Am frühen Samstagmorgen liefen wir von Anholt aus in Richtung Grenå, denn wir wollten uns noch rechtzeitig vor dem nächsten Tiefdruckgebiet in einen sicheren Lee-Hafen retten. Eingeweht sein auf Anholt – das braucht nun wirklich kein Mensch. Nix wie weg!
Der Wind war noch nicht aufgestanden, aber die Sonne schien schon, und wir tuckerten gemütlich unter Motor an Dänemarks größtem Windpark vorbei. Hier stehen 111 Windmühlen und generieren fleissig Strom – ca. 35 % des Bedarfs für das gesamte Land werden durch Windkraft erzeugt. Dadurch hat sich der CO2-Wert Dänemarks seit 1990 um 36% reduziert – wirklich beachtlich!

Plötzlich tauchten zwei kleine Köpfe aus dem Wasser auf. Da waren sie ja, die Seehunde, nach denen wir auf Anholt tagelang vergeblich Ausschau gehalten hatten! Zum Abschied zeigten sie sich endlich, zwar nur von Weitem, aber gefreut haben wir uns trotzdem. Nur kurze Zeit später folgten einige Schweinswale. Wir waren also nicht ganz allein auf unserer Fahrt nach Grenå. Andere Schiffe sind uns allerdings kaum begegnet.
Nach ca. 29 sm Fahrt erreichten wir die Marina. Es gab genügend grüne Plätze für Gastlieger, der Anlegewind meinte es gut mit uns, und auf dem Steg stand schon der freundliche Eigner des Nachbarschiffs, der unsere Vorderleinen annahm. Das nenne ich stressfreies Anlegen!
Schnell machten wir Klarschiff und inspizierten anschließend erst mal die Marina. Wir waren ganz zufrieden: in unmittelbarer Nähe gab es zwei Restaurants und ein Eiscafé, und die sanitären Anlagen machten einen ordentlichen Eindruck. Rund um den Hafen nette, einstöckige Ferienhäuser im Skagen-Stil, was dem Ganzen eine recht gemütliche Atmosphäre verlieh.

Unseren Aufenthalt in Grenå würde ich als eher unspektakulär bezeichnen. Wegen des ständigen Windes wurden die Bordfahrräder gar nicht ausgepackt und wir haben die Gegend zu Fuß erkundet.

Da es zwischendurch auch regnete, baute Thue ausnahmsweise auch mal das Cockpit-Zelt (in Seglerkreisen auch Kuchenbude genannt) auf. Abends ließen wir es uns beim Italiener (Casablanca) gut gehen. Die Preise waren für dänische Verhältnisse eigentlich moderat und die Pizza ganz lecker.
Am Montag stand ein Besuch des ca. 3 km entfernten Zentrums von Grenå auf dem Programm. Wir beschlossen, für den den Hinweg den Bus zu nehmen. Als wir einstiegen und Thue bezahlen wollte, informierte uns der Busfahrer, dass er gerade keine Billetts drucken könne. Wie praktisch – das bedeutete nämlich, dass wir umsonst mitfahren durften! Aber im Leben hat alles seinen Preis: der Fahrer entpuppte sich nämlich schnell als Rennfahrer-Verschnitt. Das Thema Geschwindigkeitsbegrenzung schien ein Fremdwort für ihn zu sein, er heizte mit 80 Sachen durch Wohngebiete und überholte rasant ein langsames Gärtnereifahrzeug, um anschließend eine Vollbremsung hinzulegen, damit sein Bus es noch um die nächste Straßenecke schaffte. Mit blassen Gesichtern hielten sich die Fahrgäste krampfhaft an ihren Sitzen fest, damit sie nicht durch den Bus kugelten. Wahrscheinlich hatte unser Fahrer, dessen Herkunft Thue im urbanen Teil von Rumänien vermutet, irgendetwas falsch verstanden. Zurzeit wird nämlich „Dänemarks bester Bus-Chauffør“ gesucht – zu diesem Zweck läuft eine große Kampagne, und in allen Bussen sind Aufkleber angebracht, mit dem die Fahrgäste aufgefordert werden, ihren Lieblingsfahrer vorzuschlagen. Dachte unser Fahrer vielleicht, es wird nicht der beste, sondern der schnellste Buschauffør gesucht? Wir waren jedenfalls froh, als wir nach ca. 20 Minuten das Zentrum von Grenå erreicht und endlich aus dem Bus springen konnten. Geschafft!

Die Stadtmitte von Grenå fanden wir eher langweilig. Das einzige, was hier einen Besuch wert ist, sind die hübsche Sankt Gertruds Kirche und das kleine Østjylland-Museum. Wir bummelten durch die kleinen Einkaufsstraßen und kauften ein Buch (Thue) und eine Bluse (ratet mal ;-)). Nachdem wir uns die Kirche angesehen und in einem Café eine kleine Frokostpause mit Sandwich und Cappuccino eingelegt hatten, ging es zu Fuß bei trockenem Wetter auf einem netten Natur-Spazierweg entlang des kleinen Flüsschens Grenå Å wieder zurück Richtung Hafen.

Schon morgens hatten wir mitbekommen (die Wände von Cockpit-Zelten sind schließlich dünn), dass unser Stegnachbar an diesem Tag Geburtstag hatte, denn es trudelten diverse telefonische Glückwünsche bei ihm ein. Und weil wir ja wissen, was sich gehört, gratulierten wir natürlich auch, als wir von unserem Ausflug zurück an Bord kamen. Und schon wurden wir zu einem Geburtstagsdrink an Bord der „Meteor“, einer Bavaria 37 aus Travemünde, eingeladen. Nur kurze Zeit später stießen wir mit Geburtstagskind Dieter und seiner Lebensgefährtin Ilka mit Wodka-Lemon und Bier an. Die beiden waren unterwegs nach Norwegen und wollten wie wir am nächsten Tag weiter. Es wurde nett geklönt, gelacht und sogar ein dänisches Geburtstagslied zum Besten gegeben. Zwei Stunden vergingen wie im Flug und am Ende wurde es Zeit, dass wir zurück auf unser Schiff kamen, um erst mal feste Nahrung zu uns zu nehmen…


Beim Abendessen gab es wieder einmal nur ein Gesprächsthema für uns: das schlechte Wetter. In den fast 6 Wochen haben wir nicht eine einzige Nacht an Bord verbracht, ohne dass die Heizung lief. 😦 Laut Langzeitprognose von DMI, der dänischen Wetterseite, wird sich die Großwetterlage leider auch in den kommenden 2-4 Wochen nicht ändern. Muss man sich das eigentlich antun? Julia feiert am 3.7. ihren 30sten Geburtstag, und liebe Freunde, die wir aus Shanghai kennen, kommen am Wochenende darauf zu Besuch nach Hamburg. Schnell waren wir uns einig: wir segeln langsam zurück nach Dyvig und machen mal ein bisschen „Urlaub zuhause“, bis sich die Großwetterlage ändert. Wer sagt denn, dass nicht demnächst mal ein Azorenhoch über Skandinavien hängen bleibt? Wir geben die Hoffnung nicht auf. Irgendwann muss der Sommer doch endlich mal kommen!