. Wäre schön, wenn wir uns tatsächlich irgendwo wiedersehen!
Ahoi und liebe Grüße
von der Elbkind-Crew ⛵️
LikeLike